Reinhard Olt kommentiert in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung den Rücktritt des ungarischen Staatspräsidenten:
http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/ungarn-pal-schmitts-letztes-gefecht-11705816.html
Olt bezeichnet in seinem lesenswerten Beitrag den Rücktritt Schmitts als „unausweichlich“, worin ihm uneingeschränkt zuzustimmen ist.
Meine eigene Auffassung hierzu ist:
Bedauerlich an Schmitts Abgang ist, dass er den Eindruck erweckt, den Grund für die Kritik an seinem früheren Verhalten nicht verstanden zu haben. Selbst in seinem Redebeitrag vor dem ungarischen Parlament griff er seine Kritiker an, unterstellte ihnen grundlos eine „Herabwürdigung der Nation“ – und verschloss sich dabei der Erkenntnis, dass er selbst es war, der dem Amt erheblichen Schaden zugefügt hat. Die heute noch ein letztes Mal zu Tage getretene völlige Uneinsichtigkeit und das Gehabe eines in seinem Stolz verletzten Mannes („ich werde beweisen, dass ich auch heute noch den Anforderungen gerecht werde“; „die Arbeit wurde mit der Bestnote ausgezeichnet“) zeigen mehr als deutlich, dass Schmitt in diesem Amt untragbar geworden ist. Ein Präsident, der – in Anbetracht seiner sehr begrenzten Macht – letztlich nur eine moralische Instanz ist, sollte nicht die Behauptung aufstellen, eine vor 20 Jahren abgefasste Dissertation habe mit seinem heutigen Amt nichts zu tun. Ein Mann, der sich so oft auf das Christentum berief, sollte verstehen, dass dort gerade Ehrlichkeit eine Tugend ist.
Und trotzdem muss Schmitt zu Gute gehalten werden, dass er – wenn auch nach viel zu langem Zögern und einem unwürdigen Abgang – die richtige Konsequenz gezogen hat. Ferenc Gyurcsány hatte dies im Jahr 2006 nicht geschafft – und genießt bis heute eine völlig unverständliche Milde derer, die sich jetzt mit so großer Genugtuug auf Schmitt gestürzt haben. Die Debatte um Schmitt war – in diesem Punkt jedenfalls – somit nicht ganz frei von Heuchelei.