Durchgesickert: Das (noch) geheime Wahlkampfstrategiepapier der MSZP

Der Blog „fent és lent“ (oben und unten) hat in der vergangenen Woche das Wahlkampfstrategiepapier der Ungarischen Sozialistischen Partei (MSZP) veröffentlicht. Ein bemerkenswertes Dokument mit dem Namen Linksorientiertheit. Hoffnung. Kraft (baloldaliság. remény. erö).

http://fenteslent.blog.hu/2012/09/17/az_mszp_titkos_strategiaja_letoltheto#more4780845

Die MSZP wünscht sich ausweislich des Papiers einen zweipoligen Wahlkampf, die Gegner sollen MSZP auf der einen und Fidesz auf der anderen Seite sein.

Die aus meiner Sicht wichtigste Passage betrifft den Umgang mit Jobbik. Dort heißt es:

die Erwähnung von Jobbik ist nicht aus normativen Gründen kontraproduktiv, sondern auch deshalb, weil diese Partei das den Wählern zur Verfügung stehende politische Feld umgestaltet.“ (Seite 4)

Das bedeutet, dass die Erwähnung von Jobbik als „ernsthafter Gefahr“ für die Sozialisten nicht günstig ist, da sie den EIndruck von einem nicht zweipoligen (Anm. HV: zwischen MSZP und Fidesz geführten) Wahlkampf verstärken – dies liegt vorrangig im Interesse des Wettbewerbers (Anm. HV: Fidesz).“ (Seite 4)

Es lohnt sich für die MSZP nicht, fortwährend auf Konfrontation zu Jobbik zu gehen – der Gegner der MSZP ist Fidesz, und Jobik zählt vor diesem Hintergrund nicht. Das bedeutet natürlich keine (auch nur versteckte) Anerkennung.“ (Seite 25)“

Fazit: Die MSZP strebt zurück an die Macht und befasst sich zu diesem Zweck nicht mit Jobbik, sondern allein mit Fidesz. Jobbik ist (Zitat) eigentlich „bedeutungslos“. Ein MSZP-Ansatz, der jedem Ungarnkenner – auch und gerade aus Zeiten sozialliberaler Regierung – bekannt sein müsste und insoweit kaum überraschend ist. Schön ist lediglich, dass diese Strategie nun erstmals eindeutig ausgesprochen wird.

Der wichtigste Aspekt dieser Kampagnenstrategie ist die fortwährende Gleichsetzung von Fidesz mit Jobbik. Nicht Jobbik ist als Gefahr herauszustellen und zu bekämpfen, sondern Fidesz mit der Ideologie von Jobbik um jeden Preis in Verbindung zu bringen. Letztlich könnte man sagen: Die MSZP braucht, um diese Gleichsetzung vorantreiben zu können, eine präsente Jobbik. Das Ziel ist bekannter Maßen, Fidesz in die Nähe des Rechtsradikalismus zu schieben. Inhaltliche Kompromisse mit Fidesz dürften zudem kaum eingegangen werden (Seite 25); die „Fidesz-Gegnerschaft“ wird dort ausdrücklich als „heilige Kuh“ und somit als Zeichen der Selbstdefinition der MSZP bezeichnet.

Ebenfalls bemerkenswert: Die MSZP wünscht, die linken Werte wieder zu beleben. Aus diesem Grund zählen Reiche zu den Gegnern. Die Jahre des Neoliberalismus scheinen vergessen.

Es scheint keinesfalls zufällig, dass die MSZP-nahen Printmedien und diejenigen, die deren Aussagen und Bewertungen jedenfalls unkritisch übernehmen, den Ansatz Fidesz = Jobbik seit Jahren mit großem Druck vorantreiben.

Es dürfte sich lohnen, den für kommenden Mittwoch (ab 22:30 Uhr) angesetzten Themenabend auf ORF 2 auch vor dem Hintergrund dieser MSZP-Strategie zu betrachten.

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