ORF: Ungarn-Reportage vom 26.09.2012 war ausgewogen

Der ORF hat Kritik an der Dokumentation „Nationale Träume – Ungarns Abschied von Europa“ von Seiten der ungarischen Regierung zurückgewiesen.

http://relevant.at/wirtschaft/medien/739645/orf-weist-kritik-ungarn-dokumentation-zurueck.story

ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz sieht das Ausgewogenheitsgebot nicht verletzt.

„Sowohl in der Dokumentation als auch in einem anschließenden Club 2 sind Regierungsvertreter zu Wort gekommen, im Übrigen hat sich der ORF mehrmals um eine Interview mit Ministerpräsident Viktor Orban bemüht.“

Und als ob dieser Satz nicht schon genug des Spottes wäre:

„Der ORF agiere auch der ungarischen Regierung gegenüber nach den „Grundsätzen journalistischer Fairness, Glaubwürdigkeit und Professionalität“.

Man traut seinen Augen nicht.

Das Missverhältnis in der Dokumentation (9 linksoppositionelle Vertreter gegen einen Regierungsvertreter) stellt für den ORF demnach ein faires Verhältnis dar, zumal der Regierungsvertreter János Martonyi mit belanglosen Inhalten zu Wort kam, jedoch deutlich länger interviewt wurde. Man kann sich vorstellen, was der Macher, Paul Lendvai, aus einem Interview mit Orbán gemacht hätte. Lendvai mag ein Experte sein, was diesen Bericht aber umso bedauerlicher macht – Expertenwissen kommt in diesem Propagandafilm einer Gruppe von MSZP- und SZDSZ-nahen Meinungsmachern (Júlia Váradi, Tamás Bauer, Rudolf Ungváry) leider nicht vor.

Auch die sonstigen Verzerrungen – angebliche Morde an Roma in den „vergangenen vier Jahren“ (obwohl sie 2008-2009 stattfanden) und das Interview eines geschassten MTV-Mitarbeiters vor stalinistischen Denkmälern – sind Dank Wrabetz nun also offiziell Stilmittel des österreichischen öffentlichen Rundfunks. Der Steuerzahler bedankt sich.

Jan Mainka von der Budapester Zeitung zeigt die zum Teil ans Unerträgliche reichenden Verzerrungen im Bericht auf:

https://hungarianvoice.wordpress.com/2012/10/07/budapester-zeitung-jan-mainka-analysiert-die-lendvaimorgenthaler-reportage-nationale-traume/

22 Kommentare zu “ORF: Ungarn-Reportage vom 26.09.2012 war ausgewogen

  1. Mandiner: veréb mondja a bagolynak hogy kisfejü…
    Was immer man über den ORF auch sagen mag, so grobe Fälschungen, wie im ungarischen Staatlichen Fernsehen, (z.B. Pressekonferenz mit D. Cohn-Bendit, wegretuschierter Kopf eines pensionierten Richters) kommen da nicht vor.
    Bevor die Verschwörungstheorien vom angeblichen roten ORF kommen, eine Information:
    Gerhard Jelinek, der ORF-Sendeverantwortliche für Doku­men­ta­tionen hatte die Sendung genehmigt.
    Gerhard Jelinek begann seine journalistische Karriere bei der Presse, war dann bei der konservativen Wochenpresse und kommt aus dem konservativen politischen Lager.

    • Ich halte das Wegretuschieren nicht für richtig, aber ich finde, dass das zunächst weniger Meinungsbildend ist, als der Beitrag des ORF, der einen durchweg falschen Eindruck schafft.

      Davon mal abgesehen sollten Sie doch wissen, dass ‚konservativ‘ im Westen nicht ‚konservativ‘ in Ungarn entspricht (beispielsweise ist die FIDESZ vielmehr an sozialer Marktwirtschaft – sprich starke Rolle des Staates – orientiert als westliche Parteien üblicherweise). Ich hoffe Sie sehen ein, dass Ihre Anspielung hinkt, sonst beweisen Sie nämlich wieder was ich Ihnen neulich schon vorwarf: dass Sie sich selbst regelmäßig demontieren indem Sie zeigen, dass Sie selbst keine Ahnung haben wovon Sie reden.

  2. Das reicht. Nach ein paar Wochen „ausgewogener“ Hungarian Voice hab ich nun genug und möchte diesen Blog verlassen. Wie geht das, was muss ich tun um die Emails nicht mehr zu bekommen, „Sie Blogger“?

  3. *ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz sieht das Ausgewogenheitsgebot nicht verletzt*
    Klar muss er sich wehren, ist die österreichische Medienbehörde doch der Meinung, dass das gesamte Programm des ORF 2010 und 2011 ganz und gar nicht ausgewogen war und der gesetzliche Auftrag nicht erfüllt wurde.

  4. Palóc, danke für die Aufklärung. Konservativ heißt also in Ungarn alles mögliche zu verstaatlichen, vor allem die private Pensionsversicherung und dann einen Etikettenschwindel begehen und dies „soziale Marktwirtschaft“ nennen?
    i. hofer auch Ihnen danke ich, Zoltán Biró war als kulturpolitischer Funktionär lange genug Kommunist. Erst nach seiner Teilnahme an der Gründung der MDF wurde er aus der MSZMP ausgeschlossen. Er glaubte der erste Ministerpräsident werden zu können nach der Wende, doch J. Antall wurde bevorzugt.
    Nun kann man die verschwörungstheoretischen Artikel des Z. Biró in Magyar Hirlap lesen. Z.B.: „In Wahrheit geht es diesen Kreisen einfach darum, die ungarische Regierung, insbesondere aber den Premier, zu stürzen, um an ihrer Stelle einen Statthalterrat zu ernennen, der von ihnen nach Belieben gefüttert und domestiziert werden kann.“
    Was soll dieses Geschwafel von mysteriösen „Kreisen“?

    • Drehen Sie meinen Kommentar ruhig wie Sie wollen, ich gebe es auf zu versuchen Sie zu einem erträglichen Diskussionsstil zu ermuntern. Sie sollten aber wissen, dass auch in Deutschland wahrscheinlich viele Bürger damit sympatisieren würden, wichtige Branchen unter starker staatlicher Aufsicht zu halten, z.B. Medizin-, Banken- und Energiesektor. Nicht jeder Sektor ist eben dazu geeignet ihn dem freien Markt zu überlassen und das hat noch nichts mit Sozialismus (ich nehme an darauf zielt Ihre Bemerkung „alles mögliche zu verstaatlichen“ ab). Und nein, das hat auch nichts mit Etikettenschwindel zu tun, denn der ungarische Normalbürger sollte mittlerweile mitbekommen, dass die Fidesz auf einen starken Staat setzt, denn das tut sie schon seit über einem Jahrzehnt.

      Vielleicht sollten wir hier mal versuchen Herrn Pfeifer durchweg zu ignorieren. Vielleicht würde er dann seinen stenkernden Stil ändern, wenn er merkt, dass sich niemand mehr mit ihm befasst. Wenn er auch das nicht versteht, dann sehe ich keinen Platz mehr für ihn in einer Diskussionsrunde.

      • Das interessante ist, Palóc, dass die Regierung Orbán im Punkt Verstaatlichung sogar klassische „linke“ Wirtschaftspolitik betreibt. Viele scheinen nicht zu wissen, dass, was die Wirtschaftspolitik und die Rolle des Staats angeht, Fidesz viel „sozialdemokratischer“ ist als die ungarischen Linken, die lupenreine Neoliberale sind.

        Die sozialdemokratiscen Elemente der Orbán´schen Wirtschatspolitik sind also – glaubt man Karl Pfeifer – Populismus. Weil eine rechtskonservative Regierung sie umsetzt?

      • Dass viele außerhalb Ungarns nicht wissen, dass Fidesz eine klassisch linke Politik betreibt, verdanken wir Herrschaften wie Karl Pfeifer, die verheimlichen, dass dies durchaus zur Grundausrichtung der Fidesz gehört und ihr stattdessen Populismus vorwerfen. Das ist das Problem an den Pfeifers dieser Welt, deshalb sollte man mit ihnen hart ins Gericht gehen, denn hierbei handelt es sich um ein Kerngrund dafür, dass wir hier sitzen und dass es Ihren Blog überhaupt gibt. Und das Fidesz hier grundsätzlich den richtigen Kurs fährt, zeigt spätestens die Wirtschafts- bzw. Finanzkrise.

        P.S.: HV, ich bin leider schon wieder dabei gescheitert Ihnen zwei Links zu Artikeln zukommen zu lassen. Zwar habe ich die Rubrik Leserzuschriften gefunden, doch habe ich nicht herausgefunden, wie ich Ihnen dort etwas zukommen lassen kann. Muss ich mich erst irgendwo registrieren?

  5. Ich warte noch auf ORF- oder sonstige Beiträge, die sich nicht auf eine Seite schlagen, sondern die unsäglichen Grabenkämpfe im politischen Ungarn mit Äquidistanz betrachten.

  6. Na, ich warte mit Spannung auf den Beitrag nächste Woche im ungarischen Fernsehen, der da lauten wird:
    „Muss man sich um die Demokratie in Österreich Sorgen machen ? „

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