Axtmörder-Affäre: Aserbaidschan gab Zusicherung über Vollstreckung der verhängten Strafe ab

In der Affäre um die Begnadigung des in Ungarn zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilten und nach Aserbaidschan überstellten „Axtmörders“ Ramil Safarov stützt ein von der regierungsnahen ungarischen Tageszeitung Magyar Nemzet veröffentlichtes Dokument die Darstellung des Justizministeriums, wonach die Behörden in Baku vor der Auslieferung Zusicherungen über die unveränderte Vollstreckung der Haftstrafe abgegeben hatten.

Entgegen dieser Zusage wurde Safarov, der  wegen Mordes an einem armenischen Armeeangehörigen während eines NATO-„Freundschaftstreffens“ in Ungarn schuldig gesprochen worden war, unverzüglich nach seiner Überstellung vom aserbaidschanischen Staatspräsidenten Aliyev begnadigt und als Held gefeiert. Armenien brach als Reaktion auf die Begnadigung die diplomatischen Beziehungen zu Ungarn ab.

In einem Brief des aserbaidschanischen Justizministeriums vom 15.08.2012 wird dem ungarischen Jusitiz- und Verwaltungsministerium zugesichert, dass eine Umwandlung der Strafe in Aserbaidschan nicht erfolgen werde. Das Ministerium in Baku nahm hierbei Bezug auf Art. 9 Nr. 1 Buchstabe a) des Übereinkommens des Europarates über die Überstellung verurteilter Personen vom 21. März 1983, der folgende Formulierung enthält:

Artikel 9 – Wirkungen der Überstellung für den Vollstreckungsstaat

  1. Die zuständigen Behörden des Vollstreckungsstaats:
    1. setzen die Vollstreckung der Sanktion unmittelbar oder aufgrund einer Gerichts- oder Verwaltungsentscheidung unter den in Artikel 10 enthaltenen Bedingungen fort (…)

Auch ein neues Verfahren sei ausgeschlossen.

Das Übereinkommen sieht die Möglichkeit einer Begnadigung nach dem Recht des Vollstreckungsstaats vor. Ungarn wurde über diese Absichten jedoch offenbar nicht informiert.

Brief des Justizministeriums in Baku

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Internationale Affäre um den nach Aserbaidschan überstellten „Axtmörder“ – Jerevan bricht diplomatische Beziehungen zu Budapest ab

Die Beziehungen zwischen Armenien und Ungarn sind an einem diplomatischen Tiefpunkt angelangt. Grund dafür ist eine von Aserbaidschan  ausgesprochene Begnadigung des in Ungarn rechtskräftig verurteilten und nach Baku überstellten Mörders Ramil Safarov.

Der aserbaidschanische Staatsbürger Safarov, ein Soldat, hatte im Jahr 2004 im Rahmen eines „Freundschaftstreffens“ der NATO den armenischen Soldaten Gurgen Markarjan im Schlaf getötet. Safarov hatte eine Axt verwendet, das Opfer wies zudem zahlreiche Messerstiche auf. Die Leiche des toten Armeniers sei in einem furchtbaren Zustand gewesen und quasi enthauptet worden.

Safarov wurde von einem ungarischen Gericht wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt, die Begnadigung für einen Zeitraum von 30 Jahren ausgeschlossen.

Da das internationale Recht, namentlich das im Rahmen der Europäischen Menschenrechtskonvention verabschiedete „Übereinkommen verurteilter Personen vom 21. März 1983“  die Möglichkeit vorsieht, Straftätern die Verbüßung ihrer Haftstrafe in ihrer Heimat zu ermöglichen, at Ungarn Safarov diese Woche nach Baku überstellt. Die Voraussetzungen für eine solche Überstellung regel Art. 3 des Übereinkommens. Das ungarische Justizministerium betont, Aserbaidschan habe zugesichert, die Strafe nicht umzuwandeln, Safarov werde seine Haft weiter verbüßen.

Entgegen dieser – nach Angaben der ungarischen Seite abgegebenen – Zusicherungen wurde Safarov bei seiner Ankunft in Baku wie ein Held empfangen und vom Staatspräsidenten İlham Əliyev unverzüglich begnadigt. Dies ist nach Art. 12 des Übereinkommens möglich.

Armenien hat als Reaktion auf die Freilassung in dem verfeindeten Land Aserbaidschan (beide Länder befinden sich wegen des Gebietes Berg-Karabach formal im Krieg) die diplomatischen Beziehungen zu Ungarn abgebrochen. Man spekuliert über ein „Geheimabkommen“ zwischen Budapest und Baku, dem zufolge die Freilassung Safarovs durch Aserbaidschan im Wege milliardenschwerer Kreditzusagen an Ungarn „erkauft“ worden sein soll. Auf der Facebook-Seite des ungarischen Ministerpräsidenten brach ein Sturm der Empörung los („Bravo Her Orbán, Sie haben den guten Ruf Ihres Landes für 3 Milliarden EUR verkauft“, „Schande, Ihr respektiert die Menschenrechte nicht, dafür werdet Ihr bezahlen“) machten die Runde.

Das verschuldete Ungarn bemüht sich tatsächlich seit einigen Monaten um die Emission von Anleihen, Aserbaidschan war als potenzieller Käufer im Gespräch. Zu einem Abschluss der Gespräche ist es jedoch noch nicht gekommen.

Auch die USA verlangen von Ungarn eine Erklärung in der sog. „Axt-Affäre“.

Weiterführend:

http://hvg.hu/vilag/20120831_Felhaborodast_kelt__a_budapesti_kiadatasr

http://hvg.hu/itthon/20120901_orban_facebook_kommentelok

http://hvg.hu/vilag/20120901_Az_ormenyek_szerint_a_magyar_kormany_tudt

Teilnehmer der LMP Demonstration von Dezember 2011 begnadigt – LMP und MSZP boykottieren die Abstimmung, Jobbik votierte dagegen

Das ungarische Parlament hat den Teilnehmern der von der Oppositionspartei LMP („Politik kann anders sein“) organisierten Demonstration die Begnadigung gewährt. Dies führt dazu, dass sämtliche gegen de Teilnehmer laufenden Ermittlungsverfahren eingestellt werden.

http://index.hu/belfold/2012/03/05/kozkegyelmet_kaptak_az_lmp-tuntetes_resztvevoi/

Die am 23.12.2011 abgehaltene Demo richtete sich u.a. gegen das an diesem Tag im Parlament verabschiedete neue Wahlgesetz. Die Demonstranten blockierten Zugänge zum Parlament und wollten die Abgeordneten der Regierungsfration davon abhalten, das Hohe Haus zu erreichen. Teile der oppositionellen Sozialisten gesellten sich zu der Protestaktion, die Partei- und Fraktionsführung ließ sich gar publikumswirksam in einem Polizei-Transporter wegfahren. Die Betroffenen hatten sich in das Fahrzeug gesetzt und geweigert, den Wagen wieder zu verlassen.

Auch der ehemalige Ministerpräsident Ferenc Gyurcsány und weitere führende Personen aus seiner neuen Partei „Demokratische Koalition“ ließen sich ebenfalls abführen.

Wir berichteten:

https://hungarianvoice.wordpress.com/2011/12/24/proteste-vor-dem-budapester-parlament-oppositionsparteien-blockieren-zugange-sturheit-gegen-peinliches-pressetheater/

Die Begnadigung erfolgte mit den Stimmen der Regierungsparteien Fidesz und KDNP. Die Sozialisten, die LMP und die Abgeordneten der DK blieben der Abstimmung fern. Jobbik stimmte gegen die Initiative.