Tibor Navracsics wird Superminister

Der bisherige Vorsitzende der Fidesz-Fraktion im ungarischen Parlament, Tibor Navracsics, wird als „Verwaltungs-Superminister“ in die neue Regierung einziehen. Das neue Ministerium vereint das bisherige Justizressort mit Teilen des Amtes des Ministerpräsidenten, ferner soll Navracsics die Arbeit der Ministerien und den Bereich Öffentliche Verwaltung koordinieren. Der 43-jährige Jurist und Politologe wird zudem stellvertretender Ministerpräsident, um – so Orbán – die für die Koordinierungsarbeit erforderliche „hervorgehobene Position“ zu erhalten.

Der zunächst als Stellvertreter von Viktor Orbán gehandelte Ex-Finanzminister Mihály Varga wird Staatssekretär und leitet zukünftig das Ministerpräsidialamt. Das bisherige Amt des Ministerpräsidenten wird in der bestehenden Form abgeschafft.

Werbung

Update: Wer wird Regierungsmitglied?

Ministerpräsident: Viktor Orbán

Stellvertreter für wirtschafliche Angelegenheiten: Mihály Varga
Stellvertreter für Humanpolitik: Zsolt Semjén

Außenminister: János Martonyi

Wirtschaft und Finanzen: György Matolcsy

Innenminister (ggf. mit Teilen der Geheimdienste): Sándor Pintér

Verwaltungs- und Justizminister (ggf. mit Teilen des Kanzleramtes): Tibor Navracsics

Verteidigungsminister: Csaba Hende

Landwirtschaft: Sándor Fazekas

Humanministerium (Bildung, Gesundheit, Kultur): Miklós Réthelyi

Infrastrukturminister: Tamás Fellegi

Regierungssprecher: Péter Szíjjártó

Wahlergebnis: Fidesz-KDNP holt 2/3-Mehrheit

Die Parlamentswahl in Ungarn endet mit einem historischen Sieg für das Bündnis zwischen Jungdemokraten (Fidesz) und Christdemokraten (KDNP). Das konservative Bündnis holte 263 Parlamentssitze, 5 mehr als für die verfassungsändernde 2/3-Mehrheit erforderlich gewesen wäre. Erstmals seit der Wende 1989/90 ist eine demokratisch gewählte Partei in der Lage, ohne Koalitionspartner die ungarische Regierung zu bilden. Das Ergebnis öffnet nun die Möglichkeit für grundlegende Reformen im ungarischen Staatswesen (z.B. kommunale Selbstverwaltung und Staatsangehörigkeitsrecht), die – auch außerhalb der Verfassung – nur mit 2/3-Mehrheit durchgeführt werden können. Ministerpräsident wird Viktor Orbán.

Von den 176 Direktmandaten holte Fidesz-KDNP 173, die MSZP 1, ein weiterer Stimmkreis ist derzeit noch offen (MSZP führt). Ein weiteres Direktmandat gewann der Ex-Fidesz-Abgeordnete Oszkár Molnár, der von den Jungdemokraten vor der Wahl wegen antisemitischer und romafeindlicher Aussagen ausgeschlossen im 2. Wahlgang von Jobbik unterstützt wurde.

Die Sozialisten erlangten nach derzeitigem Stand 59 Parlamentssitze, Jobbik 47 und die LMP 16. Die Parteivorsitzende der Sozialisten, Ildikó Lendvai, trat unmittelbar nach Bekanntgabe des vorläufigen Ergebnisses von Ihrem Amt zurück.

Die Wahlbeteiligung im zweiten Wahlgang war mit 47 % auffallend gering (1. Wahlgang: 64 %).

2. Wahlgang in Ungarn: Bis 15 Uhr sehr geringe Wahlbeteiligung

Der heutige 2. Wahlgang der Parlamentswahl in Ungarn hat deutlich weniger Wahlberechtigte als vor vier Jahren an die Wahlurne gelockt. In den 57 offenen Wahlkreisen (davon 21 in Budapest), deren Direktkandidat nicht bereits vor zwei Wochen gewählt werden konnte, nahmen bislang rund 33,5 % der Wahlberechtigten am zweiten Wahlgang teil. Die Beteiligung im Jahr 2006 (15 Uhr) lag bei über 46,8 %.

In den 57 offenen Wahlkreisen lagen die Fidesz-Abgeordneten – bis auf eine Ausnahme – vorne.

Magdalena Marsovzsky in der Jungle World: „Über den Osten nichts Neues“?

In der aktuellen Ausgabe der linken Wochenzeitung Jungle World berichtet Magdalena Marsovszky in einem längeren Beitrag (HIER) über „Ungarns völkische Wende„.  Wer die Autorin kennt, weiß, dass sie sich bereits in der ersten Regierungszeit Viktor Orbáns (1998-2002) als eine der schärfsten KritikerInnen des Fidesz profiliert und Orbán mit völkischen, nationalistischen und teilweise sogar antisemitischen Gedanken in Verbindung gebracht hat. Wie der neuerliche Artikel zeigt, bleibt Marsovszky ihrem Ungarnbild treu und verbreitet dieses in der deutschsprachigen Presse.

Hier einige Auszüge:

Die völkische Partei Fidesz-MPSZ, die bis jetzt in der Opposition war, wird voraussichtlich mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit als stärkste Kraft daraus hervorgehen.“

Der Vorwurf des „Völkischen“ ist aus der Jungle World bekannt. Keiner der Autoren definiert jedoch genauer, was er unter diesem Begriff des „Völkischen“ genau versteht. Da das Wort vorwurfsvoll verwendet wird, kann kaum von der eher harmlosen Bedeutung „auf das Volk bezogen“ die Rede sein. Wahrscheinlicher ist – insbesondere im Hinblick auf die weiteren Ausführungen – ein Verständnis im Sinne von „national, nationalistisch, rassistsch“, eventuell soll der Bezug zu den rassistisch-antisemitischen  Bewegungen des 19. und 20. Jahrhunderts hergestellt werden. Ohne dies allerdings klar auszusprechen, geschweige denn zu erläutern.

Die Gesamtpartei Fidesz als nationalistisch-rassistisch zu bezeichnen, entbehrt jedoch einer sachlichen Grundlage – auch wenn es Bemerkungen von Parteimitgliedern gab, die durchaus verurteilenswürdig waren. Ebenso wie es solche Äußerungen u.a. bei der deutschen CDU gab, deren Ministerpräsidenten Koch und Rüttgers einst mit Unterschriftenkampagnen gegen die doppelte Staatsangehörigkeit („Wo kann man hier gegen Ausländer unterschreiben?“) und unsäglichen Slogans wie „Kinder statt Inder“ Wahlkampf betrieben; niemand wäre auf die Idee gekommen, die CDU geschlossen als rassistische Partei zu diffamieren. Auch Fidesz wird mehrheitlich als konservative oder rechtskonservative Partei angesehen und ist Mitglied der EVP.

Im Jahr 2002, als die Fidesz-MPSZ die Parlamentswahlen gegen die sozialliberale Koalition verlor, begann sich der völkisch-nationalistische »Widerstand« vorwiegend in sogenannten Bürgerkreisen zu organisieren, zu deren Gründung der Oppositionsführer Viktor Orbán aufgerufen hatte. Zu dem von Orbán selbst angeführten Bürgerkreis wurde auch der spätere Parteichef von Jobbik, Gábor Vona, eingeladen.“

Die Bürgerkreise wurden nach dem Wahlerfolg von MSZP und SZDSZ im Jahre 2002 gegründet, um das konservative Lager zusammen zu halten. Der Vorwurf von links, es handle sich um eine „scheindemokratische“ Veranstaltung, kam prompt und ist bis heute – insbesondere aus Wien – hörbar. Tatsächlich genießt die Koalitionsfreiheit Verfassungsrang, weshalb es keinem Politiker zum Vorwurf gemacht werden kann, Gleichgesinnte in „Bürgerkreisen“ zu organisieren und zu treffen. Offenbar sind basisdemokratische Bestrebungen für manch einen Autor jedoch nur glaubhaft, wenn sie von links kommen. Gábor Vona, Vorsitzender der rechtsextremen Jobbik, war tatsächlich (vor der Gründung der Partei  Jobbik) eines der Mitglieder in Orbáns Bürgerkreis, jedoch hat er vor seinem Austritt keinerlei Handlungen vorgenommen, die auf eine antidemokratische oder gar antisemitisch-rassistische Sichtweise hätten schließen lassen.

Übrigens hat die MSZP bereits angekündigt, in der Opposition das „zivile Netzwerk“ – nichts anderes als ein „linker Bürgerkreis“ – wieder zu aktivieren. Mal sehen, ob der Aufschrei aus Wien hier ebenso groß sein wird.

„Wir bräuchten eine Partei rechts von uns“, soll István Stumpf, Orbáns vormaliger Kanzleramtsminister, Ende 2002 gesagt haben, »die sich Meinungen erlaubt, die einer seriösen Partei nicht gestattet sind, die jedoch gleichzeitig der Mutterpartei nicht schaden.« Jobbik sollte also als Sprachrohr für alles fungieren, was offiziell tabuisiert ist, was aber viele denken.“

Mit Verlaub, ist das seriöser Journalismus? Man nehme ein Gerücht, setze es als wahr voraus und verwende es sodann als Vorwurf gegen eine Volkspartei. „Soll gesagt haben“…

Die Fidesz, die ethnisch-biologistisch denkt, versteht unter »Nation« eine blutmäßige Abstammungsgemeinschaft. Nach ihrer revanchistischen Meinung umfasst das »Magyarentum« nicht nur die innerhalb der Landesgrenzen lebende Bevölkerung, sondern auch die »Auslandsungarn« in dern Nachbarländern.

Denkt Fidesz wirklich ethnisch-biologisch? Zweifel sind angebracht. Historisch gesehen hat sich die „Ungarische Nation“ mehrheitlich weniger als ethnisch-biologistische, d.h. rassische Einheit definiert, sondern vielmehr kulturell. Für die Diktatur der Pfeilkreuzler und die Horty-Ära galt freilich etwas anderes. Im größten Teil der ungarischen Historie galt derjenige, der sich zum Magyarentum bekannt hat, als Ungar. Hierzu gehören bedeutende „Magyaren“ wie etwa der Dichter Sándor Petöfi, der als Alexander Petrovics geboren wurde. Verbindungsglied der Nation war vor allem die Sprache und die Kultur, aus diesem Grund gehören die bekennenden Auslandsungarn, die ihre Staatsangehörigkeit ohne ihr Zutun durch den Frieden von Trianon im Jahre 1920 verloren haben, mit guten Argumenten noch heute zur Nation. Dass sie Staatsbürger eines anderen Landes sind, ist hingegen eine staatsrechtliche Frage: Das Nation und Staatsvolk keine zwingende Einheit sind, dürfte bekannt sein. Die Auslandsungarn als zur Nation gehörig anzusehen, ist folglich nicht zwingend Nationalismus, sondern der Versuch, sich um Minderheiten in den Nachbarländern zu kümmern, die dort allzu oft als unerwünschte Störenfriede angesehen werden; hier tut sich die Slowakei durch anachronistische Versuche der sprachlichen Assimilation (Sprachengesetz 2009) derzeit besonders negativ hervor.

„Die Partei bedient seit etwa Mitte der neunziger Jahre, als sie den national turn vollzog, permanent die antisemitischen Streotype des »jüdischen Bolschewismus« und des »jüdischen Kommunismus«. Die heutigen »Fremden« bzw. »Landesverräter« – im Klartext: »die Juden« – seien in Ungarn die Sozialisten, die »Nachfolger der Kommunisten«, wie Orbán und die Mitglieder der Fidesz immer wieder betonen.“

Dieser Vorwurf taucht bei Marsovszky immer wieder auf. Konkrete Beispiele für Aussagen Orbáns, die antisemitische Züge haben, fehlen. Zwar ist der sog. „kodierte Antisemitismus“ in Ungarn (und anderen Ländern) durchaus real, allerdings hat Orbán nie gegen „jüdische Bolschewisten“ gehetzt. Ungarn als ganz normale „junge Demokratie“ und einem aktuell großen Protestwählerpotenzial anzusehen, fällt Frau Marsovszky sichtlich schwer.

„Ungarn ist mittlerweile zu einem gefährlichen rassistischen Land geworden. Allein im Jahr 2009 sind im Land neun Roma ermordet worden, in Budapest werden Juden immer wieder auf offener Straße angegriffen. Vor einigen Wochen, als eine jüdische Gemeinschaft den Seder feierte, wurden die Fenster des Rabbiners mit Steinen eingeworfen. Ein Polizist meinte dazu, es sei in Budapest nicht ratsam, mit Kippa unterwegs zu sein.“

In Anbetracht derartiger Aussagen verwundert es kaum, dass man in Ungarn mitunter von einer Schmähkampagne gegen das Land berichtet und sich herabgesetzt fühlt. Ungarn ist – was rassistische Gewalt angeht – nicht weniger gefährlich oder ungefährlich als andere EU-Länder. Und (nochmals) mit Verlaub: Was ein Polizist gesagt haben soll, ist für eine objektive Situationsbeschreibung völlig irrelevant – Budapest hat eine wachsende und sehr aktive jüdische Gemeinde, die sich nicht verstecken muss. Und das auch keineswegs sollte.

Zwar existiert in Ungarn rechtsextreme Gewalt. Das Land als „gefährlich rassistisch“ zu bezeichnen, geht jedoch deutlich zu weit.

Es überrascht nicht, dass Frau Marsovszky kein einziges Wort zu den möglichen Ursachen des Rechtsrucks verliert: Offenbar fällt es der Autorin schwer, ihre Seelenverwandten von MSZP und SZDSZ für ihren Entwicklungsbeitrag in den letzten 8 Jahren zu kritisieren. Übrigens gab es in der Zeit der ersten Orbán-Regierung nur eine rechtsextreme Partei (MIÉP), die sich bei EU-durchschnittlichen maximal 5% aufhielt.

Spätes Geständnis des SZDSZ: „Die Polizei hätte im Herbst 2006 keine Rache üben dürfen“

Lange wurde es von Politikern der MSZP-SZDSZ-Regierungskoalition und den ungarischen Behörden bestritten. Lange wurden viele Menschen, die das brutale Auftreten der ungarischen Polizei im Zuge der gewaltsamen Unruhen in Budapest im Herbst 2006 kritisierten, als Sympathisanten der rechtsradikalen Randalierer verunglimpft. Gerade SZDSZ-Politiker gehörten – trotz des stets betonten Anliegens der Menschenrechte in der Theorie – zu denen, die jegliche Kritik am Polizeieinsatz vom Tisch wischten wollten. Der Budapester OB Gábor Demszky (SZDSZ) zeichnete den Polizeipräfekten Gergényi sogar mit einem Preis aus, bevor die Untersuchungen abgeschlossen werden konnten. Ein klares Zeichen in die falsche Richtung.

Ein spätes, wenn auch im Hinblick auf das Auseinanderbrechen der einstigen liberalen Wendepartei SZDSZ verspätetes Eingeständnis gravierender Fehler war nun am 19.04.2010 im liberalen Fersehsender ATV zu sehen (HIER). Gábor Horn, Schwergewicht der Partei, räumte ein, die SZDSZ habe sich während der Regierungszeit „in den Elfenbeinturm eingeschlossen und den Bezug zu den liberalen Wählern völlig verloren„.

Horn zum Polizeieinsatz im Herbst 2006:

Die Wähler konnten uns nicht verzeihen, dass wir sie allein gelassen haben. Ganz wesentlich dazu beigetragen haben zum Beispiel die höchst verfehlten Reaktionen der SZDSZ nach den Unruhen des Jahres 2006. Es war verfehlt, nicht klar zu äußern, dass zwar derjenige, der – buchstäblich – das ungarische Fernsehen kaputtschlägt, das denkbar Schlechteste verdient, aber dass es eben keine Lösung sein kann, dass die Polizei am 23.10.2006 auf Racheeldzug geht. (Olga Kálmán: „Hat die Polizei denn Rache geübt?“). Nun, ich glaube schon, dass zu dieser Zeit die Emotionen einen Großteil der Polizeikräfte bewegt haben, als sie die Gedenkveranstaltung des FIDESZ (Anm.: 50 Jahre Ungarnaufstand) auseinandergeprügelt haben. Eine anständige liberale Partei hätte es fertig bringen müssen, sich nicht nur von ihren Ängsten, was aus diesem Land werden soll, leiten zu lassen.“

Olga Kálmán verteidigt die Polizei mit dem Hinweis, es sei nicht erwiesen, dass die Polizei falsch gehandelt habe.

Darauf Horn weiter:

Nun, ich weiß, dass die Polizei ohne Grund wehrlose Personen getreten und sogar einen Parlamentsabgeordneten blutig geschlagen hat, sodass dieser im Krankenhaus behandelt werden musste. Dabei ist auch nicht von Interesse, dass der Betroffene Parlamentsabgeordneter ist, und ich kann über ihn, Máriusz Révész, auch denken was ich will, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er den Konflikt mit der Polizei gesucht hat. Also: Das ist meine Bewertung. Ich habe es nicht früher gesagt, weil für mich damals die Regierungsverantwortung wichtiger war. (…)

Besser spät als nie. Allerdings hat das Verhalten des SZDSZ nach den Unruhen 2006 jede Illusion, es handele sich um eine Partei, die sich um echte liberale Werte wie Menschenrechte schert, schwer erschüttert. Der Vorwurf war und ist, dass die SZDSZ alles dem Wunsch nach Regierungsbeteiligung untergeordnet und sogar grundlegendste liberale Werte verraten hat. Dies ist Grund für ihre jetzige Situation, die Ursache für ihr Verschwinden in der Bedeutungslosigkeit.

Die SZDSZ hat sich auf ihre Rolle als marktliberale Partei reduziert und ist deswegen zu Recht abgewählt worden.

MSZP-Abfindungswettlauf: „Taschen voll vor Ultimo“

Die bereits jetzt als abgewählt anzusehende „Expertenregierung“ unter Ministerpräsident Gordon Bajnai hat eine Fach-Staatssekretärin aus dem Sozialministerium, Judit Székely, kurz vor dem bevorstehenden Regierungswechsel mit einer Abfindung in Höhe von EUR 30 Mio. Forint bedacht.

Wie ungarische Medien berichteten (HIER), wurde Frau Székely zum 31.05.2010 von ihren Pflichten entbunden.

Nach ungarischem Recht endet das Dienstverhältnis von Staatssekrateären automatisch, sobald sich eine neue Regierung konstituiert. Da die Regierungsbildung für die nächsten 2 Monate bevorsteht, wäre es möglich gewesen,  das Dienstverhältnis von Frau Székely regulär auslaufen zu lassen. In diesem – naheliegenden – Fall wäre nur ein Bruchteil der jetzt entrichteten Abfindung fällig geworden.

Es ist schwer, in der Vorgehensweise von Ministerpräsident Bajnai etwas anderes zusehen als den Versuch, Frau Székely einen möglichst hohen Geldbetrag zukommen zu lassen. Es geht immerhin um eine Summe von ca.  EUR 115.000. Der Steuerzahler bedankt sich.

Fusion von Finanz- und Wirtschaftsressort?

Die Zusammensetzung der Regierung nach dem 25.04.2010 nimmt weitere Gestalt an. Nach aktuellen Medienberichten plant Fidesz im Zuge der Verringerung der Zahl der Ministerien auch die Zusammenlegung der Ressorts „Finanzen“ und „Wirtschaft“.

Aussichtsreichster Anwärter für die Leitung des neuen Superministeriums ist György Matolcsy, der bereits relativ sicher für das Amt des Wirtschaftsministers im Gespräch war. László Varga, der als Finanzminister gehandelt wurde, sollte zuletzt einer der stellvertretenden Ministerpräsidenten werden. Zsigmond Járai, ebenfalls Anwärter auf das Finanzressort, dürfte in Anbetracht der Übernahme eines Führungspostens beim staatlichen MOL-Konzern (Öl-und Gas) aus dem Spiel sein.

Sozialistische Scham: Wahlplakate ohne „MSZP“-Bezug

Man kann den Angstschweiß riechen! Nach dem für die Sozialisten katastrophalen Wahlausgang am 11.4. werben mehrere Kandidaten der Ungarischen Sozialistischen Partei derzeit mit Flyern, auf denen jeder Hinweis auf ihre Partei fehlt (HIER). Einer der Wahlkämpfer ist Gyula Molnár. Offenbar ist die Scham einzelner Abgeordneter zu groß, um mit der MSZP in Verbindung gebracht zu werden, die Konsequenzen hieraus sind aber dürftig: Warum tritt man nicht aus der Partei aus und als Unabhängiger an? Etwa weil man um seine Diäten fürchtet?

Besonders bedenklich ist, dass Gyula Molnár am Ende seines Flyers damit wirbt, er werde dafür sorgen, dass „sich die Politik wirklich ändert“ („hogy tényleg lehet más a politika„). Ein billiger Versuch, die Wähler zu täuschen: „Lehet más a politika“ (LMP), die Grünen Ungarns, sind Konkurrenten der MSZP. Molnár muss seine Wähler für wirklich dumm halten, wenn er meint, mit der Verschleierung der eigenen Parteizugehörigkeit punkten zu können. Man kann nur hoffen, dass der Landeswahlausschuss hier ein deutliches Wort spricht.

Eine vergleichbare Taktik fährt der MSZP-Abgeordnete Sándor Magda (Komitat Heves).

Man stelle sch vor, Kandidaten der deutschen SPD oder aber der österreichischen SPÖ würden ihre Parteizugehörigkeit verleugnen. Ein kaum vorstellbares Manöver.