Der auf der Berlinale mit dem Großen Preis der Jury ausgezeichnete Regisseur („Das Pferd aus Turin“) Béla Tarr hat sich ausweislich eines Berichts de Nachrichtenagentur MTI von dem Inhalt eines vom Berliner „Tagesspiegel“ mit ihm gefertigten Interviews distanziert. Das Portal Origo veröffentlichte heute folgenden Beitrag:
„Béla Tarr distanziert sich von dem mit ihm gefertigten Interview
„Ich sehe mich gezwungen, mich von dem in der Online-Ausgabe des Berliner Tagesspiegels am 20. Februar erschienenen Interview zu distanzieren“ – teilte Béla Tarr der MTI mit. Der Regisseur reagierte damit auf ein mit ihm gefertigtes Interview, in dem ihm Aussagen zugeschrieben wurden, in denen er die Kulturpolitik der Regierung streng bewertete, und unter anderem gesagt haben soll, dass „die Regierung gehen muss“.
Wir baten den sich in Berlin aufhaltenden Regisseur, dass er uns erläutern möge, welche seiner Aussagen unrichtig oder aus dem Zusammenhang gerissen zitiert wurden, hierauf wollte er jedoch nicht antworten. „Die Geschichte ist damit für mich abgeschlossen. Ich habe mich heute mit dem Journalisten, der den Artikel geschrieben hat, getroffen, danach habe ich die Pressemitteilung veröffentlicht, in dieser ist alles, was ich zu sagen habe, enthalten. Ich hoffe, dass der Tagesspiegel meine Mitteilung ebenfalls veröffentlicht“ – sagte Tarr dem Online-Portal Origo.
„Der Stil des Beitrags ist nicht meiner. Ich bin keiner, der auf so eine Art und Weise kämpft, streitet oder argumentiert. Ich halte es für schändlich, dass all das den Erfolg und die Akzeptanz unseres Films beschmutzt, und ihn auf das Niveau der Tagespolitik herabsetzt“ – sagte Tarr, dessen Film „Das Pferd aus Turin“ mit dem Jurypreis ausgezeichnet wurde, der MTI.
Die jetzt von Tarr herausgegebene Erklärung folgte einem Interview mit Kulturstaatssekretär Géza Szőcs mit dem Nachrichtensender HírTV am Sonntag Abend, in der dieser sich dahingehend äußerte, Tarr habe ihm mitgeteilt, er sei vom Tagesspiegel falsch interpretiert worden. Der Staatssekretär meinte, Béla Tarr sei von dem Vorfall erschüttert. Nach Auffassung Szöcs´ sei die Stimmung in Berlin derzeit eben derart hysterisch. „Die liberalen ungarischen Intellektuellen denken, ihre Existenz sei bedroht. Das stimmt jedoch nicht“ – so der Staatssekretär.
Am Montag meldete sich auch der Verband ungarischer Produzenten in der Sache zu Wort. Die Organisation teilte der MTI mit, sie gratuliere zum Erfolg des „Pferdes aus Turin“, man stimme jedoch nicht mit der auf der Pressekonferenz des Preisträgers nach der Berlinale verlautbarten Meinung überein, weil diese „nicht die wahre Situation der Branche“ widerspiegele. „Wir bitten Béla Tarr, dass er auf jeder internationalen Plattform kundtue, dass er nur seine eigene Meinung zum Ausdruck gebracht habe. Es ist bedauerlich, dies aus dem Munde eines Filmemachers zu hören, der auch in letzter Zeit noch wesentlich durch den ungarischen Staat gefördert wurde, damit er seine Filmpläne verwirklichen kann“ – betonte Gábor Kálomista, der Präsident des Verbandes ungarischer Produzenten.“
http://www.origo.hu/filmklub/blog/hir/20110221-tarr-bela-elhatarolodik-a-neveben-a-tagesspiegelben-megjelent-interjutol.html
Balázs Gulyás, der Geschäftsführer der Produzentenvereinigung MOKÉP teilte als Reaktion auf das Tagesspiegel-Interview mit, für die finanzielle Lage der ungarischen Filmbranche unter anderem die Tatsache verantwortlich, dass die Regierung Gyurcsány ein Jahr lang die zugesagten Fördermittel nicht ausgezahlt habe. Auch von der Regierung Medgyessy erteilte Förderzusagen seien nicht eingehalten worden. Diese Tatsache sei von Tarr in seinem Interview aber nicht erwähnt worden.
Der Tagesspiegel-Journalist Jan Schulz-Olaja wollte sich gegenüber dem ungarischen Fernsehsender ATV (noch) nicht dazu äußern, ob das Blatt eine Richtigstellung veröffentlichen werde. Unter Hinweis auf seine fehlenden ungarischen Sprachkenntnisse weigert sich Schulz-Olaja auch, zur Sache konkrete Angaben zu machen, bevor man ihn nicht in für ihn verständlicher Weise von dem MTI-Bericht informiere. Auch die Frage, ob ein Tonband von dem Gespräch mit Tarr gefertigt worden sei, ließ Schulz-Olaja laut ATV offen.