Die Presse: Ungarn legt sich mit Rumänien an

Die österreichische Tageszeitung Die Presse berichtet über den „Konfrontationskurs“, den Budapest gegenüber den Nachbarn fahre:

http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/672905/Ungarn-legt-sich-mit-Rumaenien-an?_vl_backlink=/home/politik/index.do

Wer über die „Spannungen“ in der Region berichtet, sollte das ohne einseitige Schuldzuweisungen tun. Leider lese ich in dem Beitrag etwas von dem „Budapester Konfrontationskurs“, aber wieder einmal kein Wort zum (immer noch existierenden) slowakischen Sprachengesetz und auch nichts zu den Hintergründen der geplanten Verwaltungsreform in Rumänien (offenbar mit dem Ziel, diejenigen Bezirke, die über eine große ungarische Minderheit verfügen, „ethnisch glatt zu bügeln“). Die Presse weiß – natürlich – trotzdem, wer schuld ist: Ungarn. Wer sonst.

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Politanalyst Gábor Török: „Der Kredit“

Der ungarische Politanalyst Gábor Török hat auf seinem Blog den Besuch des chinesischen Regierungschefs Weg Jiabao und die von Ministerpräsident Orbán gesprochenen Worte zum Thema chinesisch-ungarische Wirtschaftskooperation kritisch kommentiert:

Der Kredit:

Der Kommunismus war das größte Unheil in der Geschichte der Menschheit, und wir können gar nicht genug feiern, das er zu Ende ist“– sagte Viktor Orbán erst Ende April. „Wir kennen kein Beispiel in der Geschichte, wo es gelungen wäre, innerhalb so kurzer Zeit so viele Menschen von der Armut auf einen würdevollen Lebensstandard zu heben” – das sagte Viktor Orbán gestern, in Anerkennung der Verdienste des kommunistischen China. Es ist klar: Beide Sätze können nicht gleichzeitig richtig sein.

Es handelt sich nicht um mühsam ausgegrabene Zitate: Man könnte derer viele Beispiele nennen. Sie erinnern sich bestimmt an einen die tibetische Fahne schwenkenden Zoltán Balog, oder an die leidenschaftlichen und bestimmten Worte, die in den vergangenen Jahren im Zusammenhang mit China gesprochen worden. Der Antikommunismus war eines der wichtigsten Fundamente der Fidesz-Politik – und bislang schien es so, als beschränke sich diese Ablehnung nicht auf die Kommunisten im Inland.

Ich maße mir nicht an, über die wirtschaftlichen Folgen der Kooperation mit China zu sprechen. Es kann sein, dass das Geschäft Ungarn nützt, und wenn dem wirklich so wäre, hätte die Orbán-Regierung richtig entschieden, als sie sich zu Verhandlungen entschloss. Die Mehrheit der ungarischen Wähler ist sicher in der Lage, die Realpolitik zu verstehen und die Argumente zu akzeptieren, welche in solchen Fällen die ideologischen Unterschiede in den Hintergrund treten lassen.

Dennoch: Meine Gefühle diesbezüglich sind genauso wie bei vielen anderen Themen in der Fidesz-Politik. Es fehlt etwas, und dieses etwas ist am ehesten ein ehrliches und selbstkritisches Wort. Darüber, dass aus diesen und jenen Gründen der frühere Standpunkt nicht aufrechterhalten werden konnte, dass man bei Gegenüberstellung zweier Ziele das eine für wichtiger hielt. Das kann man natürlich nicht inmitten eines Staatsbesuches tun, aber geschickte Politiker finden einen Weg, ihre Motive, warum sie – im Vergleich zu den normalen diplomatischen Übertreibungen – ihren Partner wahrlich in den Himmel loben, der inländischen öffentlichen Meinung zu erläutern.

Ich höre schon, wie mich diejenigen der Naivität beschuldigen, deren Auffassung nach „die Politik eben so ist“, sich die Standpunkte eben ändern, und wenn es dienlich sei, dann müsse man eben auch die Sterne vom Himmel lügen. Irrtum. Ein ehrlicher Satz muss nicht nur sein, um die Gemüter zu beruhigen: In Wahrheit braucht ihn Fidesz selbst. Ein Kredit ist nämlich eine gute Sache, die letzten Jahre haben uns jedoch gezeigt, wie viel wichtiger Glaubwürdigkeit ist.

Quelle:

http://torokgaborelemez.blog.hu/2011/06/26/377_a_hitel