Nach der Agentur Moody´s hat auch die US-amerikanische Ratingagentur Standard & Poor´s das EU-Mitgliedsland Ungarn auf Ramschniveau herabgestuft. Das Rating des Landes verschlechterte sich von BBB auf die Note BB+ (mit negativem Ausblick).
http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,805269,00.html
Die Ratingagentur ging bei ihrer Begründung zum einen auf den Abbruch der Gespräche zwischen Ungarn einerseits und IWF/EU anderseits ein. Zum anderen wies sie auf ihre Besorgnis im Hinblick auf die Unabhängigkeit der ungarischen Notenbank hin. Auch die politischen Entwicklungen wurden als negativer Faktor betont:
„The downgrade reflects our opinion that the predictability and credibility of Hungary’s policy framework continues to weaken. We believe this weakening is due, in part, to official actions that, in our opinion, raise questions about the independence of oversight institutions and complicate the operating environment for investors. In our view, this is likely to have a negative impact on investment and fiscal planning, which we believe will continue to weigh on Hungary’s medium-term growth prospects. Moreover, in our opinion, the downside risks to Hungary’s creditworthiness have also increased as the global and domestic economic environments have weakened.“
Die Meldung ist hier einsehbar.
Das Wirtschaftsministerium hat umgehend – wie schon bei der Abstufung durch Moody´s – eine eigene Mitteilung herausgegeben. Die Herabstufung habe „mit der Eurokrise, nicht mit Ungarn“ zu tun.
Im Hinblick auf die klaren Worte von S&P, wo man expressis verbis auch auf die politische Lage in Ungarn abstellt (von Unberechenbarkeit der Wirtschaftspolitik ist die Rede), ist die Stellungnahme des Ministeriums weiteres Wasser auf die Mühlen derjenigen, die der Regierung einen schwindenden Realitätssinn nachsagen. Man kann über die Macht von Rating-Agenturen, über die Berechtigung bzw. die Hintergründe oder Motive eines Ratings trefflich streiten. Allerdings wäre es hilfreich, zuerst einmal die Worte des „Gegenüber“ zur Kenntnis zu nehmen und nicht postwendend zu verdrehen, sondern sich vielmehr inhaltlich mit ihm auseinander zu setzen. Diese Chance hat das Ministerium – leider nicht zum ersten Mal – versäumt.
http://www.kormany.hu/hu/nemzetgazdasagi-miniszterium/hirek/ertekeles-a-standard-poor-s-lepeserol
Grundsätzlich stimme ich Ihnen zu, aber so ganz Unrecht hat das Ministerium auch nicht.
Nichtsdestotrotz sieht man mal wieder, dass wir mit dem Fidesz wieder gleich inkompetente Leute als wie zuvor haben, Parteisoldaten und megélhetési politikusok, die mit paarundzwanzig Jahren Pressesprecher von Staatsunternehmen werden, Posten in Ministerien bekommen, etc. Zsarátnok városa fällt mir immer ein. Typisch nämlich, dass auf der englischsprachigen Seite des Wirtschaftsministeriums keine Meldung zu finden ist. Ungarisch sprechen ja alle internationale Anleger, wozu auch etwas in unserer langsamen, überhaupt nicht globalisierten Welt auf Englisch veröffentlichen… Aber wer weiss, vielleicht kommt noch was. Heute aber bestimmt nichts mehr, es ist nach 16 Uhr, im Ministerium ist schon Feierabend…
Auf der Hauptseite hat man wenigstens folgende Zeilen auf Englisch: http://www.kormany.hu/en/news/s-p-downgrade-not-justified-by-hungary-economy-performance
Wahrscheinlich lag die MTI-Meldung schon auf Englisch vor.
Haha, ich habe glatt den Titel überlesen:
„Die Entscheidung von Standard & Poor’s handelt nicht von der realen ungarischen Wirtschaftsleistung“
Lektoriert diese Sachen eigentlich jemand?
Zum Mitschreiben:
Ja, die Entscheidung von Standard & Poor’s handelt tatsächlich nicht von der realen ungarischen Wirtschaftsleistung, sondern von eurer Wirtschaftspolitik. Nur habt ihr vergessen, das zu erwähnen.
In der Tat, noch dazu in bestem Englisch:
„S&P downgrade not justified by Hungary economy performance“
Wie bitte?????
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