Tavares-Bericht: Entschließungsantrag mehrheitlich angenommen

Das Plenum des Europäischen Parlaments hat am heutigen Tag über die Empfehungen des LIBE-Ausschusses (Berichterstatter: Rui TAVARES, Grüne) erwartungsgemäß mehrheitlich angenommen.

Die Entscheidung fiel mit 370 Ja-Stimmen, 249 Nein-Stimmen, bei 82 Enthaltungen.

Aus der Pressemitteilung:

Das Parlament fordert die ungarischen Behörden auf, jene Bestimmungen aus der Verfassung zu entfernen, die bereits vom Verfassungsgericht als verfassungswidrig erklärt wurden, um die wiederholte Anwendung von Schwerpunktgesetzen einzuschränken, um die Empfehlungen der Venedig-Kommission des Europarates umzusetzen, die größtmögliche Beteiligung aller Parteien im Parlament am Verfassungsprozess zu gewährleisten und um die Unabhängigkeit der Justiz vollständig wieder herzustellen und zu garantieren.

In Bezug auf die Mediengesetze fordern die Abgeordneten Ungarn auf, objektive, rechtsverbindliche Verfahren und Mechanismen für die Auswahl und Ernennung von Leitern der öffentlichen Medien, Vorständen, Medienräten und Regulierungsbehörden einzurichten. Sie appellieren auch an die ungarischen Behörden, „endlich ihre Verantwortung für die Obdachlosen zu übernehmen“, eine breitere Definition des Begriffs „Familie“ zu erlassen und mehr für die Integration der Roma zu tun.“

Für den Fall der Nichtumsetzung empfiehlt das Parlament, die Einleitung eines Grundwerteverfahrens nach Art. 7 EUV zu prüfen.

http://www.europarl.europa.eu/news/de/pressroom/content/20130701IPR14774/html/Ungarn-muss-die-Werte-der-EU-respektieren-sagen-die-Abgeordneten

Ungarn hat die Feststellungen aus dem Bericht bereits gestern zurückgewiesen, dem Parlamentspräsidenten Martin Schulz ein Memorandum hierzu vorgelegt und die Abstimmung als politisches Manöver der Sozialisten, Liberalen und Grünen bezeichnet.

Das Abstimmungsgergebnis ist ohne unmittelbare rechtliche Konsequenz für Ungarn.

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50 Kommentare zu “Tavares-Bericht: Entschließungsantrag mehrheitlich angenommen

  1. HV, ein klares Ergebnis:
    ca. 1/3 dagegen und der Rest also 2/3 waren dafür oder haben sich der Stimme enthalten. Einmal mehr haben von den 274 EVP-Politikern nicht alle gegen den Tavares-Bericht gestimmt, denn EVP, Konservative und Europaskeptiker haben zusammen 363 Stimmen (47%)!

    • Wozu glauben Sie, sind Enthaltungen da, wenn Sie Ihrer Ansicht nach zu den Ja-Stimmen zu rechnen sind? Das erinnert mich ein wenig an das hier: http://tinyurl.com/op5mykf.

      Es reicht doch, wenn Sie die Fakten ehrlich darstellen. Sind knapp 60% der qualifizierten Stimmen nicht genug? Reicht es nicht, dass 53% aller Stimmen Ihrer Meinung entsprachen?

      Schlechter Stil.

      • Das sollte man im Kontext sehen: Es geht hier um die Frage, ob der Tavares-Bericht angenommen werden soll oder nicht. Eine Enthaltung (bei der bekannten Sitzverteilung) nützt hier nicht denen, die den Bericht ablehnen, sondern nur den Befürwortern. Vor allem, wenn Herr Orbán in seinem Redebeitrag die Abstimmung als eine (weltanschauliche) Auseinandersetzung zwischen dem linken Lager einerseits und dem konservativen Lager andererseits bezeichnet. Damit ist eine Enthaltung eine „halbe“ Ja-Stimme, denn sie verhindert nicht die Ablehnung, sondern ermöglicht die Annahme!

        Im Übrigen lässt sich die Tatsache, dass einige EVP-Politiker die FIDESZ-Position(en) nicht mehr mittragen, auch aus dem Ergebnis der namentlichen Abstimmungen zu den Änderungsantragen ablesen, der gestern abend als Anhang zum Protokoll erschienen ist:

        Klicke, um auf P7_PV(2013)07-03(RCV)_en.pdf zuzugreifen

        So hat z.B. Herr Engel (Luxemburg) bei allen Änderungsanträgen, die Herr Tavares (51-57) eingebracht hat, dafür (+) gestimmt und nicht dagegen (-) wie die EVP-Mehrheit. Beim Änderungsantrag 51 (S.107) hat sich übrigens auch die FIDESZ-Gruppe der Stimme enthalten (0), während Frau Morvai dagegen (-) gestimmt hat.

      • Szarvasi, der Abgeordnete Frank Engel aus Luxemburg ist nicht nur Mitglied der EVP, sondern auch Parteikollege von Viviane Reding. Ob das (und die Reibereien zwischen Ungarn und Reding) seine Position beeinflusst haben könnten?

        Was Ihren Exkurs zur Bewertung von Enthaltungen angeht: Wenn Enthaltungen eine halbe Ja-Stimme sind, dann liegt die derzeitige Zustimmung für die Regierung Orbán (inkl. Nichtwähler) in Ungarn bei deutlich über 70%…d’accord? Auf sowas Spitzfindiges wäre ich gar nicht gekommen. Vielleicht übernimmt Fidesz ja Ihre Auslegung? 🙂

      • Es lgibt keine Reibereien sondern eine Verleumdungskampagne gegen Viviane Reding und der Vergleich EU Sowjetunion (z.B. von J. Szájer) hat auch keine Sympathien für Orbán gebracht.
        Fakt ist, auch einige konservative Abgeordnete haben für den Bericht gestimmt und viele haben sich der Stimme enthalten, weil sie nicht gegen ihre Partei stimmen wollten aber auch für Orbán keine Sympathie hegen.
        Orbán wird wahrscheinlich – ohne irgendeine konkrete Beanstandung des Tavaresbericht – seine Anhänger dagegen abstimmen lassen. Nicht zu erwarten, dass er auf Krisztina Morvai hören wird und aus der EU austritt. Andererseits wird es interessant sein zu beobachten, ob Jobbik bei den nächsten Wahlen von Orbáns Kampagne gegen die EU profitieren wird, ob Jobbik wieder die Zustimmung erhält, wie 2010 oder ob Orbáns Taktik den Rechtsextremisten den Wind aus der Segel nehmen erfolgreich sein wird.

      • zum eu-austritt (2020) mögen wir doch auch noch den kdnp-politiker pállfy zu wort kommen lassen.

        klarheit durch volksbefragung?

      • @HV, sie sollten besser zwischen „zustimmen“ und „Zustimmung“ unterscheiden:

        Im Augenblick ist bei den Mehrheitsverhältnissen jede Stimme, die nicht gegen Orbán und seine FIDESZ abgegeben wird, eine Stimme für ihn, denn sie wird ihm ein weiterregieren ermöglichen. Das bedeutet aber nicht, dass Orbán und seine FIDESZ sich auch auf eine 70%-Zustimmung stützen kann, wie sie behaupten.

        Im Übrigen ist Herr Orbán ja gar nicht so bescheiden, dass er sich mit 70%-Zustimmung zufrieden gibt, denn er behauptet ja immer wieder, dass ER und seine Regierung Ungarn sei, und daher jede Kritik an SEINE Regierung ein Angriff auf das ganzen ungarische Volkes sei! Frau Göncz (16:10) hat auf diesen „Alleinvertretungsanspruch“ am Dienstag zurückgewiesen. Dazu gab es am Dienstag – wie sie sich errinnern – eine fast tragischkomische Situation, als Frau Gál dem EP die demokratische Legitimität absprechen wollte. Der Parlamentspräsident (16:39) wies dies als „doppelten Standard“ zurück: Man kann nicht auf der einen Seite behaupten, dass die FIDESZ-Mehrheit im ungarischen Parlament legitim ist und auf der anderen Seite dem EP genau diese Legitimierung absprechen, weil die Inhalte nicht passen!

        Zu Herrn Engels:
        Der EVP-Politiker und Parteikollege von Frau Reding war im LIDE-Auschuss einer der Wortführer der EVP und hat neben Frau Gál und Frau Bauer die meisten Änderungsanträge eingebracht. Auch wenn er in seinem Redebeitrag (16:03) deutlich machte, dass er dem Tavares-Bericht nicht zustimmen wird, so bezeichnete er doch ausdrücklich die Intentionen des Tavares-Bericht als legitime Fragestellungen, die zu klären sind: (1) Wie geht man mit einer 2/3 Mehrheit um? (2) Was soll in einer Verfassung stehen und was nicht, damit eine nächste Regierung noch effiziert regieren kann, auch wenn sie keine verfassungsändernde Mehrheit hat. Man hätte sich aber auf keine Lösung verständigen können. Auch wenn er dafür keine Gründe nennt, so kann man doch heraushören – und seine Bemerkungen zum Auftritt der Vorrednerin Morvai waren sehr deutlich – dass er nicht nur einer Seite die Schuld dafür gibt.

        HV, ich kann Herrn Engel hier nur zustimmen: Bei beiden Seiten fehlte der Willen zu einer sachlichen Zusammenarbeit. Suchte man auf der einen Seite (Sozialisten, Grüne, Liberale) eine schnelle und eindeutige Verurteilung – so versuchte die andere Seite dem europäischen Parlament das legitime Recht sich in die „inneren Angelegenheiten“ eines souveränen EU-Mitgliedstaaten „einzumischen“ abzusprechen und das Kommission und Parlament von wirtschaftlichen Kreisen (Banken, Konzerne) „fremdgesteuert“ darzustellen.

        Entscheidend aber war – und hier wurde die „rote Linie“ überschritten – auch der Kommission (als Hüter der Gesetze) das Recht abzusprechen, die Entwicklung in Ungarn zu kritisieren und Änderungen einzufordern. Die persönlichen Angriffe gegen Herrn Barroso und Frau Reding mögen hier wohl den Ausschlag gegeben haben.

      • Szarvasi, ich habe mit keinem Wort behauptet, dass Fidesz sich auf 70% Zustimmung stützen kann.

        Ich vertrete, anders als Sie, gerade nicht die Ansicht, Enthaltungen (oder die Zahl der Nichtwähler) seien Ja-Stimmen. Das, Szarvasi, haben nur Sie in den Raum gestellt. Mein Vergleich diente der Illustration, wie fragwürdig diese Deutung ist.

        Ach, und der Ausschuss, den Sie beharrlich als LIDE bezeichnen, heißt „LIBE“.

        http://www.europarl.europa.eu/committees/de/libe/home.html

      • Danke für die Klarstellung 😉
        Und der Rechtschreibfehler auf den sie sich beziehen ist mir – entgegen ihrer Interpretation – genau einmal unterlaufen! Nobody’s perfect.

      • Lieber HV, dann gibt es wenigstens einen, der meine Beiträge liest 😉
        Und ich entschuldige mich hiermit dreimal für den Verschreiberling.

    • Das mit der Niederlage stimmt. Ich bin gespannt auf die kommenden Meinungsumfragen, vielleicht profitiert Orbán im Inland wieder davon. Entscheidend wird sein, ob Tavares, Verhofstadt, Lunacek und Swoboda mit ihren Auftritten die Nichtwähler überzeugen konnten.

      Gyurcsány? Klar glaubt er an ein Scheitern. Nur interessiert seine Meinung keinen mehr. Außer Sie und Paul Lendvai vielleicht…

      Frage, Herr Pfeifer: Wer wird Kandidat der Opposition 2014? Bajnai oder Mesterházy? Oder Gyurcsány? Was sagen Sie und Ihre Mitfahrer bzw. Stammtischbrüder?

      • HV ich muss Sie da enttäuschen, mein österreichischer Freundeskreis ist nicht an Ungarn interessiert. Das Thema Ungarn wird in der Regel nicht erörtert.
        Hingegen sind einige deutsche Freunde interessiert mehr über das Thema zu erfahren. Und ich habe im Juni drei Vorträge über Ungarn in Deutschland gehalten. Da werden viele Fragen gestellt, auch beim gemütlichen Beisammensein nach den Veranstaltungen.
        Herrn Lendvai sehe ich hie und da bei Veranstaltungen, doch habe ich noch nie mit ihm über das Thema Opposition gesprochen. Ich teile seine veröffentlichte Meinung, dass die ungarische Opposition, so wie sie heute aufgestellt ist, wahrscheinlich keine Chance haben wird.
        Meiner Meinung nach wird G. Bajnai der Ministerpräsidentkandidat sein, weil er die Erfahrung mitbringt. Aber das ist natürlich nur ein Bauchgefühl. Wetten würde ich keine abschliessen.
        Ich denke nach wie vor, dass die allermeisten Ungarn – aus sehr verschiedenen Gründen – gar nicht wählen werden. Und wenn das so bleibt, dann wird Fidesz auch 2014 siegen.

      • Diese Niederlage kann sich noch ins Gegenteil verkehren. Einerseits dadurch, dass, wie Sie sagen, Orbán dadurch Punkte bei den Wählern sammeln kann. Andererseits könnte sich Ungarn, geht es weiter so, gemobbt fühlen. Beispiel: wenn man ein wenig über den disjährigen ungarischen Teilnehmer am ESC googlet, wird man nicht allzu selten auch Kommentare finden wie „Obwohl der Titel okay ist, wähle ich Ungarn nicht, die achten die europäischen Werte nicht“ oder ähnliches. Die Vorurteile haben also längst den Alltag erreicht. Wenn man also weiter so verfährt, braucht man sich nicht zu wundern wenn Ungarn sich das nicht mehr länger bieten lässt, egal wieviel Geld man von der EU bekommt oder nicht. Man wird Ungarn herausekeln. Und obwohl Ungarn ein kleines Land ist, bin ich mir sicher: geht Ungarn steht die EU vor einer Existenzkrise. Es wäre ein Novum, dass ein Land die EU verlässt und es würde ein Präzedenzfall (richtig geschrieben?) geschaffen. Bei anderen unzufriedenen Mitgliedern könnte die Hemmschwelle sinken, es könnte ein Dominoeffekt entstehen. Nichtzuletzt dürfte auch der Kurs des Euros leiden, auch das dürfte nicht ganz belanglos bleiben. Die EU spielt hier also auch mit dem Feuer. Wenn man Ungarn das Stimmrecht entziehen würde, sehe ich jedenfalls keinen Grund mehr für Ungarn in der EU zu bleiben, für mich wäre das Maß voll.
        Ich spreche hierbei nicht zwangsläufig nur von den Fideszwählern. Ich denke, dass auch die Wähler der Opposition die Nase voll davon haben dürften, dass sich die Preise (siehe zum Beispiel Nahrungsmittel) zum europäischen Durchschnitt hin bewegen, während die Löhne auf der Stelle bleiben. Das ist nicht allein dem Scheitern ungarischer Regierungen zu zuschreiben. Und auch in Deutschland gibt es Unmut über europäische Einmischung in innere Angelegenheiten und zwar in allen politischen Gruppen, wieso sollte das in Ungarn anders sein?

        Verlierer sind im Übrigen auch die Wähler der Opposition, denn die stehen jetzt als Deppen da die eine Partei unterstützen, die mithilft den Ruf Ungarns im Ausland zu zerstören. Das heißt nicht, dass ich die ungarische Opposition oder ihre Wähler für Vaterlandsverräter halten würde, aber es hinterlässt schon einen faden Beigeschmack wenn jemand in Ungarn einfach unfähig ist eine wählbare Alternative zu sein und sich dann seine Freunde aus dem Ausland zur Hilfe ruft. So etwas wäre legitim wenn in Ungarn tatsächlich ein Hitler herrschen würde, aber solche Notsituationen haben wir lange nicht erreicht. Im Endeffekt dient diese gesamte Geschichte also wieder den Grabenkämpfen.

    • Das ist ein wenig als würde man prophezeien, ein Fussballtrainer würde scheitern. In der Regel ist ein Trainer in einem Verein maximal 3 Jahre erfolgreich, dann lassen die Ergebnisse nach und der Trainer wird rausgeschmissen. Eher oder später wird Orbán entweder abgewählt oder abtreten, also scheitern – in einer Demokratie ist das eben so. Um das vorhersagen zu können muss man wirklich kein Hellseher sein.

  2. Liliom, zweifeln Sie daran, dass die Abgeordneten Europäer sind? Immerhin gab es diesmal doch auch konservative Abgeordnete die für den Tavaresbericht stimmten.
    Wäre es nicht an der Zeit sich diesen Bericht anzuschauen und hier darzulegen, was daran nicht stimmt? Denn mit der Behauptung, die Abgeordneten hätten nur die Interessen von Firmen vertreten, macht man sich doch in Europa lächerlich.

    • Was denn nun, verehrte Kenner der Abstimmungsergebnisse? Haben die Konservativen sich bloß teilweise enthalten, wie Szarvasi analysiert, oder haben sie auch für den Bericht gestimmt, wie K.P. in die Menge ruft?

      Mir schwant, der Versuch, die Zustimmung der Konservativen auf Biegen und Brechen herbeizuzaubern, entspringt der Erkenntnis, dass dieser Entschließungsantrag sonst als genau das angesehen wird, was er primär ist: Eine politische Stellungnahme der „Gegner Turulistans“. Mit dieser Tatsache scheinen die Befürworter des Tavares-Berichts fast noch mehr Schwierigkeiten zu haben als die ungarische Regierung. Komische Welt.

      Ich glaube aber, K.P. hat Recht: Ich kenne mindestens einen „lupenreinen Konservativen“, der sicher mit Ja stimmte. Lajos Bokros. 😉

      http://www.europarl.europa.eu/meps/en/96878/LAJOS_BOKROS_home.html

      Wie sagte gestern ein Abgeordneter? Gott beschütze mich vor meinen Freunden, denn mit meinen Feinden werde ich selber fertig 😀

    • K.P., Ich halte es für eine gute Praxis der Rechtsstaatlichkeit, die Tavares anmahnt, dass die Anklage den Beweis für die Schuld des Angeklagten zu liefern hat. Nicht der Angeklagte muss beweisen, dass er unschuldig ist, d.h. Er hat auch nicht die Fehler im Bericht zu belegen.

      Da Sie sich auf die Seite der Ankläger stellen: Wollen Sie Liliom nicht erklären, welche Punkte im Bericht korrekt sind? Und warum? Oder ist er schon deshalb unangreifbar, weil die Sozialisten, Grünen und Liberalen (und Bokros) dafür stimmten?

      Haben Sie den Bericht denn gelesen?

      • HV Sie glauben wohl ich müßte den Beweis antreten, dass der Tavares Bericht den ich las richtig sei. Ich meine aber, es ist Aufgabe derjenigen, die ihn beanstanden zu beweisen, wo er sich irrt.
        Man kann bei Analyse der Orbánpolitik feststellen:
        1 Mangel an Realismus
        2 Mangel an der Fähigkeit Probleme zu bewältigen
        3 nicht proportionale Selbsteinschätzung
        4 nicht proportionale Reaktion auf äußere Effekte
        In dieser Tradition steht auch die unsinnige Propaganda, die den Abgeordneten, die für den Tavares Bericht stimmten, vorwirft fremde – nichtungarische Interessen – zu verteidigen bzw. gegen das ungarische Volk zu sein.

  3. Ich zweifle daran, dass sie der europäischen Idee geistig gewachsen sind. Es sind Bürokraten zweiter Klasse, wobei viele von ihnen nicht mal eine ordentliche Ausbildung haben. Ich zweifle daran, dass – nur ein Beispiel – eine grüne Landschaftsarchitektin, die in Ungarn die Pressefreiheit beanstandet, den Überblick hat, den Ungarn vorzuschreiben, welche Weltanschauung sie haben dürfen. Das kann doch nicht der europäischen Idee entsprechen, oder?

  4. 1.Mangel an Realismus
    2 Mangel an der Fähigkeit Probleme zu bewältigen
    3 nicht proportionale Selbsteinschätzung
    4 nicht proportionale Reaktion auf äußere Effekte
    Na, das könnte aber für jeden x-beliebigen Staatsoberhäuptling genau so stehen (von den Herrschaften der EU mal ganz zu schweigen)
    Wie sah es denn damit bei den vergangenen Regierungen Ungarns aus?
    Die haben blühende Landschaften geschaffen?
    Ich frag mich gerade:Wo hab ich nur die vergangenen Jahre gelebt?

    • Turó Rudi, Sie haben recht.
      das gilt natürlich auch für die vorherige Regierung. Diese vier Punkte stammen nicht von mir, sie stammen von István Bibó und bezogen sich auf die ungarische Geschichte.

    • Danke, Herr Pfeifer für den Link.

      Der Beitrag von Herrn Engel ist sehr lesenswert. Er nimmt Stellung zu der Frage: Ist die ungarische Regierung das Opfer einer großen Verschwörung, der Freimaurer, der liberalen Linken, der Kapitalisten, der Globalisten usw.? Er thematisiert die Bedeutung von äußeren Feinden und spricht es am Ende sehr deutlich aus: Europa ist alles anderes als anti-ungarisch. Sondern Ungarn ist Teil von Europa und soll zu Europa (zurück)finden: „Que la Hongrie retrouve son identité européenne et revienne à l’Europe. Elle le mérite. Et notre continent en a besoin.“

      • Ich bewundere Frank Engel für seine Fähigkeit, sich so tief in die Psyche der Ungarn, einschließlich ihre Denkfehler, hineinversetzen und diese beurteilen zu können. Dabei spricht er mutmaßlich kein Wort ungarisch. Er muss bei seinen Studienreisen gute Übersetzer gehabt haben.

      • psyche der ungarn wäre doch ein super-stich-wort. das thema lieferte doch weitere einsichten – wie wäre es mit einem extra thread dazu?

        und noch etwas nebensächliches, werter hv, alles schön und gut, was sie hier darstellen oder darzustellen versuchen. aber bitte versuchen sie doch mal etwas öfter von vermeintlich von ihnen gerne dem kritiker (hier nun herr engel) attestierten unzulänglichkeiten (hier offenbar fehlende sprachkenntnisse) abzusehen und sich mehr dem gegenstand der kritik zu widmen. und bitte nehmen sie mich (gelgentlich wohl etwas unsachlich) dafür nicht als beispiel.

        kurz: es darf auch gerne etwas weniger davon (zur erninnerung: https://de.wikipedia.org/wiki/Argumentum_ad_hominem ) sein.

  5. man muss die lage immer relativ zu seiner umgebung sehen. dieser geht es schlechter denn je, und das ist in ungarn nun mal nicht der fall. und der ewige kampf orbans gegen die bösen westlichen kapitalisten ist in dem sinne richtig, in dem die bevölkerung, zu recht oder nicht, einen zusammenhang zwischen ausbeutung und der tätigkeit westler feststellen kann. dieser konnex ist ja in südeuropa gegeben.

    das traurige ist aber nicht wirklich orban, sondern dass sich in ungarn keine opposition aufbauen kann, die nicht zu der ehemaligen betrügerpartie verbindungen hat. es gäbe wählerpotential, aber niemand den sie wählen können.
    bajnai und sein vater sind ganz klar mit der alten kommunistenpartie ( und im anschluss neoliberalen) verbandelt, gyurcsan, medgyessy, bla bla….alles das gleiche.

  6. kulturkrampf über den ungarischen Charakter haben einige ungarische Autoren geschrieben.
    Vielleicht den interessantesten Artikel schrieb der bedeutende Soziologe István Bibó,
    „Eltorzult magyar alkat, zsákutcás magyar történelem“
    Es befindet sich im ersten Band Bibó István „összegyüjtött munkái“ 4 kötet, az Europai Protestáns Magyar Szabadegyetem (Bern) kiadása es kann auch im Internet gefunden werden.
    http://mek.niif.hu/02000/02043/html/350.html

    • „Ungarischer Charakter?“ Na bravo. Ich dachte, Sie hätten ein Problem mit Stereotypen? Gilt wohl nicht uneingeschränkt.

      Offenbar hält jeder seine eigenen Vorurteile für fundiert. Sagen Sie, Herr Pfeifer: Gibt es auch den „typischen Österreicher“?

      • Ich habe auf ein Essay von Istvan Bibo hingewiesen. Nirgendwo schreibt Bibo von einem typischen Ungarn. Vielleicht lessen Sie dieses Essay bevor Sie mir Vorwuerfe machen?

    • herzlichen dank, gibt es denn keine unterschiede zu heute lebenden ungarn? sind die alten schemen noch unverändert aktiv? Herr Bibó ist leider bereits verstorben, hier gibt es jedoch noch sehr viele fleissige und hoffentlich wohl-lebende schreiberlinge. ach wie fein wäre es doch vermehrt hier zu diesem offensichtlich brisanten thema lesen zu können.

  7. Martin Schulz hat ATV ein Interview gegeben. Am interessantesten finde ich die paar Minuten, in denen Schulz über Viktor Orbán spricht (ab 14:45). Schulz lebt richtig auf, die Augen fangen an zu funken, die Hand wird mal zur Faust geballt… Joschka Fischer hat mal gesagt, er war der letzte Rock and Roller der Politik, was hinter ihm kommt, ist die Playback Generation. Ich glaube, die Rock and Roller sind doch noch nicht ausgestorben…

    http://www.atv.hu/videok/video-20130710-rendkivuli-interju-martin-schulz

  8. Welche Quellen wird Tavares wohl zum Verfassen seines Berichtes über Ungarn herangezogen haben?
    Ob man in der ausländischen Presse darüber berichten wird, dass sich der „grüne“ Abgeordnete in einigen Punkten geirrt haben könnte?
    Oder ob er evtl. den Schneid hat, sich vor das EU-Parlament zu stellen und zu sagen:
    „Äääh sorry, ist wohl doch nicht alles so, wie ich es dargestellt habe? Bisher habe ich außer in der ungarischen Presse noch nichts darüber gefunden.
    Wenn es darum geht negatives zu berichten ist man merklich schneller.
    Aber klar, stimmt auch wieder: Farkas Florian ist ja „nur“ ein Roma und außerdem noch „fideszes“ ……muss man darüber berichten?

    • Es ist noch viel schlimmer, Turo Rudi: Farkas ist nach Ansicht der Demokraten, die Orbán kritisieren und Rassismus anprangern, ein „Quotenzigeuner“. Oder wie Karl Pfeifer sagen würde: Der „Hofjude“ unter den Roma.

      Noch ein kleiner argumentativer Schritt, und Farkas wird zum Mitglied der ungarischen Garde…

      • Nun HV es gibt wieder einmal zwei Versionen, die von Tavares und die von Farkas.
        Im uebrigen im gestrigen Elet es Irodalom ist eine spannende Reportage von Janos Todor ueber gewalttaetige Nazi in Erpatak, die den Rechtsschuetzer Gabor Szoelloesi blutig geschlagen haben.

      • Die Piefke so wie Sie HV. die Deutschen nennen, würden sagen: „so ein Schmarren„ die Österreicher würden sagen so ein Kaiserschmarren.

  9. Hier mal etwas zum Tavares-Bericht in der linksliberalen Wochenzeitschrift 168 Óra.

    Über den Tavares-Bericht sagt die Autorin Beáta Markó in ihrem Artikel vom 13.7.2013 schadenfroh, sie wäre dankbar, dass es zur Verurteilung Ungarns gekommen sei („„hálásak vagyunk, amiért elítélték a magyar kormányt“).

    Noch ein „Volltreffer“:

    „Wir begrüßen die Entscheidung des Europäischen Parlaments, schließlich möchte wir in einer Demokratie und einem Rechtsstaat leben und Europäer bleiben“ („üdvözöljük az EP döntését, mert mi demokráciában, jogállamban akarunk élni, és európaiak akarunk maradni”).

    Soso. Alle, die gegen den Tavares-Bericht sind, sind demnach Feinde der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit und ganz sicher keine Europäer?

    Ein Kommentar erübrigt sich.

    Hier der Link:

    http://m.168ora.hu/velemeny/europai-unio-tavares-jelentes-tulzottdeficit-eljaras-monitoringeljaras-116090.html?print=1

    • Herr Patrick Rieckmann, „sie wäre dankbar, dass es zur Verurteilung Ungarns gekommen sei“ interpretieren Sie als schadenfroh. Kann es sein, dass Beáta Markó ihre Heimat liebt und eine andere Auffassung vom Leben, Demokrotie und Freiheit hat als Sie? Kann es sein, dass Beáta Markó sowie viele Andere der Meinung sind, dass der Tavares-Bericht den Demokratieabbau in Ungarn dokumentiert? Kann es sein, dass Sie links und liberal mit Volksverhetzung, Lüge und anderen unschönen Dingen verknüpfen wollen? Kann es sein, dass Sie Kritik mit links und liberal verknüpfen? Kann es sein, dass Sie Umkehrschlüsse verwenden um Anderen Worte(Feinde) in den Mund zu legen?

      Gibt es überhaupt einen Punkt im Tavares-Bericht, den Sie als zutreffend erachten würden? Und wenn ja wären Sie dann auch einer derjenigen, die Sie in Ihren Klischees anprangern?

      • „… und anderen unschönen Dingen … “
        („de cuyo nombre no quiero acordarme“)
        Brunnenvergiftung, Pest, Ratten!
        Tut­ti quan­ti:
        Der Towarischtsch-Bericht ist nur ein Vorwand für (ewige) Verfolgungen!
        Dümmer geht nimmer.

  10. Herr Don Kichote:

    Das Wort „linksliberal“ ist in meiner Vorstellung sehr negativ behaftet, da es mich sofort an die unheilige Allianz zwischen der SZDSZ (György Konráds Partei) und der MSZP (Altkommunisten) erinnert, die Ungarn seit 1990 mehr als einmal ertragen musste.

    Jetzt zum Tavares-Bericht:

    Schon die Tatsache, dass ein Roma-Politiker (Flórian Farkas, Vorsitzender des Ungarischen Romabundes) nach Brüssel reisen muss, um Tavares auf die Oberflächlichkeit seiner Vorwürfe hinzuweisen (die üblichen Totschlagargumente, die man schlecht widerlegen kann, da sie fast immer sehr allgemein formuliert werden: Rassismus, Antiziganismus usw.) zeugt in meinen Augen von der mangelnden Recherche und der Ungenauigkeit dieses Berichts.

    Soll Herr Tavares doch einen zweiten, verbesserten und gründlicher recherchierten Bericht vorlegen, der die Grundlage für einen wirklichen Dialog bilden kann!

    Dies ist nun mal meine Meinung, Herr Don Kichote. Es macht nichts, wenn wir zwei nicht einer Meinung sind.

    MfG

    P.R.

  11. Mit lieben Grüssen an Tavares:

    http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2013/07/15/portugal-waelzt-seine-schulden-massiv-auf-pensions-fonds-ab/
    und darf man auf einen Sturm der Entrüstung durch die Demokraten vom Dienst genau wie bei Ungarn rechnen?
    Hoffentlich wird das in einigen Jahren auch noch als „Negativbeispiel“ herangezogen.
    Im Bezug auf Ungarn greift man ja auch heute noch gerne mal darauf zurück.Macht sich ausgesprochen gut so als Meinungsbildungsbeeinflussung.

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