Kommunalwahl 2014: Fidesz gewinnt Budapest, MSZP behält Szeged

Der Oberbürgermeister der ungarischen Hauptstadt Budapest wird weiterhin István Tarlós heißen. Der von Fidesz unterstützte Politiker gewann bei niedriger Wahlbeteiligung (Stand: 23:00 Uhr) 49,1% der Stimmen, sein Herausforderer Lajos Bokros (MoMa) erreichte 36%. Gábor Staudt (Jobbik) erreichte 7,1% (Quelle: www.valasztas.hu).

Die Stadtbezirke zeigen ebenfalls eine Hauptstadt in Fidesz-Hand: In 17 Bezirken gewannen Fidesz-Vertreter, in weiteren 6 die Kandidaten der Linksopposition. Die Zusammensetzung des neuen Stadtrates ergubt sich aus folgender Darstellung (inkl. 9 Kompensationsplätze):

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Die südungarische Stadt Szeged bleibt als Hochburg der Sozialisten in MSZP-Hand. László Botka bleibt dort OB.

Die Wahlbeteiligung lag landesweit unterhalb derer von 2010, bei 42,61% (auf Basis der Daten von knapp 89% der Stimmkreise). Die rechtsradikale Partei Jobbik wird landesweit 12 Bürgermeister stellen (bislang: 3).

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Kommunalwahl: Einigung der Linksopposition in Budapest – oder doch nicht?

Die heiße Phase des Wahlkampfs zur Kommunalwahl 2014, die der ungarische Staatspräsident János Áder auf den 12. Oktober 2014 terminiert hat, steht erst bevor. Die landesweit spannendste Frage dürfte jedoch schon jetzt absehbar diejenige sein, ob es den den Sozialisten (MSZP), der Partei Demokratische Koalition (DK) und Gemeinsam 2014 (Együtt 2014) gelingt, den amtierenden und von Fidesz-KDNP unterstützten Oberbürgermeister István Tarlós zu stürzen.

Neues Wahlrecht in der Hauptstadt

Die Kommunalwahl in Budapest wird dort aufgrund des neuen Wahlrechts einige gravierende Änderungen mit sich bringen. Das bislang bestehende System aus einem 33-köpfigen Stadtrat (aktuell Fidesz-KDNP 17, MSZP 10, LMP 3, Jobbik 3), dem Oberbürgermeister sowie 23 Bürgermeistern der Stadtbezirke (die der dortigen Verwaltung vorstehen) wird im Oktober durch ein neues System ersetzt.

Nach dem neuen Recht wird die Budapester Stadtversammlung nur noch aus dem Oberbürgermeister, den 23 Bürgermeistern der Stadtbezirke (jeweils dort direkt gewählt) und weiteren 9 Stadträten bestehen, die über die sog. „Kompensationslisten“ gewählt werden. Die Stadtversammlung wird somit fortan maßgeblich durch die Interessen der einzelnen Stadtbezirke – die, unabhängig von der politischen Couleur, keineswegs gleichlaufend mit denen der Hauptstadt in ihrer Gesamtheit sind – bestimmt werden. Das Gewicht direkt gewählter Hauptstadtvertreter sinkt, das der (mittelbar über ihre Position im Stadtbezirk) in die Stadtversammlung entsendeten Interessenvertretern steigt.

Das ungarische Verfassungsgericht hat mit Entscheidung vom 21. Juli 2014 das neue Wahlrecht im Wesentlichen bestätigt, es kollidiere nicht mit dem Grundgesetz.

Chancen für die Linksopposition?

Die Bemühungen der Linksopposition konzentrieren sich auf die Hauptstadt, da im ländlichen Bereich die – zuletzt bei den Parlaments- und Europawahlen dokumentierte – Übermacht des Fidesz sowie die vor allem in Ost- und Nordost-Ungarn bestehende Kraft der rechtsradikalen Oppositionspartei Jobbik kaum zu brechen sein wird. Budapest hingegen gilt in dem in Ungarn seit je her bestehenden Konflikt zwischen Stadt und ländlichem Raum als „links“, was zuletzt durch die 20-jährige Vormachtstellung des Bündnisses aus MSZP und (mittlerweile aus der politischen Landschaft verschwundenen) SZDSZ nach dem Systemwechsel dokumentiert wurde. Der im Jahr 2010 errungene Wahlsieg Tarlós‘, der zuvor u.a. Bürgermeister des III. Stadtbezirks (Óbuda) war und seine politische Nachwendekarriere bei der SZDSZ begonnen hatte, war für die erfolgsverwöhnte Budapester Linke daher besonders bitter.

Um die zwar nicht uneinholbare, aber immer noch stabile Budapester Fidesz-Mehrheit zu brechen, begannen nach dem Wahlsieg des Fidesz bei der Parlamentswahl im vergangenen April und und dem Ausgang der Europawahl im Mai 2014 Gespräche über ein Bündnis aus MSZP, DK und Együtt 2014. Die grün-alternative LMP nahm nicht teil, da sie ihre Equidistanz zu den beiden großen Lagern wahren wollte.

Aussichtsreiche Stadtbezirke im Fokus der Bündnispartner

Nach einigen Meldungen, das Bündnis würde in letzter Minute scheitern, verkündeten die drei Partner am vergangenen Freitag, man habe sich auf den parteilosen leitenden Amtsarzt Ferenz Falus als OB-Kandidaten geeinigt. Auch die – wegen des neuen Wahlrechts weitaus schwierigere – Frage, welche Partei in welchem Stadtbezirk den Bürgermeisterkandidaten stellt und damit das Privileg erhält, im Falle des Wahlsiegs die Parteilinie in der Delegiertenversammlung mit zu vertreten, schien geklärt: In den „chancenreichen“ 9 Stadtbezirken, in denen ein Wahlsieg des Linksbündnisses möglich erscheint, sollten folgende Kandidaten antreten:

IV. Bezirk (Újpest): Norbert Trippon (MSZP)
XIII. Bezirk (Angyalföld): József Tóth (MSZP)
XIX. Bezirk (Kispest): Péter Gajda (MSZP)
XX. Bezirk (Pesterzsébet): Ákos Szabados (MSZP)

VII. Bezirk (Erzsébetváros): Tibor Tóth (DK)
X. Bezirk (Köbánya): Norbert Élö (DK)
XV. Bezirk (Rákospalota): László Hajdú (DK)
XXI. Bezirk (Csepel): Gyula Horváth (DK)

XIV. Bezirk (Zugló): Gergely Karácsony (Együtt 2014)

Bündnis in Frage gestellt

Nur einen Tag später wurden Meldungen verbreitet, wonach die Sozialisten das Bündnis wieder ein Frage gestellt hätten. Mit dem OB-Kandidaten bestehe zwar Einverständnis, jedoch hätten die zuständigen Gremien der Partei in ihrem Beschluss am Ende der Woche eine inhaltlich abgeänderte – und noch dazu eigenmächtig umformulierte – Variante der Vereinbarung mit der DK und Együtt 2014 gutgeheißen. Die Budapester Parteivorsitzende Ágnes Kunhalmi reagierte am Freitag daher auch ausweichend auf die Frage der Fernsehmoderatorin Olga Kálmán, ob denn sämtliche Fragen geklärt seien.

DK und Együtt 2014 reagierten empört.

Die Schwierigkeiten der ungarischen Linken, sich auf Herausforderer und Strategie im Kampf gegen die übermächtg erscheinende Regierungspartei Fidesz-KDNP zu einigen, ist symptomatisch und von den Parlamentswahlen bekannt. Ob dieser Kampf die eigentlich realistischen Chancen für einen Wechsel in Budapest zunichte macht, wird abzuwarten sein. Fidesz und der von der Partei unterstützte OB Tarlós werden jedwede Differenz der Linken genüsslich ausschlachten, immerhin ist die Frage, wer die Hauptstadt regiert, von hoher Symbolik – Fidesz etwa hatte den konservativen Wahlerfolg im Jahr 2010 denn auch als eine Art von „Rückkehr in die Nation“ gefeiert. Bei so hoher Symbolik werden die Schlammschlachten auch diesmal nicht ausbleiben. Die heiße Phase des Wahlkampfes hat noch nicht begonnen.

NZZ: Meret Baumann zur Wirtschaftspolitik unter Orbán

Meret Baumann berichtet für die Neue Zürcher Zeitung über die Erfolge und Misserfolge der Regierung Orbán.

http://www.nzz.ch/wirtschaft/wirtschafts-und-finanzportal/zwiespaeltige-bilanz-der-unorthodoxen-wirtschaftspolitik-1.18272093

Man kann nur Worte des Lobes finden: Meret Baumann ist, obwohl sie erst seit 2013 für Ungarn zuständig ist, eine der besten ihres Fachs. Ausgewogen, fair, kritisch und bereit, beide Seiten nach ihrer Meinung zu fragen. Eine echte Seltenheit in der Ungarn-Berichterstattung. Ich kann nur vermuten, dass es daran liegt, dass sie – anders als viele ihrer Kollegen – die Neugier noch nicht verloren hat.

Weiter so!

März 2014: Budapester Impressionen aus dem Wahlkampf

Noch knapp zwei Wochen: Am 6. April 2014 wählt Ungarn ein neues Parlament. Da ist es Zeit, dem Leser einige – nicht immer ganz ernst gemeinte – Impressionen aus dem Budapester Plakatwald zu präsentieren.

 

Vergleich der Wahlumfragen

Die nachfolgend abgebildete Zusammenstellung der Wahlumfragen unterschiedlicher Institute aus dem Zeitraum Januar bzw. Januar/Februar zeigt den – wenn auch jeweils unterschiedlich hohen – Vorsprung der Regierungspartei.

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In den ersten beiden Zeilen wird die Zahl der vom jeweiligen Institut Befragten und der Umfragezeitraum dargestellt.

Sodann werden die Umfragewerte der einzelnen Parteien in der wahlberechtigten Bevölkerung dargestellt („választókorú népesség“). Fidesz führt hier mit Werten zwischen 30% (Ipsos) und 39% (Médian). Das Oppositionsbündnis „Zusammenhalt“ (Összefogás) folgt mit Werten zwischen 20-23%, Jobbik erreicht 9 bis 15% und die LMP 2-5%. 22-36% der Befragten waren unentschlossen oder antworteten nicht.

Bei den Wählern mit fester Parteipräferenz, die ihre Stimme sicher abgeben wollen („biztos szavazó pártválasztók“), liegt Fidesz bei 51-52%, Összefogás bei 26-33%, Jobbik käme auf 13-18% (letzterer Wert ist der bislang höchste gemessene) und LMP auf 2-6%.

Nach diesen Werten wäre eine erneute 2/3-Mehrheit für Fidesz/KDNP möglich, vorausgesetzt, die Stärke der Regierungsparteien wirkt sich in Form zahlreicher gewonnener Direktwahlkreise (Erststimme) aus.

Die bislang große Unbekannte ist die Wahlbeteiligung. Hier ging die Opposition bislang davon aus, dass sie durch eine hohe Mobilisierungsquote gewisse Reserven heben könnte; allerdings scheint – jedenfalls nach aktuellsten Zahlen – die Gruppe der Nichtwähler rückläufig, bei gleichzeitig relativen Zuwächsen der Regierungsseite.

Ipsos: Zahl der Nichtwähler sinkt, Regierungslager weiter im Vorteil

Einer aktuellen Umfrage des Instituts Ipsos zufolge kann das Regierungslager bei rückläufiger Zahl von Nichtwählern leichte Zuwächse gegenüber dem Vormonat verbuchen. Unter allen Befragten Wahlberechtigten erlangte Fidesz-KDNP 30% (zuvor 28%), die aus MSZP, DK, Együtt 2014-PM und den Liberalen bestehende vereinigte Linksopposition, Összefogás, erhielt 23% (zuvor 22%). Den stärksten Zuwachs verbuchte der Umfrage zufolge die rechtsradikale Oppositionspartei Jobbik, sie steht nun bei 9% (6%). LMP („Politik kann anders sein“) liegt unverändert bei 2% und würde damit den Einzug ins Parlament verfehlen.

Bei den Parteiwählern erhält Fidesz-KDNP 51%, die Linksopposition 33% und Jobbik 13% Zustimmung. LMP liegt auch hier mit 2% unterhalb des erforderlichen Mindestquorums.

Interessant stellt sich das Ergebnis der Umfrage im Hinblick auf die Fähigkeit der beiden großen Lager zur Mobilisierung ihrer Wählerschaft dar. Hier sind 63% der Fidesz-Anhänger fest entschlossen, an der Wahl am 6. April teilzunehmen, hingegen liegt die Quote der Festentschlossenen im Lager der Linksopposition bei 51%. „Összefogás“ wird sich bis zum Wahltag um eine deutlich höhere Mobilisierung bemühen müssen.

Freilich kann auch der durch die aktuellen Umfragen aufgezeigte Vorteil des Regierungslagers – wie auch 2002 – zum Nachteil gereichen: Halten die Regierungsanhänger den Wahlsieg für sicher, dürfte die Mobilisierung bis zum Wahltag sinken. Fidesz versucht derzeit, die eigene Wählerschaft zur Wahl zu motivieren, immer daran erinnernd, dass auch 2002 eine Wiederwahl Viktor Orbáns sicher schien, dann aber der seinerzeitige Kandidat der MSZP-SZDSZ, Péter Medgyessy, zum Ministerpräsidenten gewählt wurde.

http://www.ipsos.hu/site/fidesz-vezet-s-ellenz-ki-es-lyek/

Ipsos-Umfrage: Nur drei Parteien im Parlament

Nach der aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos wird die Regierungspartei Fidesz aktuell von 27% aller Stimmberechtigten unterstützt, MSZP folgt mit 15% und Jobbik liegt bei 7%. Das Oppositionsbündnis Együtt 2014-PM liegt unter der 5%-Hürde bei 3%, die DK und LMP kommen auf jeweils 2%. Der Anteil der Wähler ohne Parteipräferenz liegt bei 42%, diese Gruppe stellt somit das größte Lager dar.

Die Unzufriedenheit mit der Regierungsarbeit ist laut Ipsos bei nach wie vor hohen Werten leicht rückläufig, aktuell glauben 55% der Wähler, dass sich das Land in die falsche Richtung entwickelt. Bei der letzten Erhebung waren es noch 60%.

http://index.hu/belfold/2013/11/18/ipsos_fidesz_27_mszp_15_jobbik_7/

http://www.ipsos.hu/site/javult-a-k-zhangulat-t-bb-a-titkol-z/