Der Freitag: Bissige Abrechnung mit den Orbán-Kritikern

Andreas Kuntz mit einem Meinungsartikel zu Viktor Orbán und seinen Kritikern.

http://www.freitag.de/autoren/oswaldo/ungarn-deutschland-und-europa

Ich bin auf die Meinungen der Leser gespannt!

46 Kommentare zu “Der Freitag: Bissige Abrechnung mit den Orbán-Kritikern

  1. Warum nur den linkslinken Freitag zitieren. Auch die Nationale Front in Frankreich äußert Sympathie mit Orbán. Was natürlich von den königl. Medien mit Begeisterung registriert wird:
    http://www.hirado.hu/Hirek/2013/03/13/22/A_francia_Nemzeti_Front_tamogatja_a_magyar_parlament.aspx,

    Tolle Schreiber hat der Freitag des Herrn Augstein:
    „Zunächst einmal sei gesagt, dass Viktor Orban kein Nazi ist, der in der Ukraine jüdische Mädchen erschießen will, um die nordische Rasse zum Sieg zu führen. Wem zu Orban nicht mehr einfällt als das, der sollte besser schweigen.“

    Geht es noch dümmer?

    Ich nehme an, die königl.Medien und vielleicht auch einige Poster hier werden in Begeisterung ausbrechen. Ich aber lese lieber die FAZ, Die Presse, den Standard und die Wiener Zeitung. Wenn ich die Wahl habe zwischen dem globalen Kapitalismus und den unausgegorenen Antiglobalismus des Freitag, dann gestehe ich das erstere zu wählen.

    • Danke Herr Pfeifer. Der Verweis auf etwas Rechtsextremes, hier die Front National, musste von Ihnen kommen. Ich habe allerdings nicht gedacht, dass Sie so schnell, nur wenige Minuten nach Erscheinen des Beitrags, damit kommen. Der Pawlow’sche Reflex. Eigentlich spricht Kuntz mit dem Einleitungssatz diejenigen an, die so argumentieren, wie Sie jetzt.

      • Das ist zwar nicht mein Artikel, sondern der Text eines mit mir gemachten Interviews, aber trotzdem danke ich Ihnen für die gute Werbung. Es gibt viele Artikel von mir über Ungarn. So publizierte das Wiener Wochenmagazin News letzten Donnerstag meinen Kommentar über Ungarn und spätestens Anfang April wird mein Buch, in dem ich auch über meine Erfahrungen in Ungarn schreibe, in Wien erscheinen.

  2. HV Wieso billigen Sie mir nicht zu den Text des Herrn Kuntz vorher gelesen zu haben?
    Glauben Sie wirklich, dass man ohne HV nicht auf solche Texte stoßen kann. Überschätzen Sie sich nicht ein wenig? Wenn Sie auf linksradikale Unterstützer aufmerksam machen, dachte ich, sollte man auch aufzeigen, dass es auch Rechtsextremisten gibt, die sich für Orbán begeistern. Anstatt mir Dank auszusprechen, werfen Sie mir vor reflexartig reagiert zu haben.

      • HV Nein. Sie warfen mir nur vor schnell reagiert zu haben als ob ich nur aus HV hätte über diesen Text erfahren können.
        Schwere Zeiten für Orbán & Co. wenn man schon einen Schreiber glaubt loben zu müssen, der aus der untersten Schublade hervorzieht, dass Frau Merkel in der FDJ war. Das ist ungefähr so intelligent, wie die Schreibe derjenigen, die Josef Ratzinger vorwarfen in der HJ gewesen zu sein.
        Bemerkenswert der letzte Satz von Kuntz: „Vom Politikstil Viktor Orbans, diesen sanft-paternalistischen aber sehr wohl macht- und kulturbewussten „Mini-Putinismus“ wird man auf dem zentristischen Haupttrampelpfad Europas noch Einiges hören. Und er könnte sogar durchaus die Form sein, welche die sinnlose „Utopiefolgenreparaturtechnokratie“ einer Angela Merkel als Mainstream beerbt.“

      • Haben Sie nicht János Martonyi vorgeworfen, Mitglied in der MSZMP gewesen zu sein? Wie kommt es, dass diese Ihre Einwürfe nicht aus der untersten Schublade kamen?

    • „Merkel war weder Mitglied der SED noch einer der Blockparteien, aber auch nicht in der zivilen oder der kirchlichen Opposition aktiv. Sie engagierte sich während ihrer Tätigkeit an der Akademie der Wissenschaften in ihrer FDJ-Gruppe. Nach eigenen Angaben war Merkel in ihrer FDJ-Gruppe als Kulturreferentin tätig, während Quellen, die der Merkel-Biograf Gerd Langguth befragt hat, davon sprechen, sie sei für „Agitation und Propaganda“ zuständig gewesen.“
      (Wikipedia)

      http://www.welt.de/print-wams/article129161/Angela-Merkels-zweierlei-Welten.html

      1986 reiste Merkel für mehrere Tage in die Bundesrepublik. Wurde Sie bei dieser Gelegenheit einer Befragung durch westliche Geheimdienste unterzogen?

      • Danke Peter Herche, dass Sie HV indirekt geantwortet haben. Hier ergänze ich: Es ist wohl ein Unterschied ob jemand als Jugendliche oder Jugendlicher in die Massenorganisation FDJ eingetreten ist, oder als Erwachsener in die KP. Frau Merkel ist nicht Mitglied einer Regierung, die ständig betont antikommunistisch zu sein. Martonyi ist aber der MSZMP (ungarische KP) als Erwachsener beigetreten und ist Mitglied einer Regierung, die so tut, als ob die Kommunisten in Ungarn noch heute das Sagen hätten. Das ist ein Unterschied. Es wundert mich HV, dass Sie, der doch immer von Differenzierung spricht, es relativieren versucht, wenn Frau Merkel schlechtgemacht wird, weil sie Mitglied des FDJ war.

  3. Auf die Gefahr hin, dass ich Herrn Pfeifer in die Hände spiele: klasse Beitragvon Herrn Kuntz! Den sollte man hier im Blog als Standardwerk zugänglich machen. Mag schon sein, dass Herr Kuntz hier und da daneben liegt, aber mit den Kernaussagen hat er recht. Jedenfalls stimmen sie (vorallem der Aspekt der Weltanschauung) mit meiner eigenen Auffassung weitgehend überein.
    Interessant fand ich auch die Diskussion in den Leserzuschriften. Ich habe sie zwar nur überflogen und auch dort mag Herr Kuntz hier und da irren, aber die reflexartigen Reaktionen seiner Kritiker haben Symbolcharakter.

    • Palóc, es dauert in Deutschland nie lange, bis man als „faschistoider Vollpfosten“ beschimpft wird, wenn man die falsche Ansicht vertritt. Dieses Schicksal hat nun auch Herrn Kuntz ereilt. Wie das wohl mit dem Prinzip der Meinungsfreiheit in Einklang zu bringen ist?

      • Vielleicht können Sie uns auch verraten, wer Viktor Orbán beschuldigt hat, er möchte jüdische Mädchen in der Ukraine erschiessen? Das kommt nämlich bei Kuntz gleich zweimal vor.

      • Sie müssen da Kuntz schon selbst fragen, Herr Pfeifer. Ich vermute, dass es sich um ein drastisches Stilmittel Kuntz´ handelt. Und wäre überrascht, wenn Sie das nicht bemerkt hätten. Insofern ist Ihre Frage von gestern „Geht´s noch dümmer“ mit einem klaren JA zu beantworten. Sie haben gerade den Vogel abgeschossen.
        Und jetzt? Wechseln „wir“ (da Sie sich ja so gerne in der königlichen Mehrzahl nennen) wieder das Spielfeld? Macht das die Beschimpfung Kuntz´ als „faschistoider Vollpfosten“ ungeschehen?

  4. Andreas Kuntz bringt in seiner brillanten und nüchtern sachlichen Abhandlung in all seiner Komplexität auf den Punkt, was Sache ist mit der sog. sozialliberalen Europa im Allgemeinen und mit den Ungarn in einer verkehrten Welt im Besonderen.

    Zeitgenossen, die sich ohne generierten Zorn und Eifer, vor allem jedoch ohne Hass, mit den mitlerweile beinahe zum Freiwild erklärten Ungarn befassen, und natürlich den Hauptbetroffenen Ungarn selbst, spricht er sicherlich aus dem Herzen.

    Missionaren, Profiteuren von Zwietracht und Völkerhass muss all dies selbsverständlich wie ein Greuel erscheinen, und diesen Herrschaften trotz getaner Arbeit den vermeintlich verdienten Schlaf gründlich versauen.

    • Ihnen ist zu danken, dass Sie es klar zum Ausdruck bringen. Es geht nicht um Weltanschauung oder um konkrete Kritik an der ungarischen Opposition. Die Kritiker der ungarischen Regierung sind: „Missionare[n], Profiteure[n] von Zwietracht und Völkerhass“
      Weiter so bis alles in Scherben fällt?

    • Jetzt muss ich den armen Herrn Pfeifer aber in Schutz nehmen. Wenn er den Vogel abgeschossen hat, dann hat Ignac Unger mit dem Satz “ Andreas Kuntz bringt in seiner brillanten und nüchtern sachlichen Abhandlung in all seiner Komplexität auf den Punkt, was Sache ist mit der sog. sozialliberalen Europa im Allgemeinen und mit den Ungarn in einer verkehrten Welt im Besonderen.“ ’nen fetten Turul vom Himmel geholt.
      Nee, ’ne nüchtern sachliche Abhandlung hat Andreas Kuntz bestimmt nicht geliefert. Und den Beweis, dass Herr Orbán dad Frühstück im Bett einnimmt, bleibt Kunc uns schuldig. Vielleicht kann Ungarnfreund da ja mal recherchieren? Verspeist Orbán nur Mädchen oder auch Knaben? Wär doch ein Thema für den Gleichstellungsbeauftragten der EU?

      • Peter Herrche,

        Es ist mir bekannt, dass Sie echter Feinschmecker sind. Ich konnte mich aber gelegentlich im „Aubergine“ auch für Witzigmanns feine Künste begeistern. Doch meine „Feinkost“ war eher als Abwechslung für weniger anspruchsvolle Konsumenten gedacht, die sich gerne mit gutbürgerlicher Küche zufrieden geben.

        Und nur so nebenbei; fetter Turul ist schon in sich eine Unmöglichkeit, ein Widerspruch. Liegt da etwa eien Verwechslung mit Hugin und Munin vor? 

      • @ Igmatz Unger
        Ich kenne nicht den geringsten Respekt vor Menschen und Vögeln. Weder Witzigmanns ethische Prinzipien noch sein Konzept der Nachhaltigkeit konnten je ein Huhn davor bewahren, zuerst gerupft und dann gegart zu werden.
        Jeder bekommt bei mir sein Fett ab, auch der Turul.

  5. Herr Unger, ich möchte mich dagegen erwähren, dass Sie den „betroffenen Ungarn“ unterstellen, dass Herr Kuntz in seinem Artikel ihnen aus dem Herzen spricht. Als im Ausland lebender (auch) Ungar spricht er mir nicht aus dem Herzen. Und „Freiwild und Völkerhass“ sind starke Ausdrücke, die aus meiner Sicht hier nichts zu suchen haben. Es gibt zum Glück noch Ungarn, die sich kritisch über die Entwicklung in ihrem Land äußern und dies auch noch dürfen. Es ist höchst bedenklich, wenn bei Kritik an der Regierung mit „Vaterlandsverrat“ bezeichnet wird – so ist die Rhetorik im politischen Ungarn schon lange und macht jeglichen Diskurs über Parteigrenzen hinweg unmöglich.

    Eine Regierung, die auf ein (noch nicht einmal rechtskräftiges) Gerichtsurteil (zum Thema Senkung der Betriebskosten) so reagiert, dass eine Unterschriftenaktion angekündigt wird, um dem Willen des Volkes Ausdruck zu verleihen, versaut mir den verdienten Schlaf und nicht die Lobeshymnen eines linksextremen Autors an eine Regierung, die eine Obsession mit den Verbrechen des Kommunismus hat (siehe die letzte Verfassungsänderung, die sich auch in einem beträchtlichen Umfang dem Thema widmet) und zugleich sich einer anti-kapitalistischen rhetorik bedient, die Rákosi Mátyás nicht besser hätte sagen können.

    • Lieber Expat,

      den “betroffenen Ungarn”; “Freiwild und Völkerhass”

      Sie dürfen mir glauben, dass ich Ihnen persönlich nichts unterstellen möchte. Auf der anderen Seite fühle ich mich von den von glatten Unwahrheiten gespickten Elaboraten zum Nachteil von Ungarn und den Ungarn sehr wohl betroffen, wie Sie handkehrum von meiner Meinung.

      Wenn Sie der Ansicht sind, dass die auf diesem Blog für auf dem Laufmeter nachgewiesene Unwahrheiten, mehr als grosszügig auch die theoretische Möglichkeit „auf Missverständnis“ beruhend attestiert wird (für mich jedoch aufgrund langjähriger Erfahrung mieseste Lügen aus den untersten Schubladen sind), dem Weltfrieden und der Völkerverständigung dienen, das ist für mich kein Problem. Das zu verkünden, bemühen sich auch andere auf diesem Blog.

      .“Es gibt zum Glück noch Ungarn, die sich kritisch über die Entwicklung in ihrem Land äußern und dies auch noch dürfen.“

      Ihre Ehrlichkeit schätze ich ganz besonders, nämlich, dass Sie im Gegensatz zu vielen Schreibknechten westlicher Medien über mein Land die Lüge nicht verbreiten, man dürfe sich „auf Befehl des Diktators Pusta-Putin“ schon längst nicht mehr kritisch äussern.

      Jawohl, man darf das in Ungarn, wie im Westen, nach Lust und Laune.

      Mehr noch! In patriotischer Pflichterfüllung darf man auch ungehemmt lügen, bis die Balken sich biegen; auch Ungarn verleumden, in der nicht unberechtigter Hoffnung, es bleibe schon etwas hängen.

      Expat, machen Sie aus Ihrem Herzen hier weiterhin keine Mördergrube! Es wird mich weiterhin freuen zu erleben, wie Sie zum Wohle der Ungarn Ihrem demokratischen Ärger weiterhin Luft verschaffen.

  6. Ich gestehe, der Text hat mich beim ersten Lesen durchaus beeindruckt. Das muss wohl an der glasklaren Sprache liegen, derer sich dieser mir bislang völlig unbekannte Andreas Kuntz bemüht.

    Etliche seiner Feststellungen teile ich: Orbán ist definitiv kein Antisemit. Die Menschen haben ihn mit überwältigender Mehrheit gewählt; nun setzt er um, wofür er gewählt wurde. Dabei kombiniert er (streng) konservative gesellschaftspolitische Vorstellungen mit Staatsinterventionismus in der Wirtschaft, wie sie die CDU zuletzt im Ahlener Programm von 1947 vertreten hat. Vielen seiner linken Kritiker scheint gar nicht aufzufallen, dass Orbán auch Dinge tut, die ihnen eigentlich sympathisch sein müssten, wenn er z. B. die Multis an die Kandarre nimmt. Und ja: Bei Weitem nicht alle Ungarn-Kritiker im Westen kennen sich mit dem Land wirklich aus, weshalb auch viel Unsinn über Orbán geschrieben wird.

    Je länger ich über den Text nachdenke, desto mehr verflüchtigt sich allerdings mein erster Eindruck und ich komme zu dem Ergebnis, dass Kuntz eigentlich nur ein seit Langem bekanntes Thema variiert: Orbán wird als jemand porträtiert, dessen Politik sich im Rahmen des Akzeptablen bewege. Das Geheul der bösen Linken, Liberalen oder Zentristen sei nur deshalb so laut, weil er eben nicht ihre Werte verkörpere, sondern andere, die aber doch vom Demokratieprinizip gedeckt seien. Vermengt wird das mit Kritik an der europäischen Integration, der Eurorettung, der angeblichen Brüsseler Regelungswut (Stichwort: Glühbirnen) und daran, dass sich nicht einmal das Bundesverfassungsgericht gegen die diagnostizierte Selbstaufgabe Deutschlands als Nationalstaat zur Wehr setze.

    Dabei ist Kuntz jedes Mittel recht: Westerwelle wird beispielsweise in gerade verleumderischer Weise unterstellt, dass er als „Erzkapitalist“ Profitinteresse vertrete, wenn er angesichts der Entwicklung in Ungarn die Einhaltung „gemeinsamer Werte“ fordere. Wenn der deutsche Außenminister Rechtsstaat sagt, meint er Profitmaximierung? Kann das stimmen? Besonders schwierig finde ich die Verharmlosung der Folgen von Orbáns Politik für die Gewaltenteilung und damit die Demokratie an sich, die nun mal auf „checks and balances“ („fékek és ellensúlyok“) angewiesen ist.

    Ein Land wie Ungarn mit einer derart gespaltenen Parteienlandschaft braucht dringend Institutionen, die den Grundkonsens sichern. Staatspräsident, Ombudsmann und Verfassungsgericht, aber auch der übrigen Justiz kommt damit eine immens wichtige Aufgabe zu. Sie müssen Gegengewichte zur hyperaktiven Regierung und ihrer 2/3-Mehrheit im Parlament bilden, sonst droht mittelfristig weiterer Ungemach: Die exzessive Festschreibung von Orbáns Weltbild in Verfassung und 2/3-Gesetzen wird dazu führen, dass sich auch eine eventuelle Nachfolgeregierung weiterhin am Rande des Statthaften bewegen wird. Wenn die neue Regierung selbst keine 2/3-Mehrhiet haben sollte, wovon ja ausgegangen werden muss, wird sie trotzdem nichts unversucht lassen, den Orbán’schen Beton zu sprengen. Sie wird sich Methoden bedienen, die erneut zu einer Diskussion über Rechtsstaatlichkeit führen werden und das wird das Ungarnbild weit über Orbáns Amtszeit hinaus belasten.

    Das kann man nicht wie Kuntz mit einem Federstrich und der Behauptung, auch in Deutschland gebe es keine Trennlinie zwischen Regierung und der sie tragenden Parlamentsmehrheit, beiseite wischen. Gewaltentrennung ist natürlich eine Illusion. Deswegen sprechen Politikwissenschaftler im Falle Deutschlands ja auch von einer Gewaltenverschränkung. Trotzdem gibt es bei uns kein Durchregieren, sondern ein ständiges Streben nach Konsens. Die Gründe dafür sind im Föderalismus zu suchen, in der Rolle des Bundesverfassungsgerichts, aber auch in der Selbstbeschränkung, die sich selbst die große Koalition unter Merkel trotz ihrer 2/3-Mehrheit auferlegt hatte.

    Nein, was Kuntz hier macht, ist keine genaue Analyse der ungarischen Politik. Es ist Fundamentalkritik am deutschen politischen System, an der vermeintlichen Ununterscheidbarkeit der Parteien, am europapolitischen Grundkonsens. Und dafür verwendet er Bilder, die er 1:1 aus Orbáns Reden kopiert zu haben scheint, wenn die Brüsseler Bürokratie z. B. als „postsowjetisch“ dargestellt wird. Ungarn dient eigentlich nur als Folie, vor der das alles präsentiert wird. Dabei passieren dem vermeintlichen Ungarnkenner auch peinliche Fehler: Gerade zu lustig, wie sich Kuntz beim Akronym für die frühere liberale Partei verschreibt und seinen Leser eine „MSZDSZ“ präsentiert. Vielleicht wäre noch mehr von dem Schlage enthalten gewesen, wenn Kuntz sich die Mühe gemacht hätte, Fakten über Ungarn zu präsentieren statt bloß zu polemisieren.

    • Es gibt ja eine Möglichkeit der „postsowjetischen“ Bürokratie zu entkommen. Und im ECHO TV hat man im Programm korrektura am 22.2. (Zsolt Bayer, László Gy. Tóth, Csaba Lentner) auch diese Möglichkeit vorgeschlagen: „Ettől az atlantista, cionista világba történő beszorítottságtól valamilyen módon szabadulni kell!” „Aus dieser Einzwängung in die atlantische, zionistische Welt muss man irgendwie sich befreien.“
      Die einfachste Möglichkeit das zu tun, wäre aus der EU und Nato auszutreten.
      Das würde sicher auf begeisterte Zustimmung des „Freitag“ und der nationalen Front stoßen.
      Und da ja aus dem offiziellen Budapest lediglich Erfolgmeldungen kommen, zum Beispiel über die Art wie die ungarische Polizei und der Katastrophenschutz die Lage seit dem Abend des 13.3. gemeistert hat, kann nichts mehr schief gehen.
      Allerdings brachte die Neue Kronenzeitung (NKZ) gestern einen Leserbrief von Mag. Peter Terzer unter dem Titel „Ungarische Großmannssucht und die Wirklichkeit“ und schrieb: „Freunde, schaut doch mal zu, dass ihr euer heutiges kleines Ungarn auf Vordermann bringt. Das wird euch jedermann bestätigen, der just zum ungar5ischen Nationalfeiertag bis zu 20 Stunden zwischen Györ und Budapest in seinem zum eisigen Gefängnis mutierten Fahrzeug festsaß. Eine funktionierende Schneeräumung auf der Autobahn – darf man das von einem so selbstbewußt auftretenden EU-Mitglied erwarten?“.
      Die NKZ wird am Sonntag, von jedem zweiten erwachsenen Österreicher gelesen. Ob die vielleicht auch bei der antiungarischen Weltverschwörung mitmacht, wie neuerdings die FAZ und die NZZ? (Ironie!)
      Die Berufung auf solch eine Weltverschwörung ist ein probates Mittel, um jegliche Verantwortung für Mißstände auf andere, fremde oder wie man in Ungarn so schön sagt, auf „fremdherzige“ abzuwälzen.

      • Ja Herr Pfeifer, dem Orban ist es mit Hilfe von Petrus gelungen, Anti-Fidesz-Reporter auf der Autobahn in Gefangenschaft zu nehmen. Ich hoffe Sie waren dabei, haben die Unschuldigen, die einfach nur nach Hause wollten interviewt und werden Ihre Erleuchtungen noch in Ihrem neuen Buch, das ich und alle Ungarnfreunde natürlich kaufen werden, unterbringen.
        Spaß bei Seite, ist „Mag. Peter Terzer“ Ihr Nickname in der Kronenzeitung?

  7. Der Beitrag, auf den ich ähnlich reagierte wie Ungarnfreund, erst Aha-Effekt, dann Hm-Effekt, ist in der Rubrik „Community“ abgelegt. Das soll nicht davon abhalten, sich damit auseinanderzusetzen – wie leben ja im Zeitalter der Bürgerjournalisten.

  8. Kuntz hat recht wenn er die Frage nach der Gewaltenteilung oder Medienfreiheit in Deutschland stellt. Das sind die Lobbyfritzen der Märkte mit ihren „gesteuerten Fuzzis“ (ich beziehe mich mit dieser Bezeichnung auf Rainer Brüderle) von Merkel über Steinbrück bis Westerwelle. Ein Mediengesetz wie in Ungarn braucht es nicht, das erledigen Fride Springer und Lis Mohn.

    Auch hat Kuntz recht, dass niemand so mutig war wie VO mit der Banken- und Multisteuer, der Rückholung der privaten Rentenversicherung in die staatliche, die Rückholung der Energieversorgung in die öffentliche Hand und den Plan auch die Banken zu 50% in öffentliche Hände zu bekommen. Genauso mutig ist das Bestreben von den internationalen Finanzmärkten unabhängiger zu werden.

    Kuntz hat auch recht bei den „kritischen Berichterstattern“ die meist so uninformiert sind, dass manchmal ein echtes bashing herauskommt.

    Auch ist diese Regierung demokratisch gewählt worden, keinesfalls vertritt sie jedoch 2/3 der Wahlberechtigten.

    Wo bitte ist die gleiche kritische und informierte Auseinandersetzung mit der täglichen Realität? Der, sozialen Missstände, Fremdenfeindlichkeit, Zwangsarbeit, Antisemitismus, Bildungsbeschränkung, Arbeitnehmerrechte, Begünstigungen von Günstlingen (Bodenverteileung), Transaktionssteuer, Telefonsteuer die Liste lässt sich fortsetzen.
    Die Frage was macht man aus den, wie ich finde richtigen Schritten, wirklich?

    Der Artikel hat somit für mich wenig Wert.

    Thema nicht begriffen, nicht begreifen wollen, verfehlt oder Lobbymaker?

  9. L.Hofer ich kann Ihnen versichern, dass ich diesen Leserbrief nicht geschrieben habe. Es gibt wie ich beim googlen festgestellt habe, einen Mag. Terzer in Altenmark und er ist FPÖ Gemeinderat. Da muss jemand seinen Namen mißbraucht haben, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass ausgerechnet ein FPÖ Gemeinderat etwas negatives über das Orbánregime schreibt, wollen die doch auch in Österreich ein ähnliches einführen.

  10. Unter der Überschrift „Sanfte Berliner Ermahnungen“ schreibt ein gewisser Ulrich Schmid in der NZZ voim 14.03.2013 über die Darstellung Ungarns in deutschen Medien: „Ganz anders als die nationalkonservativen polnischen Brüder Kaczynski (…) finden Orbán und seine weit folgenschwerere Politik vergleichsweise wenig Beachtung. Es ist, als ob eine gewisse Scheu bestehe, den Lesern klarzumachen, dass Orbáns Politik, die in Deutschland so einhellig verurteilt wird, in Ungarn von einer Mehrheit mitgetragen wird.“ Na so was: „vergleichsweise wenig Beachtung“. HV, das ist doch mal eine interessante Behauptung, oder?

    • Vergleichsweise wenig Beachtung? Das kann ich nicht nachvollziehen, wenn es quantitativ gemeint wäre. Sehen Sie mal, was die Zahlen sprechen:

      Nézöpont: Untersuchung zur Ungarn-Berichterstattung der internationalen Presse

      Nach der Nézöpont-Untersuchung kam Ungarn 2012 in der Presse in Deutschland, nach den USA, am häufigsten vor. 746 Artikel, in der Schweiz etwa ein Fünftel davon. Vergleichsweise gering also nur, wenn man die Zahl der Beiträge zur Bevölkerungszahl in Relation setzt, was natürlich ohne tieferen Sinn wäre.

      Was hierzulande allerdings wenig Beachtung findet, ist eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Politik Ungarns. Man greift an, verdammt, verurteilt, beschimpft. Und beschränkt sich zu sehr auf das Thema Rechtsradikalismus. Vertiefte Kenntnisse sind, jedenfalls wenn man sich die zum Teil ohne jede Sorgfalt abgefassten Artikel ansieht, nicht vorhanden. Einer schreibt vom anderen ab, weil keiner in dem Konzert überhört werden will. Hat was von einem orientierungslosen Hühnerhaufen, und der Hahn ist die dpa 🙂 …

      Da hat uns die NZZ gewiss was voraus. Die übt auch Kritik, aber mit mehr Sachkunde und weniger politischem Eifer.

  11. HV Extra Austriam est vita! ich habe lange Jahre meines Berufslebens außerhalb Österreichs verbracht, daher ist mir die „konzentrierte Provinzialität“ durch die sich laut einem neuem Buch (Zsofia Mihancsik interviewt Paul Lendvai) die heute führende Schicht Ungarns auszeichnet, fremd.
    Gestern wurde dieses Buch in Wien im 19. Stockwerk des Ringturms vorgestellt. Es war ein ehemaliger ÖVP Vizekanzler, ein ehemaliger sozialistischer Innenminister, Zeitungsherausgeber und einige Journalisten sowie natürlich auch der ORF anwesend. Es war ein angenehmer Abend, man traf Bekannte, die man schon lange nicht gesehen hat. Und mit Paul Lendvai führte Armin Thurnherr (Chefredakteur des Falter) ein einstündiges interessantes Gespräch über Politik und Privates. Paul Lendvai kann mit gutem Recht sagen: Extra Hungariam est vita!

  12. Kaum zu glauben, aber Orban muss wohl wirklich ein Halbgott sein.Jetzt hat er doch tatsächlich für den 15. März Mistwetter bestellt, nur damit die Demokraten keine Protestaktion gegen ihn veranstalten können.
    Was mich allerdings ungemein beunruhigt: seine Macht reicht schon bis Sachsen
    http://www.mdr.de/sachsen/winterrueckkehr-sachsen100.html
    und ich mittendrin!
    Vor dem Mann wird berechtigterweise gewarnt!

  13. Turó, auch Fidesz musste die Demo am 15. absagen und der weise Pfauentänzer und Turulvogelspezialist Orbán war ja gar nicht in Budapest sondern in Brüssel wo er den Drachen „Sowjetbürokratie“ tapfer bekämpfte.
    Das Problem war ja nicht das Wetter, sondern der totale Chaos und die Unfähigkeit der ungarischen Behörden, Ordnung zu schaffen. Siehe oben den Kurierartikel.

  14. Turó Rudi,
    heute beschwert sich Susanne Scholl in den Salzburger Nachrichten: „Von den österreichischen Hilfskräften, die viele Lenker und Insassen gerettet hatten, war in den gleichgeschalteten ungarischen Medien nichts zu lesen und zu hören.“
    Und eine liebe Freundin, die gestern Egyenes Beszéd auf ATV angesehen hat, sagte mir, da hätte jemand über die österreichischen Hilfskräft gesagt, sie wären „Katastrophentouristen“.
    Das merken auch solche Österreicher, die es nicht besonders interessiert, was in Ungarn passiert.

  15. Das ist ein glatte Lüge, „die gleichgeschalteten Medien“, berichteten sehr wohl darüber, und auch bedankt. Mich wundert, dass Sie, der Sie sonst immer auf dem Laufenden sind, von Galamus bis Index, von M.H. bis Mandiner, also ausgerechnet Sie, das nicht mitgekriegt haben?
    Was wäre wenn Sie einmal, ein einziges mal, nur wegen der Fairness, dorthin ein Post schicken, um alles ins rechte Licht zu rücken? Ach, das macht kein Spass, oder?
    Lieber bei jeder Gelegenheit, Gift und Galle gießen auf alles, was in Ungarn passiert, und natürlich der Schadenfreude….

Hinterlasse eine Antwort zu Karl Pfeifer Antwort abbrechen