Orbán: Devisenreserven werden nicht verwendet – Banker: Ungarn nicht „am Rande der Zahlungsunfähigkeit“

Der Fernsehsender ATV berichtet über ein Gespräch zwischen Ministerpräsident Viktor Orbán, Notenbankchef András Simor, Wirtschaftsminister György Matolcsy, Staatssekretär Mihály Varga und den designierten Verhandlungsführer für die IWF-Gespräche, den früheren Entwicklungsminister Tamás Fellegi. Nach dem Gespräche habe Orbán (gegen 11:00 Uhr) klargestellt, dass weder die Ersparnisse der Bürger, noch die Devisenreserven von der Regierung verwendet würden, um der aktuellen Situation Herr zu werden.

Die Diskussion um die die Berufung mehrerer neuer Personen in das Führungsgremium der Notenbank hatte Spekulationen laut werden lassen,die Regierung sei auf die Devisenreserven der Ungarischen Nationalbank aus, um diese für die Schuldentilgung zu verwenden. Ebenso hatten oppsitionelle Kreise das Gerücht lanciert, die Einlagen der Sparer seien im Fokus der Regierung.

Orbán betonte, die unabhängige Notenbank werde weiterhin allein über die Verwendung der Währungsreserven bestimmen.

Die ATV-Meldung im Wortlaut:

A miniszterelnök a megbeszélések utáni sajtótájékoztatón többek között azt hangsúlyozta, hogy a kormány nem zárolja a bankbetéteket és nem használják fel a jegybank devizatartalékait. A kormányfő leszögezte: a december végén elfogadott jegybanktörvény több ponton is deklarálja a jegybank függetlenségét, „kiinduló pont a függetlenség“. Hozzátette: mindez azt is jelenti, hogy a jegybank továbbra is maga dönt az ország devizatartalékainak kezeléséről és felhasználásáról.“

http://atv.hu/belfold/20120105_ujabb_tortenelmi_rekordot_dontott_a_forint_mar_322_folott_az_euro

Der Forint bleibt nach einer kurzen Erholung am Morgen gegenüber den Tiefstständen vom Vortag weiter unter Druck, die Parität zum Euro liegt bei 1 EUR = 318 HUF. Der Budapester Aktieindex BUX liegt ca. 1% im Plus.

Timothy Ash, Analyst für Emerging Markets bei der Royal Bank of Scotland (RBS) bezeichnet die Marktreaktionen der vergangenen Tage als übertrieben. Ungarn könne, bei Gegenüberstellung des Finanzbedarfes und der zur Verfügung stehenden Finanzierungsmittel, kaum als ein Land bezeichnet werden, das sich „am Rande der Zahlungsunfähigkeit“ befinde.

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Politanalyst Gábor Török: „Nichts ist heilig“

Der politische Analyst und Blogger Gábor Török gilt als sachlicher Beobachter der Regierungspolitik. Seine Analysen sind frei von dem Schaum, der aus jener oppositionsnahen, d.h. linken oder linksliberalen Sichtweise der Welt resultiert, die man getrost als „Mainstream“ der westeuropäischen Presseberichterstattung über Ungarn bezeichnen darf.

Gerade weil Török unverdächtig ist, der Opposition nach dem Mund zu reden, sollten seine Wort besondere Aufmerksamkeit im Regierungslager finden. Gerade – ja vor allem – dann, wenn sie so deutlich ausfallen, wie nachfolgend. Sehen wir, was Török am gestrigen 16. Dezember 2011 in seinem Blog schrieb:

http://torokgaborelemez.blog.hu/2011/12/16/420_semmi_sem_szent

„Wenn in diesem Land nichts mehr heilig ist, wenn man in nichts mehr Vertrauen haben kann, wenn wir ständig beweisen wollen, dass auch rein gar nichts irgendeinen Sinn macht, werden wir zu Nihilisten und Zynikern, und dann hat dieses Land keine Zukunft.“ So sagte es Viktor Orbán noch im Sommer letzten Jahres (Quelle). Eigentlich ist damit alles gesagt.

Das, was in den vergangenen 48 Stunden passierte, das zeigte in bislang unbekannter Deutlichkeit, dass die jetzige Regierung – mit ihrem Ministerpräsidenten, den Ministern, begeisterten oder auch nur passive Unterstützung bietenden Abgeordneten und den Sprechern, die sich schlichtweg für alles hergeben – zu einem bislang unvorstellbaren Maß des Zynismus gelangt ist. Wer regelmäßig diese Seite (Anm.: den Blog „törökgaborelemez„) verfolgt, der weiß, dass ich in der Vergangenheit versucht habe, mich den Handlungen dieser Regierung in verständnisvoller und auch nüchterner Weise zu nähern, selbst dann, wenn sie bei ihrer Regierungsarbeit regelmäßig gegen ihre früheren Ankündigungen handelte und die Wahrheit – sagen wir es einmal so – „in Anführungszeichen“ setzte. Das ist meine Aufgabe, und so halte ich es auch in Zukunft.

Jetzt aber schreibe ich nicht davon, warum es – ein paar Tage, nachdem der Regierungschef die Bedeutung der Parlamentsdebatte betont hatte –  gut für Fidesz ist, eben jene Debatte in Einzelfällen aufzuheben, warum es im Interesse der Partei ist, die Mitglieder der privaten Rentenkassen zu verspotten, oder warum es eine schlaue Lösung ist, in letzter Minute aus taktischen Gründen, quasi im stillen Kämmerchen, an der Verfassung herumzubasteln und sich dabei hinter einem Ausschuss zu verstecken. Und zwar deshalb, weil es, selbst wenn es im Interesse des Fidesz ist, wenn es gut oder schlau wäre, im Endeffekt dieses Land und seine politische Kultur aufreibt, das öffentliche Vertrauen zerstört, und jeden im Zusammenhang mit dem öffentlichen Wohl stehenden Wert gefährdet. Ein Ziel, welches all das rechtfertigen würde, gibt es nicht.

Man kann natürlich an den Regeln herumschrauben, so wie auch die Auflösung des gesamten privaten Rentensystems kein Teufelswerk ist. Nicht das Fehlen politischer Ziele, sondern der Mangel an Mäßigung, Geradlinigkeit, Anstand macht das Ganze gefährlich und schädlich. Für den Fall, dass die Akteure der Regierungsparteien all das nicht sehen sollte, so würde ich sie darum bitten, dass sie oben zitierte Wort Viktor Orbáns nicht nur beklatschen, sondern auch verstehen sollten.“