Reinhard Olt im Gespräch mit der „Presse“

Reinhard Olt, der frühere und mittlerweile in Ruhestand getretene frühere FAZ-Korrespondent in Wien, spricht mit der Tageszeitung Die Presse über seine Arbeit.

http://diepresse.com/home/leben/mensch/1301003/-Reinhard-Olt_Mag-keinen-journalistischen-Einheitsbrei?_vl_backlink=/home/leben/mensch/index.do

Einige Auszüge:

In österreichischen wie auch in deutschen Medien ist eine starke Verknappung und ein Hang, an der Oberfläche zu verbleiben, festzustellen. Es wird immer weniger Tiefgründiges, Hintergründiges geboten. Alles wird mitgemacht, was uns abends das Fernsehen vorgibt, und es wird wiedergekäut, was von den Nachrichtenagenturen vorbestimmt ist. Die Redaktionen sind viel zu stark darauf fixiert, was in diesen Agenturen läuft.

„Bei meinen Beobachtungen zu Ungarn ist mir aber eines aufgefallen: Es gibt bei der Bewertung der innenpolitischen Lage in Ungarn ein paar Stichwortgeber. Und leider neigen Journalisten oft dazu, diese Stichworte sogleich für bare Münze zu nehmen. Das kann ich nicht akzeptieren.“

Ungarn ist heute eine tief gespaltene Gesellschaft – zwei Lager, die sich mit abgrundtiefem Hass gegenüberstehen. Ich sehe derzeit auch keine Möglichkeit, wie diese Spaltung zu überwinden wäre. Da müssten so viele Hände ausgestreckt werden.“

Ich stimme Olt nicht nur in Bewertung der Spaltung der ungarischen Gesellschaft zu, sondern auch in der These, dass die Agenturen das Bild (leider fast alleine) bestimmen – und weniger die eigene Recherche. Was dann zum Problem wird, wenn Agenturmitarbeiter sich weniger der Objektivität, sondern ihrer eigenen politischen Überzeugung verpflichtet fühlen. Jeder kann sich sein eigenes Bild darüber machen, ob Gregor Mayer und Kathrin Lauer, die maßgeblich das Ungarn-Bild im deutschsprachigen Raum durch ihre Agenturtätigkeit für die dpa (und andere Agenturen) mitbestimmen, dem Idealtyp des Agenturmitarbeiters entsprechen, wenn sie im übrigen auf Facebook gegen die aktuelle Regierung zu Felde ziehen und aus ihrer Verachtung kaum jemals einen Hehl gemacht haben. Dagegen, dass sie ihre eigenen (Facebook)-Beiträge über „Orbánistan“ verfassen, hat niemand etwas: Nur sollten die Kolleginnen und Kollegen in den Redaktionen eben wissen, auf wen sie hier bauen. Nicht mehr und nicht weniger.

Man darf in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass es eben jene dpa war, die eine Falschmeldung über das ungarische Mediengesetz lancierte – und bis heute nicht das Rückgrat atte, sie zu korrigieren: https://hungarianvoice.wordpress.com/2011/01/09/martonyi-stellt-klar-es-gibt-keine-geldbusen-bei-verletzung-des-gebots-der-ausgewogenheit/

Und auch die Stichwortgeber (außerhalb der Agenturen), die immer und immer wieder das Bild Ungarns im Ausland prägen – sozusagen die Lieblings-Interviewpartner – sind hinreichend bekannt. Auch insoweit besteht kein Problem, György Konrád zum einhundertsten Mal um seine Einschätzung zu bitten. Es wäre aber schön, wenn man auch die andere Seite zu Wort kommen ließe. Paul Lendvai sieht das offenkundig anders, wer seine tendenziöse und verzerrende jüngste ORF-Reportage gesehen hat, weiß, wovon ich spreche. Und wenn dann noch Gregor Mayer von einer „nüchternen Bestandsaufnahme“ spricht, weiß auch, welcher Wind uns von der dpa Budapest entgegen weht.

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