Ákos Kertész: „Die Ungarn sind genetisch zum Untertan geboren“

Die US-amerikanische Online-Zeitung Népszava („Volkes Stimme“) greift seit je her gerne zu drastischer Wortwahl gegenüber Ungarn. Die dahinter stehenden Personen wie László Bartus und Ákos Kertész machen mitunter von ihrer Abneigung gegenüber „den Ungarn“ keinen Hehl. Zuletzt hatte dieser Blog über eine Aussage von Rudolf Ungváry berichtet.

Die Wortwahl der Népszava überschreitet hierbei mitunter jegliche Grenzen guten Geschmacks und auch die des demokratisch erträglichen Diskurses. Eine solche Grenzüberschreitung ist seit einigen Tagen Thema in der ungarischen Presse. Sehen wir, was der Schriftsteller und Filmemacher Kertész über „die Ungarn“ geschrieben hat:

Der Ungar ist genetisch zum Untertan geboren. Attila József hatte hierfür eine Rechtfertigung: „seit tausend Jahren mit sich selbst beschäftigt, bewegt er sich wie ein Fähnchen im Wind, oder befolgt Befehle.” Aber all das ist keine Entschuldigung dafür, dass der Ungar für die schlimmsten Verbrechen in der Geschichte keinen Funken Gewissensregung verspürt, dass er alles auf andere schiebt, immer auf andere zeigt, dass er sich zufrieden in der Pfütze der Diktatur suhlt, grunzt und Abfall frisst, und nicht wissen will, dass man ihn eines Tages absticht. Er kann und will weder etwas erschaffen noch arbeiten, sondern nur neidisch sein, und wenn er kann, dann bringt er denjenigen um, der es mit seiner Arbeit, seinem Fließ und seinem Erfindungsreichtum zu etwas bringt.

Heute ist für die Schrecken des 2. Weltkrieges und den Holocaust einzig und allein der Ungar verantwortlich, denn das ungarische Volk ist es (anders als das deutsche), dass bis heute seine Verbrechen weder zugegeben noch gebeichtet oder Schuld hierfür eingestanden hat, und auch nicht „Nie wieder“ zum Ausdruck gebracht oder um Verzeihung gebeten hat.

So gibt es natürlich auch keine Vergebung.

Nachdem all das das Glaubensbekenntnis, die Ideologie und der Ethos der ungarischen Rechten ist, kann nur der Geist der Linken, nur die progressive, vorwärtsgewandte und demokratische Linke hieran etwas ändern, und hierdurch den Ungarn verändern, um ihn würdig zu machen, dass er gleichrangiges Mitglied der europäischen Gemeinschaft (oder anders: der freien Welt) wird.“

Ákos Kertész ist Ungar mit jüdischen Wurzeln. Er wurde in Ungarn geboren und überlebte den Holocaust. Sein Werk brachte ihm den namhaften ungarischen Kossuth-Preis ein. Er sieht sich offenbar trotzdem nicht als Teil des ungarischen Volkes und schließt sich aus einem Volk aus, das er zum „genetisch veranlagten Untertanen“ – in der Nazisprache zur „Kuli-Rasse“ – stilisiert und in beispiellos verfälschender und vereinfachender Form für das Übel des 2. Weltkrieges verantwortlich macht. Dabei wirft er alle in einen Topf, beiläufig übrigens auch diejenigen „Ungarn“, die gegen Diktatur aufbegehrt haben, diejenigen, die heute auf die Straße gehen und gegen Rassismus protestieren, diejenigen, die heute der Opfer des Holocaust gedenken.  „Die Ungarn“ als Volk von Schweinen, die sich im Dreck der Diktatur suhlen.

Die bösartige Generalisierung („genetisch“) ist nicht besser als das Gewäsch von „Zigeunerkriminalität“, „den Negern“ oder eben auch „den Juden“. Nebenbei werden Ereignisse wie der ungarische Volksaufstand, der Aufstand von 1848 und die Öffnung des Eisernen Vorhangs totgeschwiegen. Die Lösung hat Kertész auch parat: Die Linke.

Sind solche Aussagen zu verurteilen? Ja. Weil ein ganzes Volk kollektiv verunglimpft wird. Beschwert sich die ungarische Linke über diese Plakatisierung? Nein. Wird es in der europäischen Presse ein Echo geben, das mit der berechtigten Kritik am Publizisten Zsolt Bayer (der mehrfach durch antisemitische Äußerungen auffiel) vergleichbar ist? Nein. Auch werden ungarische Pianisten diesmal wohl keine erzürnten Briefe an die US-Presse senden. Wird Magdalena Marsovszky über diesen Vorgang schreiben und ihn zutiefst verurteilen? Warten wir es ab.

Ob sich die ungarische Linke wieder einmal als würdig erweisen wird, das Volk zu führen und „zum gleichberechtigten Mitglied der freien Welt“ zu machen, entscheidet – wie wie in allen Demokratien – die Mehrheit. Wenn sie sich ausgesuhlt hat. Bis zu diesem Zeitpunkt wird Kertész uns wohl weiter mit seinen Gedanken erfreuen und die Spannung zwischen den politischen Lagern mildern helfen…

71 Kommentare zu “Ákos Kertész: „Die Ungarn sind genetisch zum Untertan geboren“

  1. Fakt ist, 42 ungarische Historiker haben gegen die Präambel der neuen Verfassung protestiert. Weil eben dort davon die Rede ist, dass Ungarn zwischen dem 19. März 1944 und 1990 nicht verantwortlich war (das ist jetzt kein Zitat, sondern der Sinn der Aussage) für das was in Ungarn geschah.
    Wollen Sie HV leugnen, dass es in Ungarn die Neigung gibt, für alles was da geschehen ist andere verantwortlich zu machen?
    Wie anders kann man die Versuche verstehen, Miklós Horthy von jeglicher Verantwortung freizusprechen, für das was nach dem 19. März 1944 geschah?
    Randolf L. Braham schreibt in „Rettungsaktionen: Mythos und Realität“ „Es war ihnen [den jüdischen Organisationen in Ungarn] nicht bewusst, dass sich der Mann, auf den sie ihre ganze Hoffnung gesetzt hatten, am 18. März 1944 auf Schloss Klesheim mit Hitler getroffen hatte. Dort hatte er der Auslieferung einiger hunderttausender jüdischer „Arbeiter“ für die „Beschäftigung“ im „Dritten Reich“ zugestimmt – eine Vereinbarung, die die deutschen und ungarischen Nationalsozialisten erfolgreich für die zügige Einleitung dert „Endlösung“ ausnutzten. Zu diesem Zeitpunkt waren Horthy, die obersten Regierungsangehörigen und politischen Führer wie auch die Repräsentanten der jüdischen Gemeinden über die Realitäten von Auschwitz informiert.
    Am 22. März 1944 berief Horhy verassungsgemäß die Sztójay-Regierung, die die deutschen und ungarischen Nationalsozialisten in die Lage versetzte, die ungarischen Juden mit einer Geschwindigkeit und in einem Ausmaß an Barbarei zu liquidieren, die ihresgleichen im nationalsozialistisch dominierten Europa suchte. Unter der Führung von weniger als 100 SS-Männern leiteten die ungarische Polizei, die Gendarmerie und die Verwaltung die nötigen Schritte ein, die für die Deportation und schließlich den Massenmord an den Juden erforderlich waren. Dies geschah mit einer solchen Routine und Grausamkeit, dass sogar die deutschen Nationalsozialisten beeindruckt waren.“

    Krisztián Ungváry schreibt in „Der Getriebene und der Treiber“ : „Für die Härte und die Eigeninitiative der ungarischen Behörden ist es bezeichnend, dass oft auch Juden aus christlichen Ehen deportiert und bis auf die Eheringe vollständig enteignet wurden. Zeigten sich die christlichen Ehepartner bereit, ins Ghetto „überzusiedeln“, wurden sie auch nach Auschwitz deportiert. Offene Widerstände wie in Berlin (Rosenstraße), gab es in Ungarn nicht.
    Für die Deutschen war das schnelle Tempo der Ungarn eine Überraschung. In vertraulichen Gesprächen gaben die Mitarbeiter Eichmanns zu, dass sie ein derartiges Entgegenkommen und eine solche Überbietung eigener Erwartungen kaum Schritt alten konnten. Die Deutschen beklagten daher bisweilen, dass die Ungarn auch nichtjüdische Personen nach Auschwitz deportieren wollten. So wurden in Délvidék 40 serbische Reserveoffiziere in die Züge geladen und nach Auschwitz transportiert.“

    Beide hier zitierten Arbeiten wurden publiziert: Brigitte Mihok (Hrsg.) Ungarn und der Holocaust / Kollaboration, Rettung und Trauma, Metropol, 2005
    Reihe Dokumente, Texte, Materialien / Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin.

    Wie steht es mit den hier geschilderten Fakten HV, sind die aus den Fingern gesogen? Wollen Sie auch Braham und Ungváry mit Zsolt Bayer vergleichen?

    • @ Pfeifer: Versuchen Sie, die Pauschalaussagen über „den Ungarn“ etwa mit all diesen historischen Exkursen zu rechtfertigen?

      Ich halte fest: All das, was Sie schreiben, lenkt nur ab. Es ist nicht geeignet, zu rechtfertigen, dass die Ungarn als genetisches Kuli-Völkchen (im Vergleich zu wem eigentlich?) diffamiert werden. Erst neulich hatten wir János Esterházy erwähnt. Ein Ungar, der den Bund mit den Nazis in der Slowakei kritisierte: Auch er „zum Untertan geboren“? Ich nehme zum wiederholten Male mit Verwunderung zur Kenntnis, dass sich Ihre Empfindlichkeit, wenn „die Ungarn“ kollektiv beschimpft werden (und zwar die heutigen, nicht die Täter von damals), in Grenzen hält. Wenn jemand durch „Zigeunerkriminalität“ die Grenzen überschreitet, oder schreibt wie Bayer, dann ist das hingegen Vortragsreisen wert. Und ich betone nochmals: Hier wird nicht Orbán und seine Regierung verunglimpft, sondern die „genetisch zum Untertan“ bestimmten Ungarn. Sie benötigen „die Linke“, um umerzogen zu werden. Schade, dass Sie sich aus irendeinem Grund gehindert fühlen, solche Ausraster zu kritisieren.

      Auch Ágnes Heller hat bei ihrem berühmten Brüssel-Vortrag behauptet, die Ungarn seien ein Volks von Untertanen. Sie hatte allerdings noch keinen „genetischen“ Bezug hergestellt.

      • HV selbstverständlich ist A.K. im heutigen Ungarn kein weißer Rabe, keine Ausnahmeerscheinung. Im öffentlichen Raum schwirrt es nur so von Pauschalurteilen. Und das nicht nur seit kurzer Zeit.
        Ich kenne eine Menge Ungarn „nichtjüdischer Abstammung“, die ähnliche Sprüche wie A.K. über „die Ungarn“ während des Kádárregimes gemacht haben. Die so empört und mit Wut auf den Spruch vieler Ungarn, dass man – und jetzt wird es leider vulgär – gegen den Wind nicht urinieren kann. („széll ellen nem lehet pisálni“) reagierten. Mich hat das erstaunt, aber nicht überrascht, denn in Österreich pflegte der heute allgemein verehrte und geschätzte zu früh verstorbene Thomas Bernhard ähnliche Pauschalurteile über Österreicher zu fällen. Schriftsteller neigen zu solch einer Sprache.
        Ich kann nicht über die literarische Qualität von A.K. urteilen, da ich ihn lediglich als Publizisten kenne. Bernhard war aber einer unseren bedeutendsten Schriftsteller und Dramatiker. Und er beschimpfte „die Österreicher“ wie es zuvor nur Karl Kraus getan hatte. Vor der Premiere seines Dramas „Heldenplatz“ karrten Bauern Tonnen von Mist vor das Wiener Burgtheater und die am weitesten verbreitete Zeitung geiferte gegen ihn. Heute sind seine Werke ein Thema für die Reifeprüfung (wir sagen Matura).
        Und da ich weder zur ungarischen Linken noch zur Rechten gehöre, kein Ungar bin und die Sprache verstehe, denke ich, dass es auf der rechten Seite in Ungarn genau solche pauschale Sprüche über die Linke gab und gibt, wie jetzt Ákos Kertész über die Rechten und über „die Ungarn“ von sich gab. Und was für Pauschalurteile gibt es in Ungarn über „die Juden“?
        Haben da nicht Politiker von den „fremdherzigen“ (idegenszivüek) gesprochen, hat man da nicht immer wieder die Verbrechen, die unter Béla Kún und Mátyás Rákosi begangen wurden, Juden pauschal in die Schuhe geschoben, während man Horthy von jeder Schuld freisprach?
        Magdalena Marsovszky hat viele Zitate in ihren Artikeln gebracht, die das belegen.

        Ich denke, dass Verallgemeinerungen bzw. Pauschalurteile unethisch und kontraproduktiv sind und zwar egal von wem sie kommen.

        Man kann einen heute lebenden jungen Menschen nicht verantwortlich machen für die Taten der Vorfahren. Und doch wurden während der letzten 21 Jahre Mitglieder der demokratischen Opposition, deren Eltern, Großeltern im Kádárregime eine Rolle spielten, für ihre Vorfahren verantwortlich gemacht.
        Eine Gesellschaft aber, der es gelingt, sich mit der eigenen Geschichte auseinanderzusetzen ist sicher stabiler, als eine andere wo man versucht
        diese unter dem Teppich zu kehren.
        Der Kern der historischen Aussage von Kertész stimmt und das versuchen doch einige auf der rechten Seite zu leugnen. Das ist ein Problem, dass sich aber natürlich mit Pauschalurteilen über „die Ungarn“ nicht aus der Welt schaffen läßt. Und selbstverständlich ist es nicht so wie A.K. das sieht, auf der einen Seite die immer moralisch agierende Linke und auf der anderen Seite, die immer irrende Rechte. Wenn das so gewesen wäre, dann wären die letzten Wahlen nicht so ausgegangen, wie sie sind.
        Also einigen wir uns, soweit A.K. Pauschalurteile gefällt hat, so sind sie wie alle anderen Pauschalurteile zu verurteilen.
        Diesen Artikel von A.K. werden nicht viele gelesen haben. Aber die Artikel von Zs.B. in Magyar Hirlap lesen viel mehr Menschen und er hat nicht nur einen antisemitischen Artikel geschrieben sondern mehrere und und nachdem Z.B. seinen Artikel über „stinkende Exkremente“ und „Orgovány“* am 4.1.2011 publiziert hat, ließ sich Ungarns Ministerpräsident V.O. mit diesem „Fäkal-Antisemiten“ Ende März 2011 fotografieren. Gab es da im konservativen Lager oder gar bei Fidesz Empörung?

        Ich fürchte es wird lange dauern, bis man in Ungarn pfleglich miteinander umgeht und stelle mit Bedauern fest, A.K. ist diesbezüglich leider keine Ausnahme.

        * Karl Kraus schrieb über dieses Pogrom von Orgovány:
        »Im Wald von Orgovan bei Kecskemet haben Horthys Offiziere, vor allen der berüchtigte Massenmörder Hejjas, hunderte von Unschuldigen zu Tode gemartert und dann an die Bäume gehängt.«
        [Die Fackel: Nr. 577-582, 11.1921, 23. Jg..]

      • Ich einige mich mit Ihnen sehr gerne auf der Grundlage, dass Pauschalurteile schlecht sind. Was Zsolt Bayer betrifft, müssen Sie mich nicht überzeugen. Und es mag sein, dass mehr Menschen Bayer zu lesen bekommen – Ákos Kertész gehört jedoch zu denen, die sich zu den „Intellektuellen“ zählen, weshalb ich mich frage, wie viele „intellektuelle“ Menschen in Ungarn so denken wie er. Ich finde das traurig, da so nur die Gräben vertieft werden können. Gerade die mit Hirn müssten dafür sorgen, dass man mehr miteinander redet.

    • Herr Pfeifer, was hat das alles mit den Aussagen von Kertész zu tun? Sie schreiben jetzt wieder mal über die Rolle von Ungarn im II. WK (ja, ich weiß, Kertész schreibt auch darüber), aber über die eigentlichen Aussagen von Kertész verlieren Sie kein Wort.

      Ist das genetische Verurteilen eines gesamtes Volkes als minderwertig („Untertan“) nicht astreine Rassentheorie?

  2. Haha, wenn dieser Artikel nicht so geschmackslos wäre, wäre er beinahe schon lustig, denn ernst nehmen kann man ihn nicht. 😉

    Ist das genetische Verurteilen eines Volkes nicht astreine Rassentheorie?
    Wie kommt es, dass es gemäß der ungarischen linken Ideologie den Nationen- und Volksbegriff nicht als biologische bzw. genetische Kategorie gibt und geben kann (meiner Ansicht nach auch nicht), gemäß Kertész das aber anscheinend doch möglich ist?
    Kertész grenzt das Volk der Ungarn nicht nur genetisch ab, sondern weist ihm auch noch bestimmte Eigenschaften zu.

    Inwieweit sind die Ausführungen von Kertész besser oder „demokratischer“, liberaler“ und „toleranter“, als die Ausführungen von manchen Rechtsextremen, die behaupten, Roma seien genetisch zur Kriminalität veranlagt?

    Und unabhängig von der „Genetik-Frage“:
    Die Aussage „dass der Ungar für die schlimmsten Verbrechen in der Geschichte keinen Funken Gewissensregung verspürt“ ist auch eine kollektive Kategorie, ein kollektives Urteil.
    Was soll das heißen? „Der Ungar“, der heute lebt, also alle Ungarn inkl. der zehn Jährigen, sollen ein schlechtes Gewissen wegen den Verbrechen im II. WK verspüren?
    Inwieweit ist das eine liberale, d.h. freiheitsfördernde und tolerante Sichtweise? (Dass man bzgl. der unrühmlichen Rolle von Ungarn im II. WK bestimmte Tatsachen akzeptieren muss, ist klar.)

  3. Die amerikanische Népszava hat sich zu Wort gemeldet:

    Die Amerikanische Népszava bewertet den Begriff „genetisch“ im Brief von Ákos Kertész nicht im Sinne von rassischer, sondern nationaler Eigenschaft, sie betrachtet den Ausdruck als schriftstellerischen Begriff, der von der Freiheit des Schriftstellers gedeckt ist. Sie legt den Begriff im Sinne von „grundsätzlich“ aus. Sie hält die Wortwahl wegen ihrer Missverständlichkeit für unglücklich, gleichwohl als von der freien Meinungsäußerung gedeckt, und verurteilt die absichtlich verhetzende, antisemitische und rechtsextreme , Interpretation des Textes.

    Wie tief kann man eigentlich noch fallen? So viel Nachsicht wird einem Schmierfinken wie Zsolt Bayer nicht zuteil. Zu Recht, möchte ich anmerken.

    Zudem hat Kertész ja noch einige andere nette Sachen geschrieben. Mit allem, was er schreibt (außer dem Begriff „genetisch“) „stimmt die amerikanische Népszava voll und ganz überein“. Natürlich seien die Reaktionen auf Kertész Aussagen mehrheitlich ein guter Beweis für deren Richtigkeit. Hört, Hört.

    Na dann: Hoffen wir am besten, dass die Linke zeitnah kommt, um „den Ungarn“ umzuerziehen, damit er in die Gemeinschaft der freien Völker – neben die Népszava – aufschließen kann. Dann wird nämlich – laut Kertész und der Népszava – alles wieder gut.

    • Hehehe, aber die haben schon Humor, auch wenn sie sich dessen nicht ganz bewusst sind. 😉 Da schreibt jemand einen verhetzenden, rassistischen Text, der dann im Nachhinein uminterpretiert und gegen die „absichtlich verhetzende, antisemitische und rechtsextreme Interpretation des Textes“ verteidigt werden muss. Letztendlich ist für die Wortwahl und den Inhalt nicht der Autor verantwortlich, sondern der böse (rechte) Leser, der ihn falsch interpretiert.

      Es ist zum Teil wirklich so, wie ich letzthin mal in einem unernsten Kommentar geschrieben habe: es gibt die gute Seite und die böse Seite und bestimmte Taten sind halt einfach der bösen Seite vorbehalten, die gute Seite kann diese Taten nie begehen, weil sie in ihrer Moralität sich weit über diesen Taten bewegt. Selbst, wenn sie dasselbe tut, ist es dann doch nicht dasselbe. Wer das annimmt oder „falsch versteht“, ist selber böse, dass er überhaupt auf diese Idee kam.

      All animals are equal, but some animals are more equal than others. 😉

      • @ Rudolf: Das Phänomen, das Sie im ersten Absatz ansprechen, ist sonst nur von rechtsextremen Hetzern und denjenigen, die sie rechtfertigen, bekannt. Seid doch nicht sooo, man kann den Text auch gaaaanz anders verstehen. Notfalls deuten wir ihn eben um. Wohl bekomm´s. 🙂

      • Was wird wohl a nyomdaipari terméké bezüglich Bayer von sich geben?
        Hoffen wir:Alles wird gut!

  4. *Die Amerikanische Népszava bewertet den Begriff „genetisch“ im Brief von Ákos Kertész nicht im Sinne von rassischer, sondern nationaler Eigenschaft, sie betrachtet den Ausdruck als schriftstellerischen Begriff, der von der Freiheit des Schriftstellers gedeckt ist. Sie legt den Begriff im Sinne von „grundsätzlich“ aus. Sie hält die Wortwahl wegen ihrer Missverständlichkeit für unglücklich, gleichwohl als von der freien Meinungsäußerung gedeckt, und verurteilt die absichtlich verhetzende, antisemitische und rechtsextreme , Interpretation des Textes.“

    Na, da wird sich aber Tilo Sarazzin freuen, wenn er diesen Vergleich liest!!

  5. „Sind solche Aussagen zu verurteilen? Ja. Weil ein ganzes Volk kollektiv verunglimpft wird. Beschwert sich die ungarische Linke über diese Plakatisierung? Nein. Wird es in der europäischen Presse ein Echo geben, das mit der berechtigten Kritik am Publizisten Zsolt Bayer (der mehrfach durch antisemitische Äußerungen auffiel) vergleichbar ist? Nein.“

    Genau so ist es. Genau so wird es aller Wahrscheinlichkeit nach sein. Guter Beitrag, HV, danke.

  6. Der Text müsste eigentlich justiziabel sein, aber natürlich nur wenn man „Ungar“ durch „Jude“ oder „Zigeuner“ ersetzt.

    • Kollege Kálnoky Sie irren sich, in Ungarn ist es justiziabel, denn das Gesetz schützt dort auch die Mehrheit.

      Nur wird man wahrscheinlich nicht einen Schriftsteller anklagen, denn dann wird auch über die Gründe gesprochen werden, die ihn dazu veranlassten.
      Ich habe oben das Beispiel Thomas Bernhard gegeben, dessen Österreich-Beschimpfungen legendär sind. Heute wird er mit Recht verehrt.

      Es ist interessant zu beobachten, wie sich da manche aufregen wegen einem Artikel auf einer Website, die doch wenige lesen; deren Empörung aber kein Ausdruck verliehen wurde, als sich Ungarns Ministerpräsident drei Monate nachdem Zsolt Bayer sein Elaborat in Magyar Hirlap publizierte, mit diesem „Fäkal-Antisemiten “ fotografieren ließ.
      Pauschalurteile sind eine böse Sache. Doch wie ich beweisen kann leider nicht auf A.K. beschränkt.
      Nun aber da in 2500 ungarische Amtsstuben ein nationaler Schreibtisch eingerichtet wurde und man die neue Verfassung zugeschickt bekommen kann, wird alles in Ordnung kommen, die Ungarn werden sich alle wie Brüder und Schwester benehmen, sich nicht mehr beschimpfen, sondern sich gegenseitig lieben. Hoffen darf man ja.

      • Herr Pfeifer, warum können Sie nicht anders, als abzulenken? Was hat dieser lächerliche Verfassungstisch mit dem o.g., doch recht ernsten Thema zu tun? Ihr Versuch, von der inakzeptablen Aussage Kertész abzulenken, ist so zwanghaft wie entlarvend.

        Übrigens: Das, was Sie zu „beweisen“ glauben, ist jedermann bekannt. Pauschalurteile gibt es zu oft. Der dahinter stehende Gedanke ist es, was hier interessiert. Einer, der die Kollektivschuld aller lebenden Ungarn postuliert, das Volk beleidigt und dann noch rassentheoretische Ergüsse bringt, ist zu verurteilen.

        Übrigens hat Kertész mittlerweile nachgelegt und klargestellt, er werde sich bei niemandem entschuldigen. Er habe die Aussage in einer amerikanischen Zeitung geroffen und sei in Ungarn „niemandem Rechenschaft schuldig“.

  7. @ Herrn Pfeifer
    *Man kann einen heute lebenden jungen Menschen nicht verantwortlich machen für die Taten der Vorfahren. Und doch wurden während der letzten 21 Jahre Mitglieder der demokratischen Opposition, deren Eltern, Großeltern im Kádárregime eine Rolle spielten, für ihre Vorfahren verantwortlich gemacht.*

    Wenn ich jetzt (rein theoretisch natürlich;-) ) schreiben würde, mein Grossvater war táblabiró unter Horthy, würde ich da nicht auch sofort in eine Schublade gesteckt werden????
    Hat zwar jetzt nix direkt mit Kertesz zu tun, war nur eine kurze Gegenfrage zu Ihrer obigen Aussage.
    (würde mich aber schon interessieren)

    • kullancs, es tut mir Leid, dass ich Ihre an mich gerichtete Frage übersehen habe. Ich denke, es ist heute Konsensus in Ungarn, dass die Sippenhaftung zur Zeit der Rákosidiktatur ein Verbrechen war und die Aussiedlung von Menschen aus Budapest unrecht war.
      Daher glaube ich, würde ihnen – vielleicht mit der Ausnahme von ein paar Altstalinisten in der Thürmerpartei – niemand einen Vorwurf machen, wenn Sie erklären würden, ihr Großvater war was immer er war in der Zwischenkriegszeit.

      Ich arbeite seit langer Zeit in Wien zusammen mit einem Historiker, dessen Vater bei der Waffen SS war. D.h. worauf es ankommt, ist wie sich heute ein Mensch positioniert und nicht was sein Vater oder Großvater getan hat. Denn wir können nicht die Vergangenheit ändern, sind aber für die Gegenwart voll verantwortlich.

  8. „Ich denke, dass Verallgemeinerungen bzw. Pauschalurteile unethisch und kontraproduktiv sind und zwar egal von wem sie kommen. “ – Das ist ja der Witz des Jahrtausends wenn man bedenkt wie Sie vor ihrem „geschätzten“ Antifa-Publikum über Ungarn geredet haben und wie Sie hier regelmäßig kommentieren… Einmal mehr die zwei Maße des Herrn Pfeifer…

  9. Ich sehe den Artikel von A.K. als entgleisten Versuch sich verbal auf die gleiche Ebene der Hardlinernationalisten zu stellen. Die verstehen keine andere Sprache.

    Er kann auch keine paradoxe Intervention erreichen, weil zu wenige diesen Artikel lesen.

    Ungarische „Wahrheiten“ werden ungarisch präsentiert, bedauerlicherweise auch mit Pauschalierungen und Entgleisungen.

    Ich stimme K.P. zu es wird leider lange dauern

  10. HV Ablenken? Nein. Verharmosen? Keineswegs, denn ich habe klipp und klar gesagt, dass Pauschalurteile, von wem sie immer kommen nicht akzeptiert werden können. Ich habe aber den Protest aus dem konservativen rechten Lager vermißt, als diese Pauschalurteile über Linke und Juden von konservativen Rechten gefällt wurden.
    Und warum ich den nationalen Tisch erwähnte, ganz einfach lesen Sie was Imre Kerényi dazu erklärte
    http://galamus.hu/index.php?option=com_content&view=article&id=87928

  11. Ákos Kertész ist ein sehr guter Schriftsteller, der mit seinem scharf sozialkritischen Roman „Das verschenkte Leben von Ferenc Makra“ (mehrere ost- u. westdeutschen Ausgaben) Furore machte und auch mit anderen Werken populär geworden und bis heute ist. (Ursprünglich arbeitete er als Karosserieschlosser und absolvierte dann die philosophische Fakultät der Budapester Universität.)
    Nun ist seine Aeusserung über „den“ Ungarn, grundfalsch und provoziert Reaktionen teilweise von Menschen und politischen Gruppen, die diese Provokationen überhapt nicht brauchen. „Der“ Ungarn existiert weder im negativen noch im positiven Sinn, es gibt solche und andere. Über die Proporzen lässt sich diskutieren. Beispielsweise betrachte ich mich auch als Ungar und finde diese Charakteristik in meinem Fall keineswegs zutreffend. Am wenigsten empfinde ich mich als „genetisch“ geprägt (das Unglückswort hat, nebenbei gesagt, Viktor Orbán seinerzeit zur Diffamierung der Linken eingesetzt).Hat man politische Gegner oder gar Feinde, dann muss man sich davor hüten, ihre Stilistik anzunehmen. Aber auch diejenige, die jetzt „Kreuzigt ihn!“ auf Ákos Kertész rufen, müssten bedenken, dass dieser emotianale Ton eine (leider unadequate) Reaktion auf die Hasskultur ist, die bei uns nach dem Systemwechsel entstanden ist.

      • Vielleicht nur eine Ergänzung: Der Umstand, dass Teile der ungarischen Gesellschaft (vor allem Rechtsextreme) eine solche Sprache verwenden (dass sich Orbán so geäußert hat, war mir nicht bekannt), sollte keinen Grund dafür bieten, sie zu übernehmen. Das ewige und so ermüdende Hin und Her (was Du darfst, darf ich auch) ist es, womit Ungarn seit 20 Jahren kämpft. Man erlaubt sich Grenzüberschreitungen und deutet auf den anderen. Wie auf diese Art und Weise die dringend benötigte kultivierte Streitkultur entstehen soll, weiß ich jedenfalls nicht. Ich bin mir nur sicher: Man kann sie nicht „importieren“.

        Und die Frage, wer angefangen hat, ist (wie immer) so schwer zu beantworten wie die nach der Henne oder dem Ei. Leichter dürfte die Antwort auf die Frage fallen, warum nur ein Teil von Grenzüberschreitungen im Mainstream „Nachrichtenwert“ haben. Man gewinnt den falschen Eindruck, nur „eine Seite“ würde sich solche rabiaten Aussetzer leisten. Das wird der Darstellung der total zerstrittenen ungarischen Gesellschaft leider nicht gerecht.

        Jedenfalls danke ich für Ihre Klarstellung.

    • Herr Dalos, könnten Sie vielleicht eine Quelle über Orbáns Äusserung zu den genetischen Defekten der Linken anbieten? Mir war das auch nicht bekannt.

      • Hab’s schon — 2005, ich war da schon nicht mehr in Ungarn:

        Ennek megfelelően fél évvel később, Tusványoson Orbán elmondta legélesebb hangú, legtöbbet vitatott beszédét. Nem kevesebbet állított, mint hogy „a baloldal, amikor csak teheti, ráront saját nemzetére. Így tesz a mostani magyarországi baloldal is, amelynek a jövőben nemzeti fordulatot kell végrehajtania.“ Majd a leggyanúsabb mondat: „Sokan persze szkeptikusak, mondván, hogy különböző, hát genetikailag túlzás lenne mondani, inkább fogalmazzunk úgy, történelmi meghatározottság miatt ennek esélyei csekélyek.“ Beszédét nagy felháborodás kísérte. Lendvai Ildikó, az MSZP akkori frakcióvezetője azt vetette Orbán szemére, hogy a „fél ország hazafiasságát kérdőjelezte meg“

        Quelle hier ist aus Népszava aber ich denke, die Zitate werden so stimmen. Wenn es so gesagt wurde, ist es ein klarer Punkt gegen Orbán, muß ich sagen – die indirekte Kombination Linke = Juden = wegen ihrer Rasse vaterlandslose Gesellen — ist offenbar die Stoßrichtiung der Aussage. Vom geifernden A.K. zwar noch weit entfernt, aber die Formulierung ist inakzeptabel.

  12. Die Amerikanische Népszava legt erneut in gewohnt geschmackvoller Weise nach. Nach der bemerkenswerten „Umdeutung“ der Worte von Kertész behauptet Herausgeber László Bartus nun unumwunden, die Kritik an den Aussagen des Schriftstellers sei primär rassistisch und antisemitisch motiviert.

    http://nepszava.com/2011/09/velemeny/bartus-laszlo-kertesz-akos-es-a-fajgyulolet.html

    Ein Auszug:

    Sein (Anm.: Kertész´) Artikel war nicht rassistisch, aber die Motivation derer, die ihn angegriffen haben, schon. Niemand soll Zweifel daran haben, was den Aufruhr verursacht hat, warum die Welt durch das, was Kertész schrieb, aus den Fugen geriet. Aus zwei Gründen beschwert sich das rechte „Lager ist eins“. Der erste ist, dass Ákos Kertész Jude ist. Der zweite: Ein Jude hat es gewagt, einzelne Eigenschaften der Ungarn zu kritisieren.“

    Da sind sie erneut , einzelne Eigenschaften „der Ungarn“. Gerade so, als hätten „Ungarn“ solche und „Juden“ jene Eigenschaften. Wo beginnt eigentlich die unsägliche Rassentheorie, Herr Bartus?

    Weil man schwerlich sinnvolle Argumente für die Aussagen Kertész´ ins Feld führen kann, versucht Bartus es so: 1. Kertész wurde missverstanden. 2. Natürlich ist die Kritk (ohne jede Differenzierung) antisemitisch motiviert. Sprich: Man kritisiert Kertész angeblich nicht für das, was er sagte, sondern für das, was er ist…

    Und was ist mit denjenigen ungarischen Juden, die nicht mit Kertész übereinstimmen? Sind sie möglicher Weise auch Antisemiten und Teil des rechten Einheitslagers?

    Bartus ist ein „Árokásó“ (einer, der die Gräben vertieft), der glaubt, eine notwendige Diskussion auf diese Weise beenden und Kritiker über einen Kamm scheren zu können. Die US-Népszava wird ihrem Ruf voll und ganz gerecht. Und allen deutschsprachigen Lesern, denen derartige Ergüsse aufgrund der Sprachbarriere verborgen bleiben: Willkommen in der ungarischen Politik!

  13. Lieber Herr Kálnoky,
    der Orbán-Satz ist korrekt zitiert – ich entnahm es dem NOL aus der Zeit der Veröffentlichung. Er sprach wie so oft in seiner kryptischen Art: benützte das Wort „genetisch“ um „die“ Linke (siehe „der Ungar“) in seiner antinationalen Haltung zu kritisieren, dann relativierte er diesen Begriff („vielleicht ist dieser Ausdruck etwas übertrieben“) und sprach von „historischer Determiniertheit“ „der“ Linken. Schliesslich räumte er sogar die Möglichkeit ein, „die Linke“ könnte auch national werden, denn „sie“ hat schon so oft ihre Haltung geändert, dass das auch gehen sollte. Der Kontext seiner Rede war das misslungene Referendum um die ungarische Staatsangehörigkeit der in den Nachbarstaaten lebenden Landsleute im Dezember 2005.
    Ich glaube, ein Politiker vom Kaliber Orbáns musste wissen,dass solche Verallgemeinerungen, selbst, wenn sie politisch profitabel erscheinen, die Spaltung der Gesellschaft vertiefen. Und das ist eigentlich keine Kunst.
    Ungarn ist ein Land, in dem uralte Feindschaften immer allzuleicht aktualisiert und in dem selbst alte Ungerechtigkeiten mit neuen „zurechtgemacht“ werden.

    • Lieber Herr Dalos,

      Orbáns Äußerung verurteile ich nicht in erster Linie, weil sie spaltet, sondern weil sie – wahrscheinlich opportunistisch, nicht aus innerer Überzeugung – Rassismus nutzt, um innenpolitisch zu punkten. Das ist für mich tabu.

      Die Vertiefung der Polarisierung in Ungarn auf Orbán zu schieben, wirkt ein wenig einseitig – Ungarn ist eine tief gespaltene Gesellschaft, ich wüsste gar nicht, wen ich auf Anhieb nennen soll unter den Politikern des Landes, der diese Spaltung zu überbrücken versucht, statt sie zu vertiefen.

      Es ist auch eine von Herrn Lendvai und anderen gerne benutzte Formel: Bitte weniger polarisieren. Ich halte es für einen Kode, der in Wirklichkeit oft bedeutet: Wer uns (Linken, Liberalen) widerspricht, der vertieft die Spaltung der Gesellschaft.

      Von diesem Mißbrauch des „Spaltungs“-Arguments abgesehen, bin ich natürlich auch der Meinung, dass man gemeinsamen Boden suchen und aufhetzende Sprache vermeiden muss. Ich begrüße dies auch in Beiträgen von Herrn Hefty.

      Das tut man am Besten aber nicht dadurch, das man auf der links-liberalen Seite jeden Dialog verweigert, im Parlament Arbeitsverweigerung betreibt und ansonsten – spaltet.

      Es wäre viel gewonnen, wenn man einen Runden Tisch zur historischen Wahrheitsfindung hätte, und so die Verbrechen des Kommunismus wie des Faschismus aufarbeiten würde. Wie schön wäre es, wenn gewisse Exponenten des politischen Diskurses auf der Linken – sagen wir, Frau Heller – einräumen würden, dass sie einem letztlich verbrecherischen Regime dienten – und auf der anderen Seite die enorme historische Schuld des ungarischen Staatsapparates und vieler Ungarn für den Holocaust aufgearbeitet werden würde.

    • Anbei die Sätze Orbans korrekt zitiert:

      „In Ungarn ist der nationale Lebenswille nicht stark genug /…/. Wenn die Linke ab und zu dazu die Möglichkeit bekam, griff sie ihre eigene Nation an. So wurden die ihrigen 1919 durch Béla Kun angegriffen, und so hat auch Rákosi seine Arteigenen angegriffen. Genau dies taten in der neuzeitlichen Ausgabe diejenigen, die die Revolution 1956 niederschlugen. Zwar nicht mit den gleichen Mitteln, aber auch die gegenwärtige Regierung griff unsere Nation an. /…/ Die Linke müsste eine nationale Wende vollziehen. /…/ Sie hat aber genetisch oder eher wegen ihrer historischen Determination dazu wenig Chancen.“ (Quelle: Zitiert in: KULCSÁR, Hajnal (2005): Orbán a választásokra hangolta közönségét Tusnádfürdön (Orbán stimmte sein Publikum auf die Wahlen), in: hvg.hu, 26.07.2005 (http://hvg.hu/vilag/20050726balvanyos).

      Und ich habe diese Sätze wiederum in meiner Publikation zitiert, hier: Magdalena Marsovszky
      „Die Märtyrer sind die Magyaren“. Der Holocaust in Ungarn aus der Sicht des Haus des Terrors in Budapest und die Ethnisierung der Erinnerung in Ungarn, in: Globisch, Claudia/ Pufelska, Agnieszka/ Weiß, Volker (Hg.): Die Dynamik der europäischen Rechten. Geschichte, Kontinuitäten und Wandel, Wiesbaden: VS 2010, 55-74.

  14. „Ich glaube, ein Politiker vom Kaliber Orbáns musste wissen,dass solche Verallgemeinerungen, …die Spaltung der Gesellschaft vertiefen. Und das ist eigentlich keine Kunst.
    Ungarn ist ein Land, in dem uralte Feindschaften immer allzuleicht aktualisiert und in dem selbst alte Ungerechtigkeiten mit neuen „zurechtgemacht“ werden.*

    Na, dann sollte einer vom Kaliber Kertész erst recht wissen,
    dass er mit seinen Aussagen die Spaltung der Gesellschaft noch mehr vertieft.
    Scheint aber wohl gewollt zu sein.
    Muss ein erhebendes Gefühl sein im Abfall herumzustochern.
    Wenn das ein Teil der ungarischen Elite ist,die es mit Arbeit, Fleiß und Erfindungsreichtum zu etwas gebracht hat, dann vertiefen sich meine Zweifel an der freien Welt insgesamt noch mehr.

  15. Pingback: Ákos Kertész: Holprige Erklärungsversuche auf ATV « Hungarian Voice – Ungarn News Blog

  16. Sehr glatt gelungen, aber am Ende eben doch Népszabadság – die zu bekämpfende rassistische Denkweise, steht da, sei einer längst überwundenen Zeit anhängig, jene der Könige, Nationen und Religionen ( Az ellen az irracionális gondolkodásmód ellen, ami évszázadokon át természetes volt és egyeduralkodó. Mert az illett nemzetek, királyok és vallások harcának korához.)

    Historisch falsch insofern, als die Art von Rassismus, die Worte wie „genetisch“ benutzt, ein Produkt der Moderne ist; „Nation“ als gegen andere gewendeter Begriff ebenfalls, sagen wir 19. Jahrhundert; und der einzige Grund, warum dieser Satz in dem anfänglich guten klingenden Stück steht, ist letztendlich, um kodiert und „a la Orbán“ den Feind indirekt zu markieren: Der Feind, der Rassist, der bekämpft werden muss, das sind jene Menschen, die Begriffe wie Nation, König (Stefan) und Religion gut finden. Konservative sind rassistisch, das ergibt sich am Ende aus diesem Text, der so tut, als wolle er primär Kertész verurteilen.

  17. Kollege Kálnoky, es ist ein Vorurteil, dass die Linke pauschal immer gegen Rassismus und Antisemitismus und die Rechte immer für Rassismus und Antisemitismus Stellung bezogen hat. Bela Vago publizierte: „The Attitude toward the Jews as a Criterion of the Left-Right Concept. Er bemerkte u.a. „The Transylvanian Hungarian Party, led principally by reactionary aristrocats and elements of the gentry, was far from democratic. Nevertheless, it not only accepted so-called „Hungarian Jews“ in its ranks, but even assigned them to leading positions.“
    Vago resümiert: „Though the percentage of the Jews in the leadership of the Communist Party and of the left-wing factions of the Socialists was very high, the extreme Left could count on the support of only a tiny fraction of the Jewish population in all the countries of the area.“
    „Jews and Non-Jews in Eastern Europe“, 1974, John Wiley & Sons, New York
    Israel Universities Press, Jerusalem
    Das vorausgeschickt, glaube ich nicht, dass Révész mit diesen wenigen Sätzen seine Ablehnung des von A.K. geäußerten Pauschalurteils mildert.

  18. Lieber Herr Kálnoky, den Runden Tisch habe ich in meiner Dankesrede zum Anlass der Preisverleihung in Leipzig 2010 vorgeschlagen. Aber ich dachte in erster Reihe an Politiker, welche ein Minimalkonsens erarbeiten sollten. Ich glaube, die historischen Reflexe bei den Rechten und Linken sind zu stark, um sie ganz zu eliminieren. Aber ein Gleichgewicht, ungefähr so, wie in Spanien nach Franco wäre möglich. Übrigens sah ich in Madrid 2009 eine äusserst gute Ausstellung über die Rolle der Sowjets im Bürgerkrieg, deren Material teilwese von Archiv der ehemaligen Spanischen KP gespendet wurde.
    Was Ihre Behauptung über Ágnes Heller anbelangt, sie hätte einem verbrecherischen System gedient, so stimmt das meines Erachtens nicht. Sie war als Lukács-Schülerin eine kommunistische Ketzerin, was vielleicht wenig schmeichelhaft für ihre damalige geistige Horizont war, aber zu der Zeit schon etwas bedeutete. Wenn Sie an ihre Selbstdemütigung nach der Revolution 1956 anspielen, so geschah dies nachweislich in einer bedrohlichen Situation. Trotzdem müsste sie die Sache offen zugeben.Nach Lukács´s Tod wurde sie aus der Partei ausgeschlossen und zusammen mit anderen Schülern aus dem Lande herausgeekelt. Das sind Tatsachen.
    Zurück zur „Spaltung“: Mag sein, dass manche Linke dieses Argument zu ihrem Schutz vor rechten Angriffen ge- oder missbrauchen, aber der Topos „vaterlandslose Gesellen“ wurzelt seit lange in der Tradition. Und die Partei Fidesz begann spätestens seit der Wahlkampagne 2002 damit, den politischen Gegner als „unungarisch“, „ungarnfeindlich“ zu diffamieren. Sie können natürlich darauf sagen, dass manche linke Kreisen darauf mit einer pauschalen „Rassismus“-Anklage reagierten, aber das ändert wenig an dem bereits verursachten Schaden. Den circulus vitiosus müsste man brechen, aber wirklich in der Lage wäre nur die Regierungspartei dazu. Ákos Kertész ist ein bedauerlicher Fall, aber die Angriffe der Rechten (undzwar keineswegs nur der Radikalen) richteten sich auch gegen Leutem, die so gut wie nichts mit der linken oder dem ancieme regime zu tun hatten. Wann war schon Imre Kertész, Péter Esterház oder Péter Nádas ein Linker? Sie haben einfach kritische Worte über die ungarischen Zustände, wie sie diese sahen, geäussert und wurdens keineswegs toleranter behandelt, als Ákos Kertész. Wie weit darf eigentlich die Freiheit gehen, über das eigene Land im Ausland zu sprechen. Gibt es hier überhaupt genaue Kriterien.
    Mit freundlichen Grüssen
    György Dalos

  19. Lieber Herr Dalos,

    Es ist wohltuend, dass Sie sich jenseits der Kritik an Fidesz Gedanken machen um die Herstellung eines demokratischen Minimalkonsenses. Und ebenso, dass Sie sich die Mühe machen, hier für diesen Gedanken zu werben.

    Dass aber nur eine Seite, natürlich die Gegenseite, etwas tun müsste, halte ich als Ansatz für fragwürdig.

    Wie weit darf man gehen? Mein Kriterium wäre klar: Man darf einem Gegner, der die demokratischen Grundregeln akzeptiert – das trifft auf alle Parteien außer vielleicht Jobbik zu – nicht die demokratische Legitimation absprechen. Das tun aber beide Seiten.

    Die Rechten werden von der Linken als faschistoid, und die Linken von den Rechten als Kommunisten dargestellt. Beide Seiten wissen, dass es eigentlich keine Faschisten und keine Kommunisten mehr gibt, es geht um Taktik. Das schadet dem politischen Prozess im Inland und dem Ansehen des Landes im Ausland.

    (Die Bühne für die verbalen Exzessse ist für die Linke oft das Ausland, siehe A.K., Heller, Markovszky etc. – ich sage das im Hinblick auf ihre Frage oben; für die Exzesse der Rechten ist die Bühne eher das Inland.)

    Ungarische Politiker an einen Runden Tisch zur (Minimal)-Konsensbildung zu bringen, das wäre so schön wie unwahrscheinlich, vielleicht gelingt es Ihnen ja.

    Vielleicht wäre es leichter, Sie selbst und andere kluge Ungarn verfassten ein Credo des demokratischen Respekts der politischen Gegner für einander, und legten es dann den Politikern vor, mit der Bitte um ihre Unterschrift.

    Eine Erklärung also über die konkreten Verdienste der Sozialisten, Konservativen und Liberalen um die ungarische Demokratie. Ein Text, in dem die Verdienste aller zum Ausdruck kämen um das Ende des Eisernen Vorhangs, die Rehabilitierung der konstruktiven Kräfte des christlichen Bürgertums, sowie um den Abzug der Russen und den Aufbau eines demokratischen Systems. Alles, was Ungarn erreicht hat, ist Allen zu verdanken, alle Kräfte haben dazu beigetragen – und alle Fehler Ungarns sind nicht nur einer Seite zuzuordnen.

    Mit dieser Respektbekundung für einander wäre ein erster Schritt getan, um den Gegner nicht mehr zu verteufeln, sondern einen demokratischen Minimalkonsens zu akzeptieren. Dann müsste man in den Medien die Politiker drängen, sich dazu zu bekennen.

    • Ich halte eine solche gemeinsame Erklärung, wie unwahrscheinlich sie auch sein mag, für gar keinen schlechten Ansatz. Er ersetzt zwar keine Taten. Aber es könnte ein erster Schritt sein, sich von dem „wir vs. die anderen“ zu trennen. Auch hielte ich es für sehr wohltuend, wenn die im Ausland lebenden und oft zu Wort meldenden Intellektuellen für diesen Konsens aktiv werben würden. Und er nicht als Initiative einer Partei erschiene. Übrigens dürfte das Ziel nicht das einer „nationalen Einheit“ sein, sondern muss in dem Bemühen um demokratischen Konsens liegen. Wie schön wäre es, die Unterschrift von Viktor Orbán und führenden Oppositionspolitikern unter einem solchen Dokument zu sehen. Die Außenwirkung könnte enorm sein, auch wenn dadurch natürlich zuerst nur Symbolik bedient wird. Jedoch ist die ungarische Politik so voll von Symbolik, dass man auch eine positive, die Lager auf bestimmte Grundregeln einschwörende praktizieren sollte. Zugleich wäre es für diejenigen, die sich an einer solchen Sache nicht beteiligen, entlarvend.

      So wie ich Ungarn einschätze, wird jeder seine eigene Erklärung abfassen und sich strikt weigern, „das Papier mit dem Gegner zu teilen“. Selbst über die Farbe von Scheiße (ich bitte um Verzeihung!) werden sich die beiden Lager derzeit nicht einig. Es gilt, alles dafür zu tun, das endlich zu ändern. Ich denke, Stimmen vom Gewicht eines György Dalos könnten hier durchaus etwas bewirken.

      Vielleicht muss man aber auch erst kleinere Brötchen backen. Es würde vielleicht genügen, zu Diskussionsrunden unterschiedliche Auffassungen zuzulassen und so ein „reden miteinander, nicht übereinander“ zu fördern.

      • Wenn wir schon am träumen sind, warum nicht auch die Kirchen einbeziehen. 🙂 Schwer vorzustellen, dass Pál Schmitt nicht unterschreibt, wenn Péter Erdö dazu drängt.

      • Lieber HV, lieber Herr Kálnoky, lieber Herr Dalos,

        ihre Beiträge zu dieser Debatte sind wirkliche „Sternstunden“ der online geführten Diskussion zur politischen Lage Ungarns, soweit mir das als Außenstehender ersichtlich ist. Wäre es nicht den Versuch wert, wenn schon nicht in Ungarn, dann doch in Deutschland mal eine Runde zu organisieren, in der alle Seiten zu Wort kommen, die den demokratischen Minimalkonsens tragen? Die nicht in gegenseitige Anschuldigungen und Hasstiraden ausartet, sondern nach vorne schaut? Vielleicht bin ich naiv. Ich könnte mir aber durchaus vorstellen, bei so einer Veranstaltung mitzuwirken, vielleicht fände sich ja auch ein Sponsor.

        Mit besten Grüßen,
        Christian Boulanger

    • Aber noch ein Wort zu Frau Markovszky, die hier immer wieder angegriffen wird und die ich neulich kennengelernt habe. Sie ist sicher nicht unschuldig daran, dass ihre Publikationen regelmäßig als Versuch missverstanden werden, Ungarn in eine „faschistoide“ Ecke zu stellen. Ihre wissenschaftliche Terminologie mischt sich hier unglücklich mit der politischer Argumentation derjenigen, die genau dies hören möchten. Es ist völlig legitim mit bestimmten Begriffen (z.B. „völkisch“) Tendenzen im politischen Diskurs zu analysieren und mit anderen historischen oder gegenwärtigen Diskursen zu vergleichen, was natürlich zu unvorteilhaften Ergebnissen führt. Aber politischer Diskurs ist nicht gleich Gesamtzustand eines Landes. Die nationalistischen Schreihälse Ungarns sind, so ist zumindest mein Eindruck, nicht zuletzt dank des Internets überproportional in diesem Diskurs vertreten, während sich eine großer Teil der Bevölkerung angewidert abwendet. Aber mir fehlen hier entsprechende soziologische Nachweise. Der Hass, der Menschen wie Frau Markovszky entgegenschlägt, ist nicht geeignet, das Bild, das diese Beobachter von der Lage haben, aufzuhellen, um es vorsichtig zu sagen.

    • Lieber Herr Kalnoky,

      Sie schreiben: „Die Bühne für die verbalen Exzesse ist für die Linke oft das Ausland, siehe A.K., Heller, Markovszky etc“.

      Ich muss festhalten, dass ich mich nicht als „links“ im ungarischen Sinne definiere und möchte, dass Sie dies hiermit zur Kenntnis nehmen. Ich identifiziere mich mit der liberalen Demokratie, argumentiere und berichte wissenschaftlich, verbale Exzesse gehören nicht zum meinem Niveau und Stil. Was für mich In- und Ausland ist, können Sie auch nicht wissen, denn Sie wissen wahrscheinlich nicht, wo ich lebe und welche Staatsbürgerschaft ich besitze.

      Sie vergleichen in Ihrem Kommentar die Begriffe „faschistisch“ und „kommunistisch“ und wollen damit ausdrücken, dass es quasi in Ungarn zwei politische Seiten gäbe, die einander auf ähnliche Weise hassvoll bekämpfen.
      Ich muss Sie hier doch berichtigen.
      Der Begriff „kommunistisch“ ist in den Zusammenhängen, in denen er in Ungarn von den Völkischen benutzt wird, in den meisten Fällen ein antisemitischer Stereotyp und geht auf den „Mythos vom jüdischen Kommunismus“ (stehender Fachbegriff!) zurück.
      Wenn dann noch, um quasi diese Argumentationslinie zu untermauern, solche historischen Figuren, wie Bela Kun oder Matyas Rakosi erwähnt werden, haben wir es mit einem Antisemitismus wie im Bilderbuch zu tun.

      Man kann auf keinen Fall sagen, dass „Rechte“ wie „Linke“ in Ungarn ähnlich hassvoll auf die andere „Seite“ losgingen. Vielmehr stimmt es, dass die Menschen, die als „Linke“ definiert werden, von den Völkischen sehr oft antisemitisch bekämpft werden. Völkisch denkende gibt es nicht nur bei den „Rechten“, sondern auch bei den „Linken“. Es ist absolut fehlinterpretiert, oberflächlich und vereinfachend, die ungarische Gesellschaft in eine „rechte“ und eine „linke“ Hälfte einzuteilen.

      Hier ist eine Publikation, in der ich das Thema behandle:

      Die fremde Besatzung ist weg, doch der „Freiheitskampf“ geht weiter.
      Und wo ist der Feind? in: Osteuropa – Schlachtfeld der Erinnerungen.
      hrsg. Thomas Flierl und Elfriede Müller, Berlin: dietz, 2010, 71-90.

      oder in Englisch:
      http://www.hagalil.com/archiv/2011/02/24/hungary-7/.

      Mit schönen Grüßen,
      Magdalena Marsovszky

      • Liebe Frau Markovszky,

        Ich respektiere selbstverständlich ihre Selbst-Charakterisierung. Ihre Charakterisierung Anderer halte ich dagegen für problematisch – im Grunde streichen Sie die Vokabel „bürgerlich“ oder „konservativ“ aus dem Wörterbuch und ersetzen es durch „die Völkischen“, sprich die (kulturellen) Faschisten. Das ist undifferenziert, in seiner Pauschalität unwissenschaftlich, bringt niemanden voran, und dient lediglich der Ausgrenzung.

      • Sehr geehrte Frau Marsovszky,

        „Der Begriff „kommunistisch“ ist in den Zusammenhängen, in denen er in Ungarn von den Völkischen benutzt wird, in den meisten Fällen ein antisemitischer Stereotyp und geht auf den „Mythos vom jüdischen Kommunismus“ (stehender Fachbegriff!) zurück.“

        Welche und wieviele Personen umfasst Ihre Definition von „den Völkischen“, die den Begriff „kommunistisch“ als antisemitischen Stereotyp verwenden?

        Gibt es zu dieser Interpretation eindeutig nachweisbare, statistische Untersuchungen der ungarischen Gesellschaft, die (zumindest) von einem politisch unabhängigen Institut durchgeführt wurden?

        Bitte fassen Sie dies nicht als Angriff auf, aber ich möchte in dieser Sache wirklich mit statistischen Methoden durchgeführte soziologische Untersuchungen sehen – zumindest dann, wenn Sie mit dem Begriff „Völkisch“ einen größeren Teil der ungarischen Gesellschaft und nicht nur auf den relativ kleinen Anteil der radikal Denkenden charakterisieren möchten.

        Dies deswegen, weil ich es aus meiner Erfahrung nicht bestätigen kann, dass die Ablehnung des Kommunismus und ein derartiger Gebrauch des Begriffes „kommunistisch“ mit einem stereotypen Antisemitismus einhergeht.

        Um diesen Widerspruch aufzulösen, wären intersubjektiv nachprüfbare Ergebnisse statistischer Untersuchungen sehr nützlich.

        Danke, mit freundlichen Grüßen

        Rudolf

    • Genau das, was man von Eva Balogh erwartet.

      Sie widmet dem Inhalt des Schmäh-Beitrages kein Wort (nur von „bitter words“ ist die Rede), stattdessen bringt sie die Lebensgeschichte Kertész´, kritisiert und pauschalisiert die Kritiker und schließt damit ab, dass Kertész zwar ein verbitterter Mann sei, mit dem sie (Balogh) aber sympathisiere. All das natürlich mit den üblichen (Ihr habt ja angefangen!) Anschuldigungen gegenüber der „ungarischen Rechten“ garniert. Nichts anderes schrieb schon László Bartus. Die Aussage vom „genetisch“ zum Untertanen geborenen Ungarn erwähnt sie nicht.

      Und dann, um das Maß voll zu machen, verweist sie zur Untermauerung des steten Judenhasses in Ungarn auf den in den 90ern scharf kritisierten (gewiss auch unangemessen beschimpften) Rabbi Landeszmann,

      „who got tired of the tirades and said something not too flattering about Hungarian culture without the participation of Hungarians of Jewish origin.“

      Es hat offenbar System, die Aussagen (Herr Pfeifer, Sie würden wohl von „launigen Bemerkungen“ sprechen) zu verschweigen: Landeszmann sagte seinerzeit sinngemäß, ohne die Juden hätte es die ungarische Kultur zu nichts mehr gebracht als zur „fütyülös“ Flasche (eine traditionelle Schnapsflaschenform).

      Eva Balogh watet im gleichen Sumpf wie die amerikanische Népszava. Ist aber gut, dass man es wenigstens erkennen kann. Wenn man will.

      • HV ich habe den A.K. kritischen Beitrag von Révész und den Beitrag von Eva Balogh angegeben, weil ich der Meinung bin, dass sich die Leser selbst eine Meinung bilden können.
        Über die Affäre Landesmann publizierte ich 1993 einen langen Artikel aus dem ich doch zitieren werde, um zu zeigen, wie falsch es ist auf Grund eines falschen aber aus dem Kontext gehobenen Satzes zu urteilen:

        „Im Winter 1992 führte eine ungarische Journalistin ein Interview mit Landesoberrabbiner György Landeszmann [Rav L.] und mit dem Amtsdirektor des jüdischen Gemeindebundes, Gusztáv Zoltai, das in der Weihnachtsausgabe einer katholischen Zeitschrift erscheinen sollte. Die beiden Würdenträger – die keine Erfahrung mit böswilligen Journalisten hatten – machten einen riesigen Fehler, sie antworteten auf unmögliche Fragen und merkten nicht, daß sie in eine Falle gerieten. Zur Ehre der katholischen Zeitschrift sei gesagt, daß sie diesen Text nicht publizierte.
        Die regierungsnahe Wochenzeitung „Heti Magyarország“ veröffentlichte das Interview Ende Februar 1993 unter dem Titel „Juden und Ungarn“. Ein Ausschnitt:
        Journalistin: „Häufig wird Ihnen gegenüber die Anklage erhoben, Sie hätten sich nicht assimilieren wollen.“
        Rav Landeszmann: „Ich als Oberrabbiner hasse die Assimilation. Endlich müßte jeder ein und allemal die Assimilation ablehnen. Niemand ist mehr wert als die anderen. Warum sollte man sich assimilieren? Wenn ich Assimilation sage, dann ist es eindeutig, daß etwas von größerer Ordnung vorgegeben wird, an das man sich assimilieren muß.“
        – „…Haben Sie genaue Angaben darüber, wie viele Juden im Zweiten Weltkrieg umgekommen sind?“
        Rav L.: „Ich hasse Statistiken. Es ist völlig egal, ob es 600.000 waren oder nur ein einziger Mensch.“
        – „Den judenfeindlichen Menschen ist es nicht egal, denn sie behaupten, die Juden hätten die Zahl der jüdischen Verluste auf Papier seit dem Zweiten Weltkrieg immer wieder erhöht. Sie werden angeklagt, dadurch künstlich das Schuldbewußtsein der Menschen zu schüren.“
        Rav L.: „Das ist keine Anklage, das ist Schwachsinn.“
        – „Was tun Sie, beziehungsweise, was wollen Sie gegen den Antisemitismus unternehmen?“
        Rav L.: „Nichts. Gar nichts. Nicht wir müssen uns verteidigen. Der Antisemitismus ist nicht für uns, sondern für die Antisemiten schlimm…Wir haben einen Ort, wo wir hingehen können. Es wird kein zweites Auschwitz geben. Der Staat Israel ist aufgebaut worden, es gibt ihn und es wird ihn geben.“
        – „Ich habe weder gelesen noch gehört, daß die Juden bei ihren Erinnerungen auch die ungarischen Soldaten erwähnt hätten, die den Heldentod gestorben waren (im Kampf gegen die Sowjetunion). Warum lehnen Sie eine Schicksalsgemeinschaft mit den Märtyrern des ungarischen Volkes ab?“
        Rav L.: „Das sind keine Märtyrer des ungarischen Volkes. Schade, daß die Ungarn sie als solche betrachten…Denn sie kämpften im Zweiten Weltkrieg an der Seite des Faschismus gegen den Bolschewismus, obwohl damals der Faschismus die größere Gefahr darstellte.“
        Alle diejenigen, die Rav Landeszmann heftig angriffen, verschwiegen diese Sätze und gingen nur auf eine im Zorn geäußerte unrichtige Behauptung Landeszmanns ein: „Wenn wir die jüdischen Werte aus der ungarischen Kultur abgezogen hätten, dann wäre nichts geblieben außer der breiten Hose und dem Barackpálinka (Aprikosenschnaps).“

        Das ist lediglich ein Auszug aus einem langen Artikel in dem ich auch schrieb:
        Der Budapester Vizebürgermeister Gábor Székely forderte im Radio, daß Landeszmann und Zoltai auf ihr Amt verzichten, denn, so der sich als Jude bekennende Székely, „solche Leute dürfen die jüdische Gemeinschaft in Ungarn nicht repräsentieren…Einige führende Juden können nur immer wieder erzählen, wir hätten 600.000 Märtyrer (…)Dabei wurden mit der Unterstützung des ungarischen Volkes Zehntausende von Juden gerettet.“1 Einige ungarische Juden hielten dies für einen genialen Schachzug des liberalen Politikers Székely: „Sonst hätten die Antisemiten einen viel heftigeren Angriff geführt“. Was ja dann trotzdem mit dem Argument „die Juden sagen es ja selbst“ folgte. Die Idee, daß sich Antisemiten wegen jüdischer Selbstkritik mäßigen werden, ist zwar abstrus, trotzdem glauben überangepaßte jüdische „Patrioten“ immer noch daran. Der Philosoph und Parlamentsabgeordnete der Oppositionspartei der Freien Demokraten (SZDSZ), Gáspár Miklós Tamás, nannte in einem Zeitungsartikel Dr.Landeszmann, der jahrelang das jüdische Archiv leitete, „einen dummen und schädlichen ungarischen Staatsbürger“, der „seit seiner Matura nichts gelesen hat.“ Er fügte hinzu: „Angesichts der schwachsinnigen Bemerkungen des Herrn Landeszmann könnten Leute mit etwas scharfem Temperament sagen: wenn wir dem Herrn Oberrabbiner so sehr mißfallen, könnten wir ihn, zwar mit errötetem Gesicht und zitternden Lidern, aber doch bitten, gefälligst nach Israel auszuwandern.“ Und: „Die Juden sind angeblich kluge Menschen. (…)Wie konnten sie dann Landeszmann mit der Führung ihrer Gemeinschaft beauftragen? Es ist unbegreiflich, vorausgesetzt, daß nicht sie ihn beauftragten, sondern jemand anderer, wer weiß es, wer…“ Tamás, der Sohn einer jüdischen Mutter, hatte, als die Propagandisten der Regierungspartei MDF seine Partei mit den Etiketten „jüdisch“ und „kosmopolitisch“ belegten, nichts eiligeres zu tun, als öffentlich sein Christentum zu betonen. Nicht einmal im Traum wäre dem liberalen Tamás eingefallen, den Rücktritt von István Csurka oder eines anderen antisemitischen Abgeordneten zu fordern oder sie in einer derartigen Tonart anzugreifen.
        Ministerpräsident József Antall – der sich sehr spät (und vom Antisemitismus halbherzig) von Csurka distanziert hatte, beeilte sich, einen Brief an den Budapester Botschafter Israels, David Kraus, zu schreiben und bat ihn auf eine Art, die in ungarischen Regierungskreisen für diplomatisch gehalten wird, zugunsten der „ungarisch-jüdischen Beziehungen“ sich vom Oberrabbiner zu distanzieren. Kraus – ein Jude „ungarischer Abstammung“ – kritisierte in seinem Antwortschreiben Oberrabbiner Landeszmann, Allerdings wies er Antall gegenüber darauf hin, daß auch die Fragestellungen der Journalistin „diese Provokation“ ermöglichten. Die Behauptung von Rav Landeszmann: „Dieses Land wird ärmer, wenn in ihm keine Juden mehr geben wird“ ist natürlich nicht von der Hand zu weisen. Seitdem sich Rav Landeszmann – im Zorn – zu seinem unrichtigen Satz über die ungarische Kultur hat hinreißen lassen, wofür er sich mehrmals öffentlich entschuldigt hat, ist er zum Reibebaum für „patriotische“ Juden und für Antisemiten geworden.
        Rav Landeszman wurde auch gefragt, ob die jüdischen Gemeinschaft schon um Verzeihung gebeten hat, wegen dem was Béla Kun, Mátyás Rákosi und andere kommunistische Führer jüdischer Abstammung gegen die ungarische Nation getan haben. Diese Frage soll davon ablenken, daß einige der lautesten Propagandisten der Regierungspartei MDF früher sich als kommunistische Agitatoren auszeichneten und ausgezeichnet wurden. Kun, Rákosi und Genossen haben sich nicht für Juden gehalten, sie haben nicht im Namen der Juden und nicht im Interesse der Juden getan, was sie getan hatten, und dort wo sie Verfehlungen begangen haben, schadeten sie sowohl Juden wie Nichtjuden. Es ist unvorstellbar, daß jemand zum Beispiel von der katholischen Kirche fordere, sie solle für die Sünden von Ferenc Szálasi (Führer der ungarischen Nationalsozialisten, der 1945 gehängt wurde) um Verzeihung bitten, nur weil dieser als Katholik geboren wurde. Der nichtjüdische Soziologe István Bibó zögerte nicht, in seiner scharfen Analyse [2]Zeilen zu schreiben, die man den überangepaßten Juden und nationalistischen Ungarn ins Stammbuch schreiben sollte: „In voller Schärfe zeigen sich die verlogenen und unehrlichen Voraussetzungen der Assimilation in Ungarn im grotesk widersprüchlichen letzten Akt der jüdischen Tragödie. Anläßlich der ungarischen Volkszählung 1941, als in Ungarn die Juden nicht mehr nur Diskriminierung und Demütigung, sondern – besonders in den angegliederten Gebieten – Verfolgungen im krassesten Sinn ausgesetzt waren und sich in Lebensgefahr befanden, regte die ungarische Regierung die Juden in der Karpato-Ukraine – die zum überwiegenden Teil jüdischen Bewußtseins waren, ja zum beträchtlichen Teil Jiddisch sprachen – dazu an, im Interesse der Verbesserung der Verhältniszahlen für die Ungarn sich zur ungarischen Muttersprache und zur ungarischen Nationalität zu bekennen. Drei Jahre später übergab die ungarische Exekutive…, dieselben, die bei der Volkszählung gut genug waren, Ungarn zu sein, ohne Widerstand bis zum letzten Säugling dem massenmörderischen Apparat Hitlers.“[2]

        2 István Bibó „Zur Judenfrage. Am Beispiel Ungarns nach 1944, Frankfurt am Main 1990

  20. Keine Chance, verehrter HV!
    Noch bevor ich Ihren Eintrag gelesen habe, hatte ich die Worte von Akos Kertesz auch öffentlich verurteilt, und zwar in Radio Tilos. Etwas darüber zu schreiben, habe ich keine Zeit.
    Aber Sie können hier nach hören, was ich gesagt habe:

    http://tilos.hu/index.php?form=archivum&y=2011&m=09&sel=2011-09-8
    nach der 6. Minute.

    Für diejenigen, die kein Ungarisch verstehen, hier kurz, was ich meinte:
    Es ist ein großer Unterschied, den Begriff „genetisch“ in diesem Zusammenhang vor oder nach dem Holocaust zu benutzen. Nach dem Holocaust ist der Begriff historisch derart belastet, dass Kertesz ihn nicht hätte benutzen dürfen. Er muss gewusst haben, wie stark dieser Begriff belastet ist. Auch Begriffe wie „der Magyare“ oder „der Deutsche“ können auf der anderen Seite Hass auslösen, weil sie homogenisierend sind und somit verletzen. Was ich allerdings hoffe, ist, dass durch diese Krise, unter der momentan am meisten sicherlich der von mir äußerst verehrte Akos Kertesz zu leiden hat, ein Prozess des Umdenkens bei den „Linken“ einsetzt, in dem man besser auf ihre Wortwahl achtet. Denn Worte können Hass auslösen und in die Praxis umgesetzt werden.
    So ungefähr habe ich gesprochen, wobei ich am Anfang etwas nervös war und mich kurz auch auf das Ungarisch-Sprechen einstimmen musste. Bitte daher mein Stottern am Anfang nicht verdrehen!

    Ich weiß, dass Sie, lieber HV, immer wieder Anhaltspunkte suchen, behaupten zu können, dass ich zu einseitig über Ungarn berichte.
    Das stimmt überhaupt nicht.
    Ich berichte sehr wohl auch über einen „Antisemitismus von Links“ (Achtung: Fachbegriff!), der bei den „Linken“ in Ungarn zu beobachten ist, und ich ermahne auch diejenigen, die sich als „links“ definieren, wenn ich merke, dass sie im Sinne antisemitischer Verschwörungstheorien argumentieren.
    Hier habe ich darüber geschrieben, allerdings in Ungarisch: http://galamus.hu/index.php?option=com_content&view=article&id=6805:hol-vannak-az-antifasisztak-magyarorszagon&catid=9:vendegek&Itemid=66.
    (Zur Information: Die am Ende des Artikels erwähnte Forschungsgruppe an der MTA existiert seit dem Sommer 2010 nicht mehr).

    Mir ist auch bewusst, dass in letzter Zeit das Biologisieren auch bei den „Linken“ in Ungarn zugenommen hat. Immer, wenn ich etwas in dieser Hinsicht lesen, verurteile ich es aufs Schärfste und protestiere dagegen. Wenn z.B. Politiker mit Tiermetaphern charakterisiert werden.

    Allerdings muss ich ausdrücklich festhalten, dass in dieser Hinsicht nicht etwa eine Art Ausgewogenheit zu beobachten ist. Das, was in Fidesz-KDNP- oder in Jobbik nahen Medien zu lesen, zu hören oder zu sehen ist, enthält das Vielfache an Antisemitismen dessen, was bei den noch verbliebenen kritischen Medien vorkommt und was jetzt bei Akos Kertesz – zu recht – kritisiert wird.

    Grüße, M.M.

    Weiter werde ich auf etwaige Angriffe nicht eingehen können, das ich arbeiten muss.

    • Frau Markovszky, eine kurze Nachfrage als Nicht-Fachmann. Mich stört auf den ersten Blick der gesamte begriffliche Ansatz, aber ich lasse mich gerne eines besseren belehren.

      Da wird der eigentliche Faschismus – die Idee einer polizeistaatlichen Diktatur – abgekoppelt, der Begriff aber trotzdem beibehalten, um letztlich bürgerliche Werte zu beschreiben. Es wirkt auf mich – in Ermangelung tieferer Einsicht – wie ein begrifflicher Taschenspielertrick, der es einem erlaubt, „national, christlich und bürgerlich“ als (kulturell) faschistisch zu bezeichnen, statt es ideengeschichtlich an die Herausbildung der Demokratie zu koppeln – deren Entstehung sehr viel mit genau jenen bürgerlichen, durchaus auch „patriotischen“ Werten zu tun hatte, insbesondere im von ihnen betonten 19. Jahrhundert.

      Was sind denn nun konservative, patriotische Werte – (kulturell) faschistisch oder (kulturell) demokratisch?

      Betrachten Sie mich einfach als interessierten Leser, der besser verstehen möchte, wie sehr Sie Recht haben.

  21. Lieber Herr Boulanger,

    ich entschuldige mich ausdrücklich für meine scharfe Wortwahl von vorhin, ich habe Ihren Eintrag nicht genau gelesen.
    Bitte nochmals um Entschuldigung!
    Leider werde ich zu oft angegriffen, so dass ich manchmal zu schnell heftig reagiere. Tut mir leid!
    Herzlich, M.M.

    • Liebe Frau Marsovszky,

      ich bin froh, dass sie meinen Eintrag noch mal genauer gelesen haben, er war nämlich ein Versuch, Sie GEGEN den Vorwurf einseitiger Parteinahme zu verteidigen. Mit der Kritik, dass Sie nicht ganz unschuldig daran wären, dass dieser falsche Eindruck entsteht, meinte ich, dass Ihre wissenschaftlichen Darlegungen auch politisch verwendet werden, wofür sie natürlich einerseits nichts können, wogegen Sie sich aber auch nicht gerade wehren. Wie ich auch sagte, ist das aber angesichts der Reaktionen derer, die sie mit weniger feinen Mitteln als den Äußerungen in diesem Blog angreifen, auch nachzuvollziehen. Jedoch lohnt es sich, auch unter den Angreifern zu differenzieren und konstruktive von unkonstruktiver Kritik zu unterscheiden. Das gleiche empfehle ich in diesem Fall aber auch HV und Herrn Kálnoky.

  22. Ein allerletzer Beitrag von mir:

    bitte herzlich diejenigen von Ihnen, die ernsthaft darüber nachdenken, eine Podiumsdiskussion etwa mit HV, Boulanger, Kalnoky und Dalos zu organisieren, genau nachzusehen, um was für einen Blog es sich bei Hungarianvoice handelt. Hier wird gerade HV zum „maßgeblichen deutschen Ungarn-Blogger“ geadelt.
    Bitte, sehen Sie alle genau nach, ob Sie sich mit diesem Blog identifizieren können.
    Ich könnte mich z.B. mit HV auf keinen Fall identifizieren.
    Herzlich, M.M.

    • Womit wir wieder beim Thema „spalten“ wären. Es ist ja nicht nur Hassrede, die spaltet, sondern auch „Hass-Schweigen“, die beharrliche Weigerung, mit Andersdenkenden auch nur zu reden. Man signalisiert damit, dass man die Gegenseite nicht als legitimen Teil der Gesellschaft, ihre Gedanken nicht als legitimen Teil des gesellschaftlichen Diskurses betrachtet. Nur mit jenen zu reden, mit denen man sich „identifiziert“, endet oft in Selbstgesprächen.

      Wie Herr Boulanger sagt – es sollte Schluss sein mit „wir“ und „die anderen“. Wir sind alle „Wir“.

  23. Liebe Frau Marsovszky,

    vielleicht kommen wir hier auf einen entscheidenden Punkt. Es geht überhaupt nicht darum, sich mit irgendeiner Partei oder irgendeinem Blog zu identifizieren. identifizieren hat etwas mit Lager-Denken zu tun und das ist genau das, was zu überwinden wäre. Wie andere auch, die diesen Blog als wertvollen Debattenplatz erleben, habe auch ich HV oft genug widersprochen und finde viele seiner Ansichten kritikwürdig (wenn ich auch nicht immer reflexartig antworten mag – es ist schließlich *sein* Blog, auf dem er *seine* Meinung äußert). Es geht um die Debattenkultur, die sich, soweit ich sehen kann, von den mir sprachlich zugänglichen Blogs unterscheidet. Nehmen sie Hungarian Spectrum, da gibt es nur schwarz und weiß und die Kommentatoren beleidigen sich gegenseitig.

    Übrigens denke ich nicht so sehr an eine Diskussionsveranstaltung, auf der Deutsche über Ungarn diskutieren, sondern der deutschen Sprache mächtige Ungarn *aller* politischen Richtungen mit Ausnahme der Rechtsradikalen über die Situation in Ungarn, mit dem Ziel, auszuloten, wie man zum demokratischen Minimalkonsens zurückfinden könnte. Das ist, was mich interessiert, und wo ich mich gerne beteilige, etwa über die universitäre Mitorganisation.

  24. Sehr geehrter Herr Boulanger,
    Sie schreiben: „Übrigens denke ich nicht so sehr an eine Diskussionsveranstaltung, auf der Deutsche über Ungarn diskutieren, sondern der deutschen Sprache mächtige Ungarn *aller* politischen Richtungen mit Ausnahme der Rechtsradikalen über die Situation in Ungarn, mit dem Ziel, auszuloten, wie man zum demokratischen Minimalkonsens zurückfinden könnte. Das ist, was mich interessiert, und wo ich mich gerne beteilige, etwa über die universitäre Mitorganisation.“
    Dieser Vorschlag ist genial! und ich hoffe sehr, dass es endlich zu solch einer Veranstaltung kommen wird…
    Mit besten Grüßen
    Agathe Széchényi

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  28. *Wird Magdalena Marsovszky über diesen Vorgang schreiben und ihn zutiefst verurteilen? Warten wir es ab.*
    Noch ein kleiner Nachhall dazu.

    „Leider sind einige so starken Anfeindungen ausgesetzt, dass sie aus Ungarn fliehen, wie kürzlich der Schriftsteller Ákos Kertész. Ehrlichkeitshalber muss ich erwähnen, dass auch er wegen eines biologistischen Begriffs an den Pranger gestellt wurde. Doch das, was bei ihm ohne Zweifel ein Ausrutscher war, …“
    mmh ein „kleiner“???!! Ausrutscher?
    Mir scheint, es kommt immer darauf an womit oder mit wem man sich
    identifiziert.

    http://www.neues-deutschland.de/artikel/224827.ungarn-in-der-wagenburg.html

    geht es in diesem Beitrag gegen die Regierung ??
    wohl kaum denn wie heisst es doch:
    *In diesem Denken sind die Magyaren …*

    also wird mit voller Absicht (wiederholt) ein ganzes Volk diffamiert.

  29. Mit dem „Neuen Deutschland“ hat Frau Marsovszky die für sie bestmögliche Plattform gewählt. richtige Plattform für Frau Marsovszky,

    Am 19.04.2012 schaffte es die bekennende Wissenschaftlerin auch in die Sendung:

    „Morgenlatte – Theoriegewichse vom Feinsten“, eine Sendung der Redaktion subwoofer des Freien Radios Stuttgart.
    Die Wissenschaftlerin Magdalena Marsovszky re­fe­rierte am 19.04.2012 über die Ge­schich­te des völ­ki­schen Na­tio­na­lis­mus in Un­garn, in­for­miert über den Cha­rak­ter und die Er­folgs­ge­schich­te der rechts­ra­di­ka­len Par­tei­en Fi­desz und Job­bik und die Be­dro­hung, die u.a. von der `Un­ga­ri­schen Garde´ aus­geht.

    Die Wissenschaftlerin passt hervorragend ins subwoofer-Profil. „Die Redaktion subwoofer beschäftigt sich [nämlich] schwerpunktmäßig mit elektronischer Tanzmusik, kann aber auch politischen Extremismus oder poplinkes Referenzgewichse.“

    „Politischen Extremismus“ und „Referenzgewichse“ bietet die Rosa-Luxemburg-Stiftung am 27.04.2012 auch mit ihrer Inputveranstaltung „Strukturen und Ideologie des Rechtspopulismus in Ungarn“ an.
    Stuttgart 19.00 Uhr, DGB-Haus, Willi-Bleicher-Str. 20

    http://www.freies-radio.de/veranstaltung/frs-praesentiert-strukturen-und-ideologie-des-rechtspopulismus-in-ungarn

    Der direkte Kontakt mit den Referenzwichsern über Ungarns konservative Revolution ist über dieses Formular möglich:

    http://www.freies-radio.de/sendungsdetails/201104190900

  30. Pünktlich vor der Wahl meldet sich Ákos Kertész aus Kanada zu Wort. Die Ungarn seien großteils Rassisten, Antisemiten, Horthyisten und Rechte. Rabbi Slómo Köves, der über ein blühendes jüdisches Leben spreche, sei ein Lügner. Seit 25 Jahren betreibe man in Ungarn Gehirnwäsche, und die Wahlen müsse man boykottieren.

    http://mno.hu/hirtvkulfold/kertesz-akos-megint-a-magyarokat-gyalazza-1214558

    Die Äußerungen fielen laut HírTV im Rahmen einer Veranstaltung der „Sieben Olivenbäume“, zu der Kertész via Skype zugeschaltet war.

    Äußerungen, die sicher geeignet sind, Antisemitismus zurück zu drängen…

  31. was mag der tiefe grund der beschwerde – also der eigtl beweggrund der sich über ákos kertész beschwerenden – hier sein?

    fühlt man sich evtl gekränkt, beleidigt oder gar angesprochen?

    wenn man mit den vorwürfen nichts zu tun hat, könnten sie doch ebenso gut auch einfach an einem abperlen…

    • Als Zsolt Bayer über „die Juden“ herzog, gab es einen Schwall der Empörung. Zu Recht. Weil (bzw. in Ihrer Logik „Obwohl“) Bayer nichts als Mist verzapfte.

      Mit Ihrem Argument von eben hätten die ungarischen Juden das Gerede Bayers einfach „abperlen“ lassen können. Denn seine Vorwürfe trafen ja ebenfalls nicht zu.

      Oder sind Sie etwa der Auffassung, die Empörung entstand, weil Bayer Recht hatte??

      Kurzum: Ich erwarte von niemandem, dass er sich pauschale Anwürfe gefallen lässt. Jeder Angeklagte hat das Recht, sich zu verteidigen.

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