Polit-Analyst Gábor Török und die Nachwahl in Veszprém

Die für den 22. Februar 2015 angesetzte Nachwahl um das Direktmandat der westungarischen Stadt Veszprém, das durch den Weggang des dortigen Abgeordneten und Ministers Tibor Navracsics zur EU-Kommission frei geworden ist, entscheidet über den Fortbestand der parlamentarischen 2/3-Mehrheit des Regierungsbündnisses aus Fidesz und KDNP. Es steht somit, aus der Sicht aller Akteure, einiges auf dem Spiel.

Der bekannte und beliebte ungarische Politanalyst Gábor Török überraschte dieser Tage mit der Ankündigung, er werde sich als Unabhängiger um das Mandat bewerben. Török gilt mit seinen zumeist ausgewogenen und fairen, aber auch deutlichen Analysen als Befürworter eines neuen Stils in der Politik, der die stets heftig geführten Grabenkämpfe zwischen (sog.) „rechtem“ und „linkem“ Lager ablehnt. Die als Vorbedingung für seine Kandidatur hierfür gesetzten „Likes“ auf seiner Facebook-Seite hatte er in kürzester Zeit fast zusammen, als er – heute vormittag – bekanntgab, doch nicht antreten zu wollen.

Als Begründung gab er die vom – eigentlich Fidesz-nahen – ungarischen „Oligarchen“ Lajos Simicska (Foto) bekanntgegebene Kandidatur als Unabhängiger in Veszprém an.

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Diese Kandidatur habe ihm verdeutlicht, dass es bei der Wahl nicht um Veszprém gehe und seine Hoffnung, dass sich im Zuge des Wahlkampfs ein neuer Stil – gerade im Umgang mit dem Gegner – durchsetzen könnte, nicht in Erfüllung gehen werde. Es gehe um das Erlangen von Machtpositionen, wobei das Wahlvolk die eigentlichen Hintergründe nie erfahren werde.

Eine bemerkenswerte Analyse, die zwei wichtige Aspekte der ungarischen Politik offenlegt:

1. Die geplante Kandidatur Simicskas, der die Öffentlichkeit wie kaum ein anderer meidet, hat ihren Grund nicht in plötzlich entdecktem Interesse für die Allgemeinheit oder die Liebe für das Rampenlicht, sondern in der Sondersituation der Wahl in Veszprém. Simicska könnte, als unabhängiger Kandidat, die 2/3-Mehrheit von Fidesz/KDNP brechen.
Der Wunsch, Zünglein an der Waage zu sein, erschließt sich dabei nicht unbedingt von selbst: Der schwerreiche Unternehmer Simicska galt bislang als Prototyp des bestens vernetzten Fidesz-Oligarchen, war Schatzmeister der Partei und leitete in der ersten Orbán-Regierung die Privatisierungsbehörde. Er kontrolliert, gemeinsam mit Zsolt Nyerges, das Bauunternehmen Közgép, das vor allem, aber nicht nur zu Fidesz-Regierungszeiten hervorragende Gewinne einfährt und Ausschreibungen regelmäßig gewinnt. Allerdings kam es in jüngerer Vergangenheit zu offenen Machtkämpfen im Fidesz-Umfeld, offenbar wollte man Simicska wieder „an die Leine“ bringen bzw. einen Teil des Kuchens neu verteilen. Selbst die Bezeichnung als „Orbán-Simicska-Krieg“ machte die Runde. Sollte Simicska einen Parlamentssitz erlangen, hinge die 2/3-Mehrheit an ihm, zugleich wäre politische Verhandlungsmasse und Immunität gewonnen.

2. Török mag erkannt haben, dass – außerhalb des Falles „Orbán/Simicska“ – die Akteure in der ungarischen Politik im Wesentlichen von dem Bestreben geleitet werden, ihren Lebensunterhalt zu sichern. Diese Erkenntnis kann für Török aber eigentlich nicht neu sein.
Die heutige Regierung besteht – Viktor Orbán eingeschlossen – mehrheitlich aus Berufspolitikern, die noch nie ihren Lebensunterhalt in der freien Wirtschaft verdienen mussten. Die Minister Szijjártó, Lázár und der Fraktionsvorsitzende Rogán sind die besten, bei weitem aber nicht die einzigen Beispiele: Menschen, die pompöse Villen, Luxusautos und -wohnungen sowie teure Uhren zum selbstverständlichen Teil ihres Lebens zählen, dabei freilich übersehen, dass es nicht ihr unternehmerisches Geschick, sondern (hoffentlich nur!) der Steuerzahler ist, der all das über die Abgeordneten- und Ministerbezüge finanziert. Bescheidenheit und Bereitschaft zu Transparenz? Fehlanzeige. Da wird mit Adligen zur Fasanenjagd geblasen, bei Vermögenserklärungen getrickst, Wohnungen künstlich kleingerechnet und jährlich mehr Geld zurückgelegt, als man laut Offenlegungserklärung verdient. Das Primärziel des Wohlstandsgewinns auf Kosten der Allgemeinheit, das die ungarische Politik nicht nur vor, sondern auch seit 1989 bestimmt – die von den Sozialisten geführten Regierungen, als „realsozialistische“ Parteikader, unterschieden sich nur im Lebensalter von der heutigen Generation -, ist die eigentliche Ursache für jene heftigen und zumeist schmutzigen Auseinandersetzungen, deren Zeuge der etwas tiefer blickende Beobachter zwangsläufig wird. Der politische Gegner ist stets „Feind“, er hat es schließlich auf dieselben Pfründe abgesehen, die man selbst beansprucht. Schließlich will ein ganzer Apparat politischer Verbündeter profitieren. So lange das so bleibt, dürfte sich am Politikstil nichts ändern.

Bedauerlich ist, dass Török diesen offenkundigen Umstand nicht so deutlich ausspricht.

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Budapester Zeitung bringt Übersetzung eines Blog-Beitrages des Politanalysten Gábor Török

Die Budapester Zeitung brachte am 9. November eine lesenswerte Analyse des ungarischen Politanalysten und Hochschuldozenten Gábor Török. Er beschreibt die aktuelle politische Situation in Ungarn mit vielen trefflichen Aussagen und ohne die in deutschsprachigen Publikationen so gerne verwendeten Vokabeln von einer „Quasi-Diktatur“. Török beschreibt – was den einen oder anderen weniger informierten Leser verwundern dürfte – als ganz normalen Politiker.

Der im Ungarischen erschienene Beitrag wurde von Peter Bognar für die BZ übersetzt.

http://www.budapester.hu/bz/2013/11/09/apo%C2%ADkalypse-morgen/

Oberster MSZP-Funktionär in Budapest: Bemerkenswerte Geschichtskenntnisse

Csaba Horváth, ehemaliger OB-Kandidat in Budapest und oberster Funktionär der Ungarischen Sozialisten in der Hauptstadt, hat der oppositionsnahen Tageszeitung Népszabadság ein Interview gegeben.

Gábor Török, Politanalyst, zitiert eine bemerkenswerte Passage auf Facebook:

Ma lesz 94 éve annak, hogy az első köztársaságot kikiáltották, és azóta két olyan személy volt a történelemben, aki a demokrácia ellensége volt: Horthy Miklós és legújabban Orbán Viktor.“

Am heutigen Tage jährt sich zum 94. Mal der Tag, an dem erstmals die Republik ausgerufen wurde, und seitdem gab es zwei Personen in der Geschichte, die Feinde der Demokratie waren: Nikolaus von Horthy und neuerdings Viktor Orbán.“

Die historische Amnesie der MSZP-Funktionäre scheint mehrere Herrschaften ausgeblendet zu haben: Mátyás Rákosi, Stalins besten Schüler, und János Kádár. Und sogar Ferenc Szálasi. Vielleicht handelt es sich ja bei diesen nach MSZP-Lesart um aufrechte Demokraten. Was seine Aussage gegenüber der Magyar Nemzet zu bestätigen scheint: „Wir befassen uns nicht mit kommunistischen Führern, auch nicht mit Stalin oder Tolbuchin, wenn wir über Feinde der Demokratie sprechen.“

Sobald das vollständige Interview verfügbar ist, stelle ich es als Link zur Verfügung.

„Und als aktuellen Begleitgesang gab der MSZP-Vorsitzende Attila Mesterházy der italienischen Tageszeitung l´Unitá zu Protokoll, dass Ungarn zur Diktatur geworden sei („Qui in Ungheria il populismo è diventato dittatura„).

 

Nachtrag vom 17.11.2012:

Horváth hat seine Ergüsse auch auf einer Pressekonferenz der MSZP abgesondert. Hier das Video in seiner vollen Pracht:

 

Nachtrag 20.11.2012:

Und auch wenn man es nicht glauben kann: Es geht noch schlimmer. Er redet sich immer weiter um Kopf und Kragen.

http://atv.hu/videotar/20121119_kimaradtak_a_felsorolasbol_a_kommunista_antidemokratak

Eva Balogh attackiert ungarischen Polit-Analysten Gábor Török

Wir haben schon oft von Eva S. Balogh gehört. Die von oppositionellen Kreisen hoch geschätzte und oft zitierte Bloggerin – die vor dem Eintritt in den Ruhestand als Professorin für Geschichte u.a. in Yale tätig war – ist eine der scharfen KritikerInnen der Regierung Viktor Orbáns. Eine ungarische Webseite führt sie – gemeinsam mit vielen Personen des linken, liberalen und rechten Spektrums – unter den Top 100 der „árokások“, also derjenigen Menschen, welche die ohnehin schwer überwidbaren Gräben in der ungarischen Gesellschaft noch weiter vertiefen. Das in meinen Augen größte „Meisterwerk“ der Emeritin war ein Beitrag, in dem sie in den Raum stellte, die Unruhen des Jahres 2006 seien ein Putschversuch von Fidesz gegen die Gyurcsány-Regierung gewesen (hier).

Frau Balogh hat sich nun den ungarischen Polit-Analysten Gábor Török vorgenommen:

http://esbalogh.typepad.com/hungarianspectrum/2012/02/hungarian-political-scientists-as-spin-doctors.html

Sie lässt sich im Beitrag vom 11.02.2012 insbesondere darüber aus, Török sei „nicht vertrauenswürdig“, weil er nicht analysiere, sondern als „spin doctor“ handle. Töröks Sünde: Er, der auf seiner Webseite oft genug kritische Worte zur amtierenden Regierung und ihrer Politik findet, ist Balogh nicht oppositionell genug. Abermals greift der auch aus der deutschen Presse bekannte Reflex: Wer die ungarische Regierung nicht in Bausch und Bogen verurteilt, ist ein Sympathisant.

Der (ausgesprochen dünne) Aufhänger ist ein Interview mit Török bei der ATV-Sendung „Egyenes Beszéd“ mit Olga Kálmán, das die Rede Viktor Orbáns vom 7. Februar 2012 zur Lage des Landes thematisierte.

http://atv.hu/cikk/video-20120207_torok_gabor

Hierzu schreibt Balogh unter anderem:

Gábor Török is a „political scientist“ who notoriously avoids straight answers. She asked me whether I heard him. According to her, Török, who was always very critical when it came to Ferenc Gyurcsány’s „lies,“ „found every excuse to defend all the untrue statements of this populist politician.“

Yes, I saw the interview twice and eventually I began to understand why most of these so-called „political scientists“ are untrustworthy. If one listened carefully to the conversation between Török and Kálmán, it became clear that Török wasn’t looking at the speech from the outside but from the inside. Almost as if he had been the speech writer of Viktor Orbán. In his opinion, it was „an excellent speech from Viktor Orbán’s point of view.“ Under the circumstances the best he could come up with. It was a well constructed „narrative.“ It was logical and believable for those who are not antagonistic toward the present government.

But is it the job of a „political scientist“ to analyze a politician’s speech from the point of view of the speaker? Or from the point of view of the party he leads? I doubt it.

Well, I don´t.

Die Kritik Baloghs entfacht sich letztlich daran, Török sehe die Welt zu sehr mit den Augen der Fidesz-Anhänger. Eine ganz und gar sündige Sichtweise, mit der sich Frau Balogh – wenig überraschend – nicht identifizieren kann und will. Es zwingt sie aber auch niemand dazu. Aber rechtfertigt es dieser Umstand bereits, den Beruf des „Polit-Analysten“ in Anführungszeichen zu setzen und somit in Frage zu stellen? I doubt it.

Balogh hätte eher darauf achten sollen, sich durch ihren eigenen Beitrag nicht abermals dem Vorwurf des „árokásás“ – der Vertiefung der Gräben – auszusetzen. Eventuell hätte sie ja in ihrem Beitrag davon sprechen sollen, auf welche Frage der Moderatorin Olga Kálmán Török antwortete, als er den auf Hungarian Spectrum kritisierten „Blick von innen“ einging: Es war die Ausgangsfrage von Kálmán, an wen sich die Rede gerichtet habe. Török erläuterte daraufhin, dass die Rede Orbáns sich an das eigene Lager gerichtet habe, und insoweit ihren Zweck voll und ganz erfüllt habe. Wen wundert es, dass Török im Anschluss darauf eingeht, warum die Rede beim eigenen Lager gut angekommen sein dürfte?

Ich denke nicht, dass das Interview selbst Grund für diesen Beitrag gewesen ist. Es gab eben keinen besseren Anlass, Török anzugreifen. Aber den braucht man ja auch nicht, denn ist jemand schon als „spin doctor“ identifiziert, so heißt es: Attacke! Die Gründe, warum Viktor Orbán noch immer der beliebteste Politiker des Landes ist, warum er 2010 einen so großen Wahlerfolg feiern konnte, will man im Lager der Baloghs seit je her nicht hören. Denn man müsste sich beiläufig auch mit Fehlern des linken Lagers befassen. Das aber war und ist aber nicht das Thema von Hungarian Spectrum. Beste Voraussetzungen für den herbeigesehnten Regierungswechsel…

Politanalyst Gábor Török im ungarischen Fernsehen

Der bekannte ungarische Politanalyst und Blogger Gábor Török wurde im staatlichen ungarischen Fernsehen zur aktuellen Lage interviewt:

http://videotar.mtv.hu/Videok/2012/01/13/22/Politikai_elemzes_Torok_Gabortol.aspx

Török sieht die ungarische Regierung in einer schwierigen Lage, müsse sie sich doch zwischen den beiden Optionen „irgendeine Form von Staatsbankrott“ einerseits und der „Vormundschaft“ anderseits entscheiden. Sollte Ungarn den Forderngen von IWF und EU nachgeben und in Richtung Einigung bewegen, so wäre dies noch nicht das Ende der innenpolitischen Auseinandersetzungen in diesen Punkten. Die unmittelbaren Folgen einer Einigung seien schwer abschätzbar, die bislang erfolgreiche Regierungskommunikation könnte dann durch die vom IWF und der EU geforderten Maßnahmen eingetrübt werden.

Eine riesige Zahl von 84% der Befragten meint laut einer im Januar durchgeführten Umfrage, die Dinge „liefen in Ungarn in die falsche Richtung“. Zugleich habe Fidesz einen großen Teil seiner Wählerbasis verloren, er betrage noch etwa die Hälfte der im Jahr 2010 erreichten Werte. Zugleich sei Fidesz aber immer noch diejenige Partei mit der breitesten Unterstützung in der ungarischen Politik. Die Opposition hat keine Zuwächse erzielt, es sei schwer zu prognostizieren, wie sich die Lage im Jahr 2014 darstellen könne.

Zu dem jüngst wieder als Kritiker der Regierung auf die politische Bühne zurückgekehrten Ex-Ministerpräsidenten Gordn Bajnai sagte Török, seine Rolle hänge davon ab, ob es ihm gelinge, sich als die glaubwürdige Person an der Spitze einer ggf. einheitlichen Oppositinsbewegung zu präsentieren. Auf die Frage, ob es ihm gelingen könne, das große Lager der Unentschlossenen oder der Nichtwähler für sich zu gewinnen, antwortete Török: Die heutigen Umfragen zeigten nicht, dass die ungarischen Wähler auf Bajnai warteten. Er sei aktuell nicht beliebter als Viktor Orbán, wobei letzterer seit eineinhalb Jahren „im Gefecht“ stehe und teils harte Kritik aus dem In- und Ausland auszuhalten habe. Bajnai hingegen könne die Situation aus einer „beschönigenden Distanz“ verfolgen. In zwei Jahren könnte sich jedoch einiges bewegen.

Zu den Plagiatsvorwürfen gegen Staatspräsident Pál Schmitt vertritt Török die Auffasung, dass für den Fall, dass sich die Vorwürfe bewahrheiten sollten, er wohl nicht mehr zu halten sei. Fidesz könnte in diesem Fall selbst Interesse daran haben, Schmitt zum Rücktritt zu bewegen, um ggf. einen neuen, dann bis 2017 amtierenden neuen Präsidenten zu wählen – dieser könne dann über die Wahlen 2017 hinaus ein „Gegengewicht“selbst nach einem Regierungswechsel 2014 werden. Letztlich sei es sogar im Interesse der Opposition, wenn Pál Schmitt weiter im Amt bliebe und nicht durch einen neuen, ggf. starken und repräsentativeren Staatspräsidenten ersetzt würde.

Politanalyst Gábor Török: „Nichts ist heilig“

Der politische Analyst und Blogger Gábor Török gilt als sachlicher Beobachter der Regierungspolitik. Seine Analysen sind frei von dem Schaum, der aus jener oppositionsnahen, d.h. linken oder linksliberalen Sichtweise der Welt resultiert, die man getrost als „Mainstream“ der westeuropäischen Presseberichterstattung über Ungarn bezeichnen darf.

Gerade weil Török unverdächtig ist, der Opposition nach dem Mund zu reden, sollten seine Wort besondere Aufmerksamkeit im Regierungslager finden. Gerade – ja vor allem – dann, wenn sie so deutlich ausfallen, wie nachfolgend. Sehen wir, was Török am gestrigen 16. Dezember 2011 in seinem Blog schrieb:

http://torokgaborelemez.blog.hu/2011/12/16/420_semmi_sem_szent

„Wenn in diesem Land nichts mehr heilig ist, wenn man in nichts mehr Vertrauen haben kann, wenn wir ständig beweisen wollen, dass auch rein gar nichts irgendeinen Sinn macht, werden wir zu Nihilisten und Zynikern, und dann hat dieses Land keine Zukunft.“ So sagte es Viktor Orbán noch im Sommer letzten Jahres (Quelle). Eigentlich ist damit alles gesagt.

Das, was in den vergangenen 48 Stunden passierte, das zeigte in bislang unbekannter Deutlichkeit, dass die jetzige Regierung – mit ihrem Ministerpräsidenten, den Ministern, begeisterten oder auch nur passive Unterstützung bietenden Abgeordneten und den Sprechern, die sich schlichtweg für alles hergeben – zu einem bislang unvorstellbaren Maß des Zynismus gelangt ist. Wer regelmäßig diese Seite (Anm.: den Blog „törökgaborelemez„) verfolgt, der weiß, dass ich in der Vergangenheit versucht habe, mich den Handlungen dieser Regierung in verständnisvoller und auch nüchterner Weise zu nähern, selbst dann, wenn sie bei ihrer Regierungsarbeit regelmäßig gegen ihre früheren Ankündigungen handelte und die Wahrheit – sagen wir es einmal so – „in Anführungszeichen“ setzte. Das ist meine Aufgabe, und so halte ich es auch in Zukunft.

Jetzt aber schreibe ich nicht davon, warum es – ein paar Tage, nachdem der Regierungschef die Bedeutung der Parlamentsdebatte betont hatte –  gut für Fidesz ist, eben jene Debatte in Einzelfällen aufzuheben, warum es im Interesse der Partei ist, die Mitglieder der privaten Rentenkassen zu verspotten, oder warum es eine schlaue Lösung ist, in letzter Minute aus taktischen Gründen, quasi im stillen Kämmerchen, an der Verfassung herumzubasteln und sich dabei hinter einem Ausschuss zu verstecken. Und zwar deshalb, weil es, selbst wenn es im Interesse des Fidesz ist, wenn es gut oder schlau wäre, im Endeffekt dieses Land und seine politische Kultur aufreibt, das öffentliche Vertrauen zerstört, und jeden im Zusammenhang mit dem öffentlichen Wohl stehenden Wert gefährdet. Ein Ziel, welches all das rechtfertigen würde, gibt es nicht.

Man kann natürlich an den Regeln herumschrauben, so wie auch die Auflösung des gesamten privaten Rentensystems kein Teufelswerk ist. Nicht das Fehlen politischer Ziele, sondern der Mangel an Mäßigung, Geradlinigkeit, Anstand macht das Ganze gefährlich und schädlich. Für den Fall, dass die Akteure der Regierungsparteien all das nicht sehen sollte, so würde ich sie darum bitten, dass sie oben zitierte Wort Viktor Orbáns nicht nur beklatschen, sondern auch verstehen sollten.“

Gastkommentar von Gábor Török zur Person Viktor Orbán

Gábor Török, politischer Analyst („törökgaborelemez“) und Dozent an der Corvinus-Universität Budapest, schreibt in einem Gastkommentar in der Budapester Zeitung zum „Erfolg des ungarischen Premierministers“ Viktor Orbán.

http://www.budapester.hu/index.php?option=com_content&task=view&id=8236&Itemid=27