FAZ: Stephan Löwenstein über Orbán und die deutsche Kavallerie

Auch die FAZ befasst sich mit den Nachwehen des Merkel-Steinbrück-Gesprächs und der Reaktion des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán darauf. Stephan Löwensteins Artikel:

http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/europa/ungarn-und-deutschland-schon-wieder-die-kavallerie-12189003.html

Löwenstein wahrt Augenmaß, wofür ihm zu danken ist. Er scheint Versecks Behauptung ebenfalls als Luftnummer anzusehen. Kritisch sieht er aber explizit die Reaktion Orbáns auf die inhaltliche Kritik aus Brüssel.

Bemerkenswert in der Debatte: Ganz Deutschland scheint sich über den angeblichen „Nazi-Vergleich“ Orbáns zu echauffieren. Eine grobe Beleidigung gegenüber Deutschland wird gewittert. Nun, dann empfehle ich gerade den Deutschen, mit Nazi- und Diktaturvergleichen in Richtung Ungarns Regierung vorsichtiger zu sein. Wie man sieht, hört sich so etwas nämlich keiner gerne an.

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27 Kommentare zu “FAZ: Stephan Löwenstein über Orbán und die deutsche Kavallerie

  1. „Ganz Deutschland scheint sich über den angeblichen “Nazi-Vergleich” Orbáns zu echauffieren.“
    Lieber HV, mein Sohn ärgert sich jedes mal, wenn seine Schwestern ihn mit seinem Vater vergleichen. Sie behaupten, er sei mir wie aus dem Gesicht geschnitten.
    Es ist wirklich gemein, wenn man Deutsche mit Nazis vergleicht, wo der Nazi dem Deutschen doch bis heute ins Gesicht geschnitten ist. Das ist keine Erkenntnis von mir, das habe ich von Hannes Wader und Konstantin Wecker.

    (In einer Talkshow erklärte Hans-Dietrich der Genscher mal die Notwendigkeit, am Euro festhalten zu müssen, damit, dass Norditaliens Maschinenbauindustrie vor Einführung der gemeinsamen europäischen Währung eine echte Herausforderung für Deutschland war. Die wurde mit dem Euro platt gemacht, nicht mit Bunga Bunga.
    So ganz kann auch Genscher nicht vergessen machen, welches Parteiabzeichen er bis zum „Zusammenbruch“ getragen hat.)
    http://www.google.de/imgres?q=NSDAP+Parteiabzeichen&hl=de&biw=1260&bih=644&tbm=isch&tbnid=LTphRHJ7GnIldM:&imgrefurl=http://www.dasreich.nl/%3Fpage_id%3D788&docid=jlEeDhCwVWHUjM&imgurl=http://www.dasreich.nl/wp-content/uploads/2012/09/05496_2.jpg&w=458&h=471&ei=VoSaUffyCeuL4gT744DQAQ&zoom=1&iact=hc&vpx=182&vpy=245&dur=2464&hovh=228&hovw=221&tx=111&ty=92&page=1&tbnh=142&tbnw=142&start=0&ndsp=23&ved=1t:429,r:9,s:0,i:111

    • Neu finde ich, dass sich der Spiegel an die Spitze derer stellt, die Nazivergleiche wittern und sich darüber empören. War bislang das Privileg der Konservativen. Heute empört sich bei der CDU nur ein Ruprecht Polenz, was gar nichts ist gegen Martin Schulz (SPD) Guido Westerwelle (FDP) und Jürgen Trittin (Grüne).

      Ich habe, glaube ich, einiges gelernt seit Freitag:

      1. Dem Spiegel ist wirklich nichts heilig.
      2. Schwachsinn verbreitet sich wie ein Lauffeuer, sogar bis zu Guido nach Beograd. Siehe Twitter.
      3. Die SPD verteidigt neuerdings Deutschland gegen angebliche Nazivergleiche, wenn sie von rechts kommen. Zugleich wirft sie der CDU vor, sich nicht vom Angreifer zu distanzieren.
      4. Nazis sind die anderen. So etwa die Ungarn. Sagt jedenfalls der Deutsche in den Kommentarspalten.
      5. Ungarn will Juden zählen (Martin Schulz laut Zeitung „Metro“), Orbán ist ein „Vollidiot“ (DSDS-Jurymitglied Mateo…).

      Ein lehrreiches verlängertes Wochenende!

  2. „Doch nun meldet sich mit Ruprecht Polenz, Vorsitzendes des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, auch ein prominenter Christdemokrat zu Wort. „Orbán belastet zunehmend das traditionell gute Verhältnis zwischen Deutschland und Ungarn“, sagt Polenz. Dass dieser „nun auch noch unsägliche Nazi-Vergleiche benutzt, die bisher griechischen Demonstranten vorbehalten waren, zeugt von zunehmendem Realitätsverlust“. Polenz ist zutiefst besorgt. „Orbán führt sein Land immer stärker in die Isolation“, sagt der erfahrene Außenpolitiker.“
    Spiegel online

  3. Ich habe gelesen, dass die Ultraortodoxe Juden die jüdische Frauen, die an dem Klagemauer gebetet haben, mit Steinen beworfen haben und als NAZI!!!!!!! angepöbelt. Die betende jüdische Frauen sollen NAZI sein!!! so sieht man wie ein Wort mißbraucht wird, Niemand wird es mehr ernst nehmen

  4. Eine kranke Gesellschaft wird von kranken Leuten angeführt… Sobald wir die Kirche im Dorf lassen, wird endlich über Bildung diskutiert….

  5. Ach, was ist das nur für eine unnötige Diskussion. Medial und wahlkämpferisch aufgebauschter, gequirrlter Schwachsinn. Steinbrücks EU-Ausschluss-Rhetorik ist unverantwortlich, Merkels Haltung paternalistisch, aber immerhin wohlwollend und Orbán – ganz der selbst ernannte Freiheitskämpfer – zeigt sich dankbar für eine Steilvorlage eines ihm sehr wohlgesonnenen Journalisten, keilt sinnfrei und ungezielt zurück und verdirbt es sich so immerhin mit einem nicht ganz unwichtigen CDU-Außenpolitiker (Polenz). Soll man lachen oder weinen? Ich bekomme ein Schleudertrauma vom vielen Kopfschütteln.

    • Danke Ungarnfreund, wenigstens einer, der einen kühlen Kopf behält;-)
      Und einer, der nicht dem mediadialen Kampf-Reflexs in diesem Blog folgt.
      Warten wir besser ab, was die Venedig-Kommission zu sagen sagt, 😉

  6. Und das, obwohl Sie das Wesentliche nicht erkannt haben. Nämlich, dass ohne die durch nichts gedeckte Schlagzeile bei Spiegel online – abgesehen von der inhaltlichen Verdrehung des Berichts – nie eine Nachricht daraus geworden wäre.

    • Ich finde es nicht so wesentlich, welches Medium „angefangen“ hat, Herr Kálnoky. Aber das Prinzip „stille Post“ ist schon recht beeindruckend.

      Was mich etwas stört, ist Ihre Betonung auf „durch nichts gedeckt“ usw. Ich finde Orbáns Aussage — unabhängig davon, ob er nun Merkel persönlich angreifen wollte oder nicht oder ob er nur auf eine Vorlage eines Journalisten reagierte — nicht sehr freundlich von ihm gegenüber Deutschland und politisch auch sehr unklug. So macht man sich keine Freunde, die man doch so dringend nötig hätte.

      Diese Debatten über Nazi-Vergleiche funktionieren doch immer gleich. Meist handelt es sich gar nicht um einen echten Vergleich. Der Einfachheit halber und im Interesse einer schönen Schlagzeile wird diese Kategorie einfach gern bedient und dann entwickelt es sich zum Selbstläufer. Im Ergebnis sagen sich nun noch mehr CDUler: „Der spinnt ja wohl, der Orbán.“ Klassisches Eigentor also.

      • @Ungarnfreund:

        Orbáns Aussage war weder diplomatisch, noch besonders freundlich. Das stimmt. Ich würde beide Qualitätsmerkmale weder ihm, noch an Steinbrück oder Merkel vergeben. Es steht den beiden zuletzt genannten m.E. nämlich ebenfalls nicht zu, unwidersprochen Wahlkampf mit dem EU-Ausschlussargument zu machen, und auch nicht, sich mütterlich über das kleine, unreife Ungarn zu äußern, das man „auf den richtigen Weg“ bringen wolle…und bitte vergessen wir das Prinzip „actio und reactio“ nicht.

        Irgendwie scheinen gerade alle im Wahlkampf zu sein. Und Deutschland ist nicht mehr Papst, aber wieder Wilhelm II. 🙂

        In jedem Fall können Sie Orbán kaum vorwerfen, was Keno Verseck sich zurecht gesponnen hat. Man könnte auch sagen „frei erfunden“ hat, wie Kálnoky klar sagt und Löwenstein jedenfalls vorsichtig anzudeuten scheint.

        Zwischen undiplomatisch und unfreundlich einerseits und dem „Vorwurf von Nazi-Methoden“ oder „Vergleich Merkels mit Hitler“ ist es nämlich ein sehr, sehr weiter Weg.

        Und überhaupt hatte ich schon mal die Frage aufgeworfen, ob dieser Dauerbeschuss – nennen wir es mal so – womöglich auch ungarische Politiker dazu bringt, dass ihnen der Kragen platzt. Und ob solch unbedachte Reaktionen nicht jedenfalls menschlich verständlich sind, wenn man in Zeitungen mit Nazibanderole abgebildet wird. Und einem die mediale Hysterie und der nackte Hass entgegenschlägt. Vielleicht ist ja nicht alles eiskaltes Kalkül, sondern auch etwas Emotion?

        Hoffentlich platzt dem Wähler nicht der Kragen. Denn dann können sich Verseck, Pfeifer und andere 2014 einen kausalen Tatbeitrag zu 25% Jobbik auf die Liste der Verdienste schreiben. Sie werden bestimmt stolz drauf sein. Denn dann gibt es mehr zu schreiben…und „wenn schon, denn schon“ ist ja die Prämisse von SPON, wie Kálnoky erfahren durfte.

        Ganz und gar bemerkenswert finde ich die Aufregung über vermeintliche Hitler-Vergleiche hierzulande, im Vergleich zu der Großzügigkeit gegenüber Faschismus- und ähnlichen Vorwürfen, die Orbán seit Jahren über sich ergehen lassen muss. Und bitte sagen Sie jetzt nicht, das letztere würde stimmen. So dumm sind nämlich nur die deutschen Antifaschisten.

      • Ein „elder statesman“ hätte dem Reporter vielleicht ungefähr so geantwortet: „Die Zeiten, in denen wir uns in Europa gegenseitig die Kavallerie geschickt haben, sind schon lange vorbei. Deutschland und Ungarn sind für einander wichtige Partner. Meinungsverschiedenheiten tragen wir mit demokratischen Mitteln aus.“ Aber das ist Orbán wohl einfach nicht eingefallen. Das können Sie auf seine Emotionalität schieben, seine Verärgerung über die ständige Kritik (gerade aus Deutschland), seinen Hang zum Populismus oder auch auf eine gewisse Enttäuschung darüber, dass sich in Europa eigentlich niemand wirklich hinter ihn stellt. Soll man ihn bedauern, den Armen?

        Zum Abschluss, auch wenn es nur sehr mittelbar hierher passt: Ich habe heute in den Tagesthemen gesehen, wie Frau Merkel (neben Herrn Gauck) bei der großen Feier zum Jubiläum „150 Jahre deutsche Sozialdemokratie“ in der ersten Reihe saß. Wenn man die Politik in Ungarn verfolgt, fallen einem solche Gesten im Vergleich dazu plötzlich sehr positiv auf.

        Oder schauen Sie mal auf diese Mitteilung von Westerwelle aus gleichem Anlass: http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Infoservice/Presse/Meldungen/2013/130523-BM_SPD.html. Das ragt heraus aus der sonst üblichen Parteipolitik. Ich warte auf den Tag, wo die ungarische Politik zu Ähnlichem fähig sein wird…

      • Die ungarische Politik braucht wohl noch etwas, um so perfekt zu werden wie wir Deutsche sind.

        Aber die können sich trösten: Immerhin haben wir 40 Jahre Vorsprung in Demokratie. Ungarn befindet sich, zeitlich gesehen, in etwa im Jahr 1968. Eine friedliche Zeit in Deutschland 🙂

      • @ Ungarnfreund
        Merkel und Orbán ab Bild Nr. 56.
        Steinbrück ist fein raus, Orbán aber hat die Schuld der doppelten Verharmlosung auf sich geladen.

        Übrigens ist Deutschland das populärste Land der Welt, Israel immerhin noch beliebter als Nord-Korea und der Iran.

        Ich frag‘ Sie, Ungarnfreund, warum lieben uns alle so sehr?
        Weil wir so sparsam sind, (((wenn es um die Bezahlung von Spargelstechern aus Rumänien geht))) ?
        http://www.newstatesman.com/politics/politics/2012/06/angela-merkels-mania-austerity-destroying-europe

        Oder weil wir unsere Päderasten Grünspan ansetzen?
        http://www.welt.de/politik/deutschland/article116394740/Die-Gruenen-wie-ein-Honigtopf-fuer-Paederasten.html

        Oder weil wir einen so tollen Partner für Ungarn abgeben?
        http://www.google.de/publicdata/explore?ds=d5bncppjof8f9_&met_y=ny_gdp_mktp_cd&idim=country:DEU&dl=de&hl=de&q=bruttoinlandsprodukt#!ctype=l&strail=false&bcs=d&nselm=h&met_y=ny_gdp_mktp_cd&scale_y=lin&ind_y=false&rdim=region&idim=country:DEU:HUN&ifdim=region&hl=de&dl=de&ind=false

        Ich mag Ihre Sicht der Welt. Ich stelle mir Sie vor, als jemand, der die Welt durch beschusshemmende Verbund-Augengläser von Kinon sieht, als jemand, der ’ne Kinon-Optik mit Waschanlage und Wischern trägt. Solarzellenbetrieben sowieso, von SolarWorld Solarenergie.

  7. Verdrehung trifft die Sache gut. Aus einem angeblichen Vorwurf von „Nazi-Methoden“ wurde mittlerweile „Orbán vergleicht Merkel mit Hitler“, weder das eine, noch das andere ist korrekt. Eine Nachricht pflanzt sich fort. Die RP lässt heute sogar das Zitat Merkels/Steinbrücks weg und schreibt die Aussage von der Kavallerie Orbán zu.

    Und die dpa mischt wieder ganz vorne bei der Empörungsfront mit.

    • Na, wem wundert es???
      Dummerweise find ich die bemerkenswerte Aussage eines ganz speziellen dpa -Mitarbeiters (hídépitö? ) -auf die ich kürzlich hier im Internet gestossen war- nicht wieder, die da lautete: Es muss ja nicht stimmen, Hauptsache es schadet.

      • Oha, Turó Rudi. Wenn Sie die Quelle für dieses Zitat doch noch fänden, würde mich das interessieren. Den Kontext der Aussage würde ich gern mal sehen. Das grenzt so an eine echte Ungeheuerlichkeit.

  8. Per twitter ist die Sache meines Erachtens geklärt. Zur Frage an einen der involvierten Spiegel-Leute, ob die Zeile „Merkels Nazi-Methoden“ nicht ein bisschen irreführend gewesen sei, kam die reulose, fast schon stolze Antwort „wenn schon, denn schon“. Ist ja auch sehr erfolgreich gewesen, für die clickrates, und eine ganze Anzahl von Politikern liess sich hereinlegen und stiegen auf die Ente ein. Wohl wider besseres Wissen: Öffentlichkeit war geschaffen worden, man musste gesehen werden, durch ständiges Wiederholen und auch Marktmacht war die Lüge wahr geworden.

  9. Mise en abyme
    oder
    Zirkelbezüge können zu unlösbaren Problemen führen. Was das tapfere Pfeiferlein freuen mag, verstehen aber kaum.

    Bayern führt gegen Steinbrück.

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