Paul Lendvai spricht im Kurier über „Gulasch-Orbánismus mit nationalistischer Sauce“

Ein wahres „kulinarisches Schmankerl“ bringt heute der Kurier.

Nachdem vor wenigen Stunden der SZDSZ- und MSZP-Tross beim NDR exklusiv sein Leid klagen durfte, György Konrád in der RP Ungarn absprach, Rechtsstaat zu sein und zusätzlich die Situation in Ungarn „kindgerecht“ aufs Tablet des KiKa geriet, berichtet nun Paul Lendvai über Ungarn. Es ist – wie man auch an der Jungle World sieht – wieder Ungarn-Woche.

Lendvai zeigt sich „sehr traurig“ ob der „Beleidigungen, Verleumdungen, Attacken“. Das Land sei auf dem Weg in eine „Mischung aus Horthy-Zeit mit Rassismus und Antisemitismus, aus Kádár-Zeit mit der Verschleierung wirklicher Probleme und kleinen Konzessionen hin zu einem System des starken Mannes an der Spitze, zu einem Gulasch-Orbánismus mit nationalistischer Sauce.“ Ein wahres Wortschmankerl. Gerade der Vergleich mit der Kádár-Zeit („Gulasch-Kommunismus“) ist bemerkenswert, wo Lendvai doch seinerzeit Informationen über ein Oppositionellentreffen an die Volksrepublik Ungarn lieferte.

Die Regierung sehe Kritiker als Feinde. Das ist in der Tat für viele „Großen“ bei Fidesz der Fall. Ungarn ist gespalten, alle politischen Akteure haben daran mitgewirkt.

Wie aber steht es um Lendvai, Konrád und jene Herrschaften, die das Bild über Ungarn im Ausland mitprägen? Wie steht es um ihre Dialogfähigkeit, Selbstkritik und ihre Bereitschaft, auch einmal diejenigen zu Wort kommen zu lassen, die die Welt mit anderen Augen betrachten? Konrád behauptete vor wenigen Tagen, die jetzige Regierung habe das Land gespalten. Begann diese Spaltung etwa 2010?

Auch Lendvai spielt im Konzert mit. Sein letzter größerer Film im ORF („Nationale Träume„) war charakterisiert durch offensichtliche Fehlgewichtung der Quellen und vorsätzliche Verzerrungen. Lendvai, der zweifellos ein hervorragender Kenner der ungarischen Politik mit besten Kontakten ist, ist auch ein politischer Mensch. Was keineswegs kritikwürdig ist. Er ist aber, ohne dies einmal selbst offen auszusprechen, in seiner Unversöhnlichkeit gegenüber Fidesz und Orbán ebenso verhaftet wie György Konrád. Lendvai ist somit Teil jener Spaltung, ja: der Hasskultur in Ungarn. Der Unterschied zu vielen Politikern der Rechten: Lendvai kann sich ausdrücken und weiß, sich zu benehmen. Inhaltlich aber ist er Teil desselben Problems, nicht der Lösung. Er spricht eben nicht die brüllenden Idioten auf der Straße an, sondern die Intellektuellen vor ihrem tanningeschwängerten Glas Shiraz.

Ein weiteres Schmankerl:

Ich erwarte, dass österreichische Interessen verteidigt werden. Es gibt in der EU den Binnenmarkt. Kleine österreichischen Firmen und Bauern können sich nicht wehren. Alle Bundeskanzler von Kreisky bis Schüssel haben dem ungarischen Volk bisher geholfen. Ungarn geholfen. Jetzt bekommt Österreich Ohrfeigen von der Budapester Regierung.

In Übersetzung: Ungarn zeigt sich undankbar und muss zur Rechenschaft gezogen werden. Aha. So reden Kolonialherren, Menschen, die – so niemand anders als der große Schriftsteller Péter Nádas – sich in Ungarn seit der Wende eben nicht nur mit Ruhm bekleckert haben. Wasser auf die Mühlen derer, die Lendvai Parteinahme gegen seine Heimat vorwerfen.

Lendvai unterstützt die aktuelle ungarische Opposition.  Und dies – in Anbetracht deren katastrophaler Bilanz vor 2010 – nicht nur aus Besorgnis um Ungarn, sondern wegen persönlicher Präferenzen. Was sein gutes Recht ist. Als Sachverständiger bei Gericht würde er aber wegen Befangenheit ausgeschlossen.

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7 Kommentare zu “Paul Lendvai spricht im Kurier über „Gulasch-Orbánismus mit nationalistischer Sauce“

  1. Erst die Nazi-Verwurschtung durch Pfeifer & Co. in der linksextremen Jungle World und dann die Verwertung des Gulasch-Topos durch Lendvai.

    Die Herren sind in die Jahre gekommen. Nix mehr da von der Kreativität, die einst die HVA im Operationsgebiet bewies. Vergangen die Zeiten, in denen ein Dalos mit Wortschöpfungen wie „Archipel-Gulasch“ Unsicherheiten bei den Kommunisten im Operationsgebiet beseitigte.

    Denen fällt außer Hitler, Paprikawurscht und Gulasch einfach gar nichts mehr ein.
    http://www.bilder-space.de/bild-Salamijpg-2380.htm

      • Schlechtes Timing, die Leipziger Buchmesse ist gerade vorbei, damit auch der Platz auf dem blauen Sofa pfutsch.
        Hoffnung bleibt.
        Die nächste Buchmesse im deutschsprachigen Raum ist ab dem 1.Mai die Kochbuchmesse in Graz.

  2. Böse, böse Journalisten, die Augewogenheit nicht kennen. Womit HV natürlich nicht die königl. Medien in Ungarn oder diejenigen in der Hand des Gábor Széles kritisiert.
    Böse, böse Weltverschwörung gegen Ungarn, die Journalisten auch aus konservativen Medien dazu bringt die geniale Fidesz-Politiker zu kritisieren. Wenn diese Journalisten nicht so schrieben, dann würden nicht hunderttausende Ungarn in den Westen ziehen, 100 Forint wäre gleich 1 Euro und die Finanzfachleute würden nach Budapest kommen, um von Matolcsy zu lernen.
    Es wäre ja auch der geeignete Ort, um Verfassungsjuristen aus der ganzen Welt zu zeigen, „wie man ganz schnell eine neue Verfassung schreibt und sie binnen 15 Monaten viermal ergänzt“

  3. “ … Böse, böse Weltverschwörung gegen Ungarn …“

    Nee, Pfeifer, das deutsche Wort dafür ist „afterreden“.

  4. Pingback: Was wurde eigentlich aus…der Beschwerde gegen Paul Lendvais ORF-Beitrag “Nationale Träume – Ungarns Abschied von Europa”? | Hungarian Voice – Ungarn News

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