Wir erinnern uns: Vor wenigen Tagen hatte der von den öffentlich-rechtlichen Sendern ARD und ZDF gemeinsam betriebene Kinderkanal (KiKa) in der Sendung „Logo!“ das Bild Ungarns in der deutschen Presse „kindgerecht“ zusammengefasst und die rote Karte an Ungarn verteilt.
https://hungarianvoice.wordpress.com/2013/03/19/bruller-des-tages-kindernachrichtensendung-logo-gibt-ungarn-die-rote-karte/
Es folgte die obligatorische Empörung in höchsten Kreisen der ungarischen Politik. Der KiKa bekam scharfe Worte, man drohte gar mit – vollkommen aussichtslosen – „rechtlichen Schritten„, was natürlich in erster Linie als Zeichen der Stärke in Richtung der eigenen Wähler gemeint war. Sogar Ministerpräsident Viktor Orbán höchstselbst meldete sich – in bestens beraten wie eh und je – zu Wort und raunte, in Ungarn würden die Macher solcher Sendungen sofort gekündigt. Ob richtig oder nicht, eine Steilvorlage für alle Kritiker des umstrittenen Mediengesetzes.
Ebenso obligatorisch empört antworteten deutsche Presseorgane und wiesen jegliche Kritik am wahrlich bemitleidenswerten Inhalt der Sendung zurück. Zugleich bewiesen die Leserkommentare bei Spiegel Online, dass die Kindersendung ihre beabsichtigte Wirkung auch bei Erwachsenen nicht verfehlt hatte: Da, wo Logo! noch die „Meinung Vieler“ im Bezug auf Rechtsverstöße Ungarns gegen EU-Recht in den Raum stellte (d.h. ein für Kinder nicht erkennbares Fragezeichen einbaute), forderten die aufgeklärten SPON-Leser sogleich, Ungarn aus der EU zu werfen. Ein „faschistisch“ regiertes Land habe dort ja mal gar nichts verloren. Dass es in Ungarn, Faschismus hin oder her, eine Opposition gibt, die man gleich mit hinausbefördern würde? Wurde von Logo! offenbar nicht klar genug herausgearbeitet…
http://www.spiegel.de/kultur/tv/ungarische-regierung-empoert-ueber-kika-kindernachrichten-a-890505.html
Und nun schlägt das ZDF zurück. Ziel der Angstmache sind diesmal aber nicht die Kleinen. Diesmal ist es die Online-Community.
http://blog.zdf.de/hyperland/2013/03/ungarn-eine-revolution-geht-offline/
„Hyperland“ berichtet – oder besser: phantasiert – über die Überwachung des Netzes durch die ungarische Regierung. Davon, dass Telefone von Oppositionellen überwacht würden. Und der überraschte Leser des öffentlich-rechtlichen Internetangebotes erfährt sogar, dass sich die Opposition aus dem Web 2.0 zurückziehe, obwohl doch eigentlich „Milla“ und andere genau dort, d.h bei Facebook & Co., ihre größten Erfolge feiern. Laut Hyperland kommt es aber noch schlimmer:
„Schon das Teilen von revolutionär anmutenden Fotos kann dafür sorgen, dass die Regierung auf einzelne Protestler aufmerksam wird. “Subversive Tätigkeiten” nennt die ungarische Polizei Protestaktionen und droht mit Gefängnis- und Geldstrafen.“
Das Weitergeben von Fotos und „Protestaktionen“ als strafbare „subversive“ Tätigkeit? Halte ich für unwahrscheinlich, um nicht zu sagen: für frei erfunden. Aber so geht es, wenn man die Medien kritisiert. Der Überwachungsstaat ersteht auf, die Hüllen fallen, und mit ihnen der gesunde Menschenverstand und das Schamgefühl. Morgen werden womöglich schon Massenerschießungen im Puskás-Stadion durchgeführt.
Der Schwarze Kanal ist zurück. Stay tuned.